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Knapp 1700 km mit dem Fahrrad durch Island !
Reisetagebuch der Teilnehmer Jan Büttner, Jan Valerius und Andree Schmidt vom 05.07.98 bis zum 03.08.98.


Sonntag 05.07.98

Endlich ist es soweit, heute um 21.30 Uhr geht unser Flug von Düsseldorf nach Keflavik. Jan B. und Andree treffen sich um 13.40 Uhr im Dorf, fahren nach Freienohl, um dann nach kurzem Zwischenstop an der Aral -Tankstelle (3 Dosen Veltins und Friedhelm getroffen) den Zug um 14.52 Uhr zu erreichen.

Lebensmittel

Dort heißt es erst einmal das Gepäck in möglichst geringer Zeit in den Gepäckwagen zu wuchten, aber das ist für uns ja nicht das erste Mal, so dass alles reibungslos klappt. In Neheim-Hüsten stößt dann auch Jan V. zu uns und wir bummeln gemächlich mit der Ruhrtalbahn gen Westen. Den Gepäckwagen teilen wir uns noch mit drei Mountainbikern der härtesten Sorte, die scheinbar übers Wochenende die Sauerländer Berge unsicher gemacht hatten und einer Frau mit zwei oder drei kleinen Kindern, die sich eine ordentliche Acht an einem Fahrradständer eingefangen hatte.

Nach kleineren Problemen mit der Gleisordnung in Hagen, fanden wir doch noch, das erste Mal nassgeschwitzt, unseren Zug nach Düsseldorf Hbf.. Beim Einchecken im Terminal E fielen wir, wie sollte es auch anders sein, des öfteren unangenehm auf, sei es durch unsachgemäß abgegebene Fahrräder, Stahlkappen in den Schuhen oder illegal mitgeführte Funkgeräte.

In der Wartehalle wurde es dann auch höchste Zeit, im Duty-Free-Shop ein wenig Feuerwasser für unser Medizinfläschchen zu besorgen. Nun stand einem Start von unserer Seite her nichts mehr entgegen, allerdings waren die Ladearbeiter kurz davor eins von unseren Paketen in Düsseldorf zu lassen, da das Schild mit der Angabe des Zielflughafens abhanden gekommen war. Na ja, letztendlich ist auch dies gutgegangen und wir erreichten nach einigen kulinarischen Köstlichkeiten an Bord der LTU- Maschine um kurz vor 23.00 Uhr ( zwei Std. Zeitdifferenz ) den Flughafen Keflavik auf der Halbinsel Reykjanes und machten uns sogleich an das Bepacken unserer Räder.

Glasbogen

Das Wetter war relativ mild und der Himmel wolkenlos, so dass wir in dieser Nacht, während eines herrlichen Sonnenunterganges hinter der Halbinsel Snaefellsnes, noch gut vierzehn Kilometer radeln konnten. ( Jules Vernes ließ seine Protagonisten in dem Roman „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ in den Vulkan unter dem Snaefellsjökull einsteigen.) Nach einer letzten Dose Veltins schlugen wir unser erstes Nachtlager, kurz vor der T-Kreuzung nach Grindavik, in einem begrünten Lavafeld auf.

Temperatur : 15°C
Wetter : trocken
Gefahrene Strecke: 14 km
Essen : Menü im Flugzeug


Montag 06.07.98

Obwohl wir erst in den frühen Morgenstunden auf unseren Matten zu liegen kamen, trieb uns die Neugierde auf die vor uns liegende Strecke recht früh aus den Schlafsäcken.
Als Tagesziel hatten wir uns die Gegend ein Stück hinter Mosfellsbaer gesetzt, aber erst einmal stand die Hauptstadt Islands auf dem Programm, in der wir vorhatten, unsere Vorräte zu hoffentlich erschwinglichen Preisen zu vervollständigen und einen kleinen Stadtbummel zu machen. Doch vor dem Vergnügen kommt bekanntlich ein wenig Anstrengung und so lagen ca. 40 km leicht hügelige Lavalandschaft vor uns, die zwar recht angenehm auf einer vorzüglich asphaltierten, wenn auch recht stark von Autos frequentierten Straße, zu durchfahren war.

Während diesen lethargischen Kilometern dämmerte es Jan B., daß wir das in Düsseldorf gesondert aufgegebene Funkgerät, in Keflavik vergessen hatten. Nach kurzer Beratung entschlossen wir uns nicht zurück zu fahren und das Gerät auf dem Rückweg, in vier Wochen, wieder einzusammeln. Am frühen Nachmittag erreichten wir auf einer zuletzt drei oder vierspurigen Straße die Vororte Reykjaviks, die mit ihrer eher tristen Plattenbauweise nicht gerade einladend aussahen.

Nach ein paar Pflichtbesuchen bei der Post, um an ein wenig ISK`s zu kommen, sowie bei der Tourist-Information, um eine noch dringend notwendige topographisch Karte zu erstehen, die allerdings nur im Maßstab 1:600000 erhältlich war (für das spärliche isländische Straßennetz reichte es aber voll und ganz, obwohl die ein oder andere Höhenangabe ab und an hilfreich gewesen wäre). Nach einem kleinen Bummel durch die Fußgängerzone und ein paar Besorgungen im Einkaufszentrum, vor dem wir auch zum ersten Mal unsere beiden Schatten trafen, denen im Laufe dieses Berichts noch die ein oder andere Zeile gewidmet werden wird, brachen wir in Richtung der Kjölur - Hochebene auf.

Reykjavik Kathedrale

Das Stadtgebiet Reykjaviks zu verlassen, sollte sich noch als Problem erweisen, da die Radwege sehr schlecht und die Straßen wegen des starken Feierabendverkehrs kaum zu befahren waren. Doch schließlich war auch dies überwunden und wir rollten frohen Mutes unseres Weges, bis uns eine ganz übel aussehende Wolke zu jagen begann. Dies spornte uns anfangs noch an, doch nachdem sie uns eingeholt hatte und zu durchnässen anfing, war der Spaß dann doch vorbei. Als wir uns dann auch noch einen langgezogenen Anstieg hinaufkämpfen mußten, fehlte uns dann auch so gut wie jedes Interesse an dem Hof des kürzlich verstorbenen Literaturnobelpreisträgers Halldor Laxness. Nach einer knappen Stunde Fahrt im Regen waren wir dann voll und ganz bedient und schlugen an einem kleinen See, am Fuße des Mosfells, unser Nachtlager auf.


Temperatur: 11°C
Wetter: erst trocken, dann feucht und schließlich naß !
Gefahrene Strecke: 86,9 km
Essen: Rollini-Bolognese, dazu Thule und Chips


Dienstag 07.07.98

Der Tag begann, wie der gestrige aufgehört hatte – beschissen ! Regen in allen Varianten, als nahezu ununterbrochene Fäden, als für Zeltbewohner ohrenbetäubende Schauer oder schlicht als Niesel, der allerdings als Böen nahezu waagerecht auf uns nieder geschleudert wurde. Außerdem erspähten wir neben uns unsere beiden Bekannten aus Achim, auch von uns als „Schatten“ tituliert. Deren Zelt allerdings war während des Sturms in einen mitleiderregenden Zustand versetzt worden, wovon die beiden Langschläfer aber noch nichts bemerkt hatten. Nach längerem hin und her entschlossen wir uns dann doch unsere Sachen zu packen und einen Schritt nach draußen zu wagen. Nun sollte sich auch erweisen, ob unsere mitgebrachte Regenkleidung den isländischen Wetterbedingungen gewachsen war. Nach einer schweißtreibenden, nicht enden wollenden Steigung, erlangten wir die Erkenntnis, dass es nichts erstrebenswerteres gibt, als total zugeschnürt und schwitzend bei Regen und Gegenwind 40 kg (inkl.Rad )durch die Gegend zu kutschieren.

So fuhren wir, mit dem Gedanken, dass es ja nur besser werden kann, bis zum Kiosk in Pingvellir, in dem wir dann, nachdem wir uns aus den nassen Regenklamotten gepellt hatten, zu horrenden Preisen aßen und tranken und je nach Dringlichkeit, einigermaßen zivilisiert unsere Notdurft verrichteten. Dann ging es, zugegebenermaßen lustlos, Laugarvatn entgegen. Nach einigen Kilometern überfuhren wir dann zum ersten Mal die Grenze zwischen der amerikanischen und europäischen Kontinentalplatte in Form eines Spaltenvulkans, in den, wie konnte es auch anders sein, Jan B. prompt hineinnässen musste, bevor er in den Selben Güpi opferte.

Nach dem Erklimmen des nächsten Hügels war es dann so weit, die ersten sechzehn Kilometer Schotterpiste lagen vor uns und wollten bezwungen werden. Dies erwies sich allerdings als recht problematisch, da der Belag durch den langen Regen sehr aufgeweicht war und so bahnten sich Jan B. und Andree mit ihren 1 3/8 – 1 5/8 Reifen recht mühsam den Weg durch den Matsch, während Jan V. mit seinen breiten Stollenreifen ohne größere Probleme darüber hinweg fuhr. Glücklicherweise hatte es mittlerweile aufgehört zu regnen, so daß wir die Regenkleidung weitgehend ablegen konnten. Nun gesellten sich zum ersten Mal unsere kleinen, äußerst lästigen, aber zu ihrem Pech lahmen, Freunde die „black flies“ zu uns und versuchten in eine der oberen menschlichen Körperöffnungen zu gelangen. Recht arg von den Unbilden der Insel gebeutelt, erreichten wir am frühen Abend die Tankstelle von Laugarvatn, spannten aus, tranken Pripps®, aßen Kuchen, Kekse oder Joghurt und begutachteten das wechselnde Publikum, sowie die Angestellten.

Nachdem nun auf dem hiesigen Zeltplatz alles zur Übernachtung notwendige erledigt war, wie das dringend notwendige Trocknen der Ausrüstung, ging es auf ins Saunabad am See, in dem wir einige Durchgänge machten, welche nach einem solchen Tag eine wahre Wohltat waren. Auf dem Rückweg frischten wir dann noch an der Tanke unsere Vorräte für den Abend auf und ließen den Tag gemütlich ausklingen. Dazu gehörte auch ein Gedanken und Eindrucksaustausch über den vergangenen Tag mit unseren mittlerweile eingetrudelten „Schatten“.

Den einen hatte es schon auf den ersten Kilometern Schotterpiste, an einem Steilstück aus dem Sattel gehoben, so dass glücklicherweise keine körperlichen, aber immerhin so mancher materieller Schaden bei ihm zu beklagen war (Risse in Ortlieb-Taschen und Gore-Tex Jacke, verbeulter Helm. ...).

Wetter : kein Wetter
Gefahrene Strecke : 49,6 km
Zeit im Sattel : vier Stunden, vier Minuten und 33 Sekunden
Essen : RiceQuick Mexikana


Mittwoch 08.07.98

An diesem Morgen erwachten wir um 7.30 Uhr bei strahlendem Sonnenschein, aber saukaltem und regelrecht orkanartigem Wind, der aus der Richtung des Langjökull blies. Nach einem Frühstück an der Servicestation, bei dem uns regelrecht der Belag vom Brot geweht wurde, machten wir uns voller Enthusiasmus auf den Weg, der langsam aber stetig ins Hochland anstieg. Die ersten Kilometer, dem Wind entgegen, machten uns sehr zu schaffen, Jan V. schob es sogar in den Straßengraben.

Straßenlage

Da Island aber ein Land der Extreme ist, segelten wir nach der nächsten Kurve im wahrsten Sinne des Worte durch die Landschaft, auch wenn diese Wonne nicht allzu lange zu genießen war und die letzten Kilometer vor der Mittagspause, den speienden Strokkur schon vor Augen, die reinste Qual waren. Im Thermalgebiet des Geysir ankommen, schossen wir verständlicherweise erst einmal ein paar Fotos und drehten einen Schwenk mit der Videokamera.

Geysir

Danach richteten wir uns häuslich am Rande des von Bustouristen stark frequentierten Rundwegs ein und beobachteten das rege Treiben. Nach der Pause mußten wir zwar nicht mehr gegen den Wind ankämpfen, aber die Straße schlängelte sich merklich ins Gebirge, so dass wir uns den Anblick des Gullvoss streckenweise schwer erkämpfen mußten. Dort angekommen folgten natürlich als erstes die obligatorischen Touristentätigkeiten, aber lange fesselte das Schauspiel der tosenden um ca. 32m fallenden Hvita nicht.

Gullvoss


Rädersalat

Kurz wurde noch das Gebäude mit Infotafeln über die Gegend, sowie angeschlossenen sanitären Einrichtungen besucht, bevor wir auf die Straße F35 abbogen, die uns auf den kommenden 200 km durch die Kjölur – Hochebene führen sollte.

Diese aber machte uns auf den ersten Kilometern so fertig, dass wir kaum einen Blick für die grandiose Landschaft übrig hatten, welche in unmittelbarer Umgebung aus einer äußerst kargen Steinwüste bestand, die aber im Westen, Norden und Osten von hohen Bergketten, sowie den Gletschern Langjökull und Hofsjökull begrenzt wurde, während der Blick nach Süden sich in das relativ fruchtbare Flachland verlor. Müde und erschöpft lagerten wir an diesem Abend am Fuße des Blafell, das wir uns am kommenden Morgen, hoffentlich ausgeruht, zu überwinden vorgenommen hatten. Die über die Passhöhe quellenden Wolken veranlassten uns zu ausgereiften Deichbauaktionen, die aber, wahrscheinlich zu unserm Glück, in dieser Nacht, nicht dem Praxistest unterzogen wurden.

Wetter : aufgelockerte Bewölkung, sehr windig, recht kalt ( 7-10°C ? )
Gefahrene Strecke : 61 km
Schnitt : 11,5 km/h
Max : 39,4 km/h
Zeit im Sattel : fünf Stunden und fünfzehn Minuten.


Donnerstag 09.07.98

Mit einer Steigung, die es in sich hatte und uns auf einer Strecke von 7 km auf die Höhe von ca.600m führte, begann also die heutige Tagesetappe am Blafell. Kaum hatten wir den höchsten Punkt erreicht, fanden die beiden jüngsten unseres Trios noch genügend Kraft sich am Bau eines gigantischen Steinhaufens zu beteiligen. Angesichts solcher Aktionen sollte, meiner Meinung nach, die Gepäckverteilung zu Gunsten der betagteren Semester neu überdacht werden.

Zugegebenermaßen verdient gönnten wir uns nun ein Stück hinter dem Pass, an der Uferböschung eines zu dieser Jahreszeit kleinen Flusses, ein ausgiebiges Frühstück mit einem atemberaubenden Blick auf die vor uns liegende Etappe.

Gletscherzungen

Der ausgleichenden Gerechtigkeit halber war es uns nun vergönnt bis zur Brücke am Gletschersee, der die Hvita speist, hinab zu rollen. Die folgenden Kilometer boten uns einen vollends ungewohnten Anblick, denn die F 35 wand sich in teils sanften teils aber auch sehr anspruchsvollen Wellen durch die Wüste Kjölur, flankiert von den beiden Gletschern deren Zungen sich weit ins Tal hinein erstreckten.

Aber diese Sinneseindrücke forderten auch ihren Preis, denn der Straßenbelag mit seinen tückischen Löchern und faustgroßen Steinen erforderte unsere ganze Aufmerksamkeit. Auf diesem Teilabschnitt unserer Tour wurde uns die Gegensätzlichkeit, der diese Insel bereisenden Touristen, besonders deutlich, die schlafend mit geländegängigen Bussen durch diese Kulisse kutschiert wurden um dann, an einem vermeintlich schönen Plätzchen, aus dem Bus zu strömen, wie wild den Auslöser zu betätigen um dann, nach ein paar hektischen Atemzügen der nächsten spannenden Attraktion entgegen zu stauben. Teilweise erfaßten uns diesen Horden im vorbeiradeln mit ihren Objektiven, begafften und beklatschten uns oder erklärten uns für bekloppt. Einmal wurde sogar der Ausruf „Das sa´n Buan. ..!“,vernommen. Am späten Nachmittag kamen uns bei einer kleinen Furt, an der wir gerade unsere Wasserflaschen füllten, zwei junge deutsche Radfahrer entgegen. Diese, im entgegenkommen durch ihre Ortlieb-Radtaschen identifizierten Landsleute, erzählten, dass die dunklen Wolken, die wir am Abend zuvor gesehen hatten, hier im Hochland nicht viel, aber immerhin ein wenig Schnee gebracht hätten und dass das von uns ersehnte Hveravellir, ein Thermalgebiet mit angeschlossenem Zeltplatz, nur noch knappe 20 km entfernt sei.

Wieder motiviert und von der Hoffnung beseelt auf dem Zeltplatz etwas essbares oder vielleicht trinkbares, was nicht primär nach Wasser schmeckt erstehen zu können, strebten wir dem Tagesziel entgegen. Auf den letzten 5 km bekamen wir es dann noch einmal richtig, die Kräfte ließen immer mehr nach und die Straße wurde immer schlechter, so dass man teilweise den Vorderreifen hochreißen musste um einen Stein oder gar ausgewachsenen Felsbrocken zu überfahren, wobei man von fahren kaum noch sprechen konnte. Zu allem Überfluss verabschiedete sich dann auch noch eine Schraube von Jan B.´s Low – Raider, die aber innerhalb von ein paar Minuten ersetzt war. Selbst solche Vorfälle haben ihre guten Seiten, weil sie Anlass zu einer kleinen Pause geben und Jan B. als ersten an die Spitze der Pannenstatistik stellen. Gegen 20.00 Uhr war das Tageswerk dann vollbracht. Im Tal unter uns lag, dampfend und stinkend, Hveravellir.

Hveravellir

Nach einem kurzen Rundgang wurde aus der bitteren Vorahnung dann Gewissheit, hier gab es nichts, aber auch gar nichts, für das leibliche Wohl. Dafür aber hatte diese „Oase“, ca. 100 km von der nächsten Ansiedlung entfernt, neben einer bis zu 80°C heißen Freiluft Badewanne und einem pisswarmen Fluss neben dem Zelt, eine Toilettenspülung, die sich beim zweiten Abziehen mit heißem Wasser füllte. Einfach genial !

Nachdem das Zelt aufgebaut war, begaben sich Jan B. und Andree, ermutigt von einem alleinreisenden Buslinientouristen, in die anfangs unerträglich heiß erscheinende Felswanne. Wenn man erst einmal drin saß, gewöhnte man sich recht schnell an die Temperatur und wurde verleitet das Heißwasserrohr auf das innere der Wanne zu richten, was wiederum eine Frau, die sich zu uns gesellt hatte, zu der Äußerung bewog „Do you want to burn ?“,und die mit dem Fingerzeig auf Andree`s sonnenverbrannte Arme die Antwort erhielt „He is already burnt !“ Das Liegen im heißen Wasser und der Blick zum, von der Abendsonne beschienenen, Hofsjökull ließ die Strapazen des Tages verblassen und alles, was zum vollendeten Glück noch fehlte, waren ein paar Mädel´s oder wenigstens ein Six-pack Pripps, Thule, Egil´s. ...

Wetter : weitgehend sonnig, doch bescheidene Temperaturen.
Gefahrene Strecke : 71 km
Schnitt : 9,91 km/h
Max : 25,2 km/h
Zeit im Sattel : sieben Stunden und zehn Minuten.
Essen : Kartoffelpüree mit Bratensoße und eine deftige Nudelsuppe.


Freitag 10.07.98

Als wir uns an diesem Morgen vergleichsweise spät aus dem Zelt quälten, viel der erste Blick auf das Zelt unserer beiden Verfolger aus Achim, deren Ankunft allerdings spät in der Nacht gelegen haben musste, weil wir am Abend zuvor nichts mehr von ihnen gehört hatten. Es ist halt nicht ganz einfach mit uns „Schritt“ zu halten. Na ja, wir brachen das Zelt ab ohne etwas von ihnen zu hören, hatten aber auch nicht so richtig das Bedürfnis nach Konversation mit ihnen.

Beim Frühstück hielten wir dann noch ein kleines Pläuschchen mit einem radfahrenden Geschwisterpaar aus dem Rheinland sowie dem busfahrenden Rucksacktouri vom Vorabend. Die Straße nach Norden war zwar seit dem Verfassen des Reiseführers „entschärft“ worden, im Klartext, es gab keine der beschriebenen Furten mehr, allerdings wurden wir von einem konstanten Gegenwind und relativ vielen Autos, die uns jedesmal in eine Staubfahne hüllten, über Gebühr malträtiert. Hinzu kam noch der Zeitdruck, dass wir am morgigen Tag zur Mittagszeit in Varmahlid sein wollten, um unsere Lebensmittelvorräte aufzufrischen.

Ein kleiner Trost war auf alle Fälle, dass wir nicht alleine dieses Schicksal erdulden mußten, denn in einer der leuchtend orangen Nothütten, in denen wir Rast machten, entdeckten wir im Gästebuch lustige und vielsagende Reiseeindrücke von anderen Reisenden, die uns wieder aufmunterten. Besonders schlauchend waren die letzten Kilometer, während derer wir versuchten einen Lagerplatz mit Zugang zum Wasser zu finden und das bei Gegenwind und auf einer Straße, die gerade frisch geschottert wurde, was dazu führte, das die Kiesel unser Fortkommen zusätzlich hemmten. Schließlich einigten wir uns auf einen Platz etwas abseits der Straße, der an einem Seeabfluss lag.

nörlich Kjölur

Ziemlich erschöpft kochten wir uns an diesem Abend ein wohlschmeckendes Süppchen und planten unsere weitere Route.

Wetter : sonnig, aber ziemlich windig, (der Wind kommt immer von
vorn !! ) und dadurch recht frisch.
Gefahrene Strecke : 61,7 km
Schnitt : 10,13 km/h
Max : 30,7 km/h
Zeit im Sattel : sechs Stunden und fünf Minuten.
Essen : Erbsensuppe


Samstag 11.07.98

Zwar fehlte an diesem Morgen der Wind, der uns Tags zuvor so geschlaucht hatte, dafür aber vielen Unmengen Insekten, deren genaue Spezifikation noch ungeklärt ist, über uns her und nötigten uns durch ihre Penetranz zur Eile. Nach einigen Kilometern Fahrt auf der mit Seen bedeckten Hochebene, die jetzt bei Windstille für Fahrradfahrer das reinste Paradies darstellte, sprang plötzlich Andree´s Kette ab. Nach eingehenden Begutachtungen stellte sich heraus, dass die Ursache bei einem defekten Kettenglied lag, welches notdürftig wieder genietet wurde. Nach einer rauschenden und befriedigenden Abfahrt von der kargen Kjölur hinab in ein grünes Tal, zerlegte sich das zuvor schon kränkelnde Kettenglied an einer kurzen Steigung vollends. Nach einigen fruchtlosen Versuchen das alte Glied zu retten, war der Operateur, in diesem Fall wegen der sauigen Arbeit nur Andree, gezwungen das Corpus Delicti großflächig aus dem Kettenverband zu entfernen.

Die nun folgende Steigung, die uns von nahezu Meereshöhe, auf einer Strecke von knapp 5 km, bis auf ca. 450 m ü.NN führte, hatte die reparierte Kette sofort ihre Bewährungsprobe zu bestehen. Mal ganz abgesehen von diesen materiellen Lappalien gingen wir drei nahezu auf dem Zahnfleisch als wir die Paßhöhe erreichten. Nun folgte wiederum eine fast zehn Kilometer lange Abfahrt, während der Jan V. von zwei vorbeifahrenden Isländern sexuell belästigt wurde und die uns regelrecht in den siebten Himmel - nämlich Varmahlid - rollen ließ. Während der Abfahrt hatten wir dann auch in der Ferne einen Anblick des Nordmeers, den wir schnell noch auf einem Foto festhielten, bevor wir nach 3 ½ Tagen Abstinenz, froh und glücklich, wieder einen Supermarkt betraten. Die erste Ladung, die wir während des Rund-gangs im Paradies kauften, verzerrten wir direkt auf dem Parkplatz und litten anschließend an mittelmäßigen bis schwerem Brechreiz, bedingt durch unmäßiges Essen. Der zweite Einkaufsbummel war dann eher auf langfristige Planung zugeschnitten und fiel weit weniger heißhungrig aus. Nun legten wir noch in aller Ruhe, auf der Suche nach einem Lagerplatz, ungefähr 15 km mit Rückenwind im Flußtal zurück, um dann einen geruhsamen Abend im Überfluß, hinter einem Hochwasserdamm zu verbringen.

Wetter : sonnig und für Island warm. ( 10-15 °C )
Gefahrene Strecke : 72,5 km
Schnitt : 14,75 km/h
Max : 53,8 km/h
Zeit im Sattel : vier Stunden und fünfundfünfzig Minuten.


Sonntag 12.07.98

An diesem Morgen standen wir zu Ehren des Sonntags etwas später auf und zelebrierten, in einem eiskalten Gletscherfluss, ein erfrischendes Bad. Bei strahlend blauem Himmel und Rückenwind legten wir frohen Mutes ca. 10 km bis zu einem netten Plätzchen zurück, an dem wir uns ein ausgiebiges Frühstück schmecken ließen. Nun ging es - oben ohne - einen moderaten Anstieg durch die Öxnadalsheidi zum Pass hinauf, den wir dann nach knapp zwei Stunden erreichten und bei der Mittagsrast an einer Rettungshütte, wieder 550m über NN vorweisen konnten. Obwohl die Sonne ihr bestes tat, herrschten in dieser Höhe doch recht bescheidene Temperaturen, so dass wir uns im Windschatten der Hütte aufhielten und Mjölkur - Kekse knabberten. Anschließend ließen wir auch den Rädern etwas Gutes zukommen und gönnten ihnen ein paar Tropfen Kettenöl.

Das Vergnügen der nun folgenden Abfahrt wurde nur durch extremen Gegenwind abgeschwächt, der uns auch auf der Weiterfahrt im grünen und sonnigen Flusstal zu schaffen machte. Bei dem Anblick eines wie Kirchturmspitzen anmutenden Höhenzuges, der sich vor uns auftat, beschlossen wir eine kurze Kaffeepause einzulegen. Der herbeigerufene Besitzer, der Pension, nahm uns dann auch ein paar Kronen ab, gab uns eine Kanne Kaffee, zeigte uns Küche und Sitzecke und ließ uns allein. Nach einem kräftigen Koffeinschub sowie einem Toilettenbesuch verabschiedeten wir uns und waren einstimmig der Meinung, den nächst besten uns zusagenden Platz für diesen Abend als unser Eigen anzusehen, denn bis Akureyri waren es vielleicht noch 30km und die wurden sicher nicht einsamer.

An einem Seitenweg fanden wir diesen dann auch schließlich. Im weichen Gras, neben einem tief in die Felsen geschnittenen, schäumenden Gebirgsbach, schlugen wir dann unser Zelt auf und „badeten“, nach anfänglichen Schwierigkeiten das Wasser zu erreichen, im saukalten Wasser. Den restliche Abend verbrachten wir mit Postkarten schreiben und lesen. Mit der Gewißheit, von Akureyri, wo wir den kommenden Tag verbringen wollten, nur noch wenige Kilometer entfernt zu sein, ließen wir den Abend ausklingen.

Wetter: sonnig, aber windig bei ca. 12 °C.
Gefahrene Strecke : 56,8 km
Schnitt : 14,63 km/h
Max : 50 km/h
Zeit im Sattel : drei Stunden und fünfzig Minuten.
Essen : Kartoffelpüree mit angebratenen Zwiebeln.


Montag 13.07.98

Nach kurzem Frühstück und Zeltabbau, ging es um 10°° Uhr los in Richtung Akureyri, welches wir nach ungefähr dreißig Kilometern erreichten. Direkt am Ortseingang füllten wir Benzinbrenner und Ersatzflasche auf und informierten uns über die Örtlichkeiten der Stadt an einer Anschlagtafel. Fast wäre es an der Tankstelle zu einer Kollision Andree´s mit einem Bordstein gekommen, weil er einer netten jungen Frau, in einem zeitlos modischen Islandpullover, ein wenig zu lange nachsieht. Bei der Weiterfahrt zur Innenstadt, war Jan B. das Glück holt und er fand ein „Leatherman Supertool“, für das man in Deutschland an die 160 DM zahlt.

Als erstes suchten wir nun den angeblich einzigen Supermarkt auf, der zu unserem Pech auch noch auf einer Anhöhe lag und uns so manchen Tropfen Schweiß kostete. Dort zu genüge versorgt, ging es wieder den Berg hinab in die Fußgängerzone, wo wir uns am Rande eines Platzes niederließen, das Mitgebrachte mit Wonne verspeisten und den Leuten zusahen. Danach fuhren wir auf einen Pier, von dem man einen schönen Blick über den Fjord hatte und schrieben unter der Kunstskulptur einer Walfinne Postkarten.

Akureyri

Dummerweise zog sich hier der ein oder andere auch einen Sonnenbrand zu, der besonders Andree an den Ohren arg zu schaffen machte. Anschließend folgte eine zermürbende Fahrt um den Fjord herum, während der der Wind unablässig und gnadenlos von vorne blies und das Radfahren zu einer Tortur machte. Zur Krönung stand uns nach diesen zwanzig Horrorkilometern noch ein steiler Anstieg bevor (insgesamt 9km mit bis zu 10% Steigung),den wir aber nur zu einem Teil bewältigten (2,6km). Völlig entmotiviert, machten wir an diesem Abend, neben einem kleinen Bach am Straßenrand Schluß.
Eine Entschädigung für all diese Leiden, bot allerdings der abendliche Ausblick über den Eyjafördur, der vor uns ins Polarmeer mündete.

Wetter : sonnig und Zeitweise extrem windig.
Gefahrene Strecke : 51,8 km
Schnitt : 12,72 km/h
Max : 42 km/h
Zeit im Sattel : vier Stunden und vier Minuten


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