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Ostermontag, 8.4.96, 18. Tag
Heute sind wir wieder mal etwas früher auf den Beinen; das Wetter wie gewohnt prächtig. Zuerst einmal wollen wir die Umgebung, sprich das Bahnwärterhaus erkunden. Dazu war es gestern bereits zu dunkel. Dann warten wir gespannt auf einen Zug. Die ganze Nacht über war auf der Strecke Verkehr; im Zelt hörte man das Herannahen der schweren Dieselloks schon von Weitem; gegen Ende meinte man immer, der Zug würde gleich durchs Zelt brausen.
Nach dem Abbau und Verladen ein kurzes Frühstück aus unseren Wochenendvorräten; das Brot ist allerdings schon etwas älter. Dazu gibt es die Reste des gestrigen Kuchens.
Dann gleich zu Beginn eine rasante Abfahrt hinunter ins Tal. Jetzt liegt die Autostrada hoch über uns; auf riesigen Betonpfeilern überspannt sie die Talschlucht. Schon bei der Abfahrt sehen wir an der gegenüberliegenden Hangseite viele Höhlen im weichen Stein. Etwas später kommen wir an solche Höhlen näher heran. Klar, daß sich unsere drei Jugendlichen es sich nicht nehmen lassen, zu diesen Höhleneingängen hinaufzuklettern und mal hineinzuschauen. Da vorher Zäune und Hecken zu überwinden sind, überlassen Marianne und Martin den dreien das Feld. Den Zweck der Höhlen können wir nur vermuten: Es werden wohl alte Wohn- oder Begräbnishöhlen sein. Nach den Nuraghen und Riesengräbern ein weiteres Geheimnis der Insel aus früheren Zeiten.
Bei der Weiterfahrt dann plötzlich ein Weghindernis in Form einer Schafherde. Die Tiere scheinen sich an unseren Rädern nicht zu stören.
Heute scheint das Wetter den ganzen Tag über stabil zu sein. Wir fahren durch eine lange Allee, deren Bäume das erste Frühlingsgrün tragen. Ein wunderbarer Tag zum Fahrradfahren.
Da kommt nach etwa fünf Fahrtkilometern die kleine Bahnstation des Örtchens Giave recht: von weitem verkünden Laternen mit der Aufschrift "Bitte ein Bit" das Vorhandensein einer Bar. Ist sie Ostersonntag wohl geöffnet? Sie ist es - und das nutzen wir natürlich aus. Gelati, Cola, Birra wechseln den Besitzer. Wir sitzen draußen auf einem sonnengewärmten Mäuerchen und genießen den Frühschoppen. Leider geht ein Fläschchen dabei versehenlich über die Mauer; na ja, man kann es ja wieder ersetzen.
Dann werden wir plötzlich von Männern angesprochen und zu einem Haus etwas weiter entfernt eingeladen. Hier findet gerade eine Osterfeier statt; nach sardischen Brauch mit typischem Osterkuchen, viel Wein und Fil e Ferru. Schon sitzen wir zwischen der Gesellschaft, müssen von unserer Fahrt erzählen, und, je nach Alter und Verfassung, die alkoholischen Getränke gestenreich abweisen oder still genießen.
Teilweise recht beschwingt geht es dann weiter die letzten Kilometer zur Nuraghe San Antine über die SS 131. Hier, an der "Königsnuraghe", ist an diesem Ostermontag schwer was los! Und zum ersten mal kostet es auch Eintritt! Zusammen mit einigen anderen Deutschen bilden wir schnell eine etwas größere Gruppe und kommen so in den Genuß eines billigeren Gruppentarifes.
Die Nuraghe selbst ist recht gut restauriert und gibt einen guten Einblick in die Bauweise. Trotzdem verlassen wir sie bald wieder und bereiten uns in einem Feldweg nebenan eine Nudelsuppe als Zwischenmahlzeit und schauen dabei dem Besucherstrom zur Nuraghe zu.
Es ist inzwischen 15 Uhr und wir haben gerade mal 12 Kilometer an diesem Tag geschafft! Die nächsten 12 Kilometer legen wir nun etwas zügiger zurück. In dem kleinen Städtchen Mores kommen wir an einer geöffneten Pizzeria vorbei; schnell sind die Räder auf die Veranda geschoben und wir lassen uns Pizzaschnitten servieren.
Ein Blick zum Himmel macht uns dann auf eine rapide Wetteränderung aufmerksam. Wir verlassen Mores ziemlich eilig; schaffen es aber gerade mal fünf Kilometer weiter, ehe sich der ganze Himmel blauschwarz verfärbt.
Für eine lange Platzsuche bleibt keine Zeit mehr. Neben der Straße befindet sich eine schöne Weidefläche; leider eingezäunt und einwandfrei als Privatbesitz gekennzeichnet. Darauf können wir jetzt aber keine Rücksicht mehr nehmen. Die ersten Blitze zucken über den Himmel und auch der Wind frischt zunehmend auf.
Wir haben gerade die Zelte hochgezogen und eingeräumt, da bricht das Gewitter los - vom Feinsten! Der Regen prasselt in Strömen auf unser Zelt herab - wir sind froh, es noch rechtzeitig geschafft zu haben. Wir liegen gemütlich im Dovrefjell und hören dem prasselnden Regen zu, da erreicht uns durch den Sturm eine Hiobsnachricht der Mädchen: starker Wassereinbruch im Salewa-Zelt!
Also raus und nachgeschaut. An der Zeltabspannung - im Eifer des überhasteten Aufbaus wohl etwas oberflächlich erledigt - können wir helfen: an der Wahl des Zeltplatzes läßt sich aber nichts mehr ändern! Das Sierra steht leider sehr ungünstig in einer vorher kaum feststellbaren Wiesenmulde. Normalerweise kein Problem - die starken Wassermassen können aber im Moment nicht schnell genug versickern und bilden vor und um das Zelt herum bereits kleine Seen. Und durch den Boden drückt sich durch die Nähte Wasser herein. Hier hilft nur noch Abwarten und Daumen drücken. Die ärgsten Wassermengen müssen eben mit Handtüchern aufgefangen werden.
Inzwischen fangen wir in unserem, zum Glück nach wie vor trockenem, Vorbau an zu kochen. Heute gibt es zum ersten mal Spaghetteria Pomodore. Plötzlich draußen das Geräusch eines herankommenden Fahrzeuges, das Klappen einer Tür. Wohl oder übel müssen Jan und Martin erneut hinaus in den Regen. Diesmal ist es der Bauer, dem das Grundstück gehört. Wir erwarten schon, daß er uns zum Abbau der Zelte auffordern will; glücklicherweise ist er aber nur daran interessiert, daß wir morgen früh beim Verlassen der Wiese den Zaun wieder richtig schließen sollen, damit ihm die Schafe nicht weglaufen.
Als alles zur Zufriedenheit beider Seiten erledigt ist, sind Jan und Martin natürlich recht naß! Kurz darauf läßt der Regen nach und hört schließlich ganz auf. Wir kommen wieder aus den Zelten heraus und verteilen das Essen. Die wärmende Spaghetteria will wegen der vorher in Menegn gegessenen Pizza aber nicht recht munden - zum ersten mal bleibt etwas im Topf übrig - das müßte im Reisetagebuch eigentlich rot angestrichen werden!
Der kleine See vor den Zelten erweist sich nun doch noch als nützlich: zumindest zum Spülen ist er recht tauglich. An diesem Abend verschwinden wir bald in den Schlafsäcken; später stellt sich heraus, daß wir vergessen haben , den Tagestachostand abzulesen.
Dienstag, 9.4.96, 19. Tag
Es wird halb zehn, ehe wir endlich aufbrechen. Es geht leicht bergab und die Räder rollen gut. Bereits nach 6 Kilometern erreichen wir den Supermarkt von Chilivani. Endlich, nach drei Tagen mit geschlossenen Läden ein Geschäft mit frischem Brot!! Dementsprechend zieht sich das Frühstück bis halb eins hin! Wir kochen sogar Eier und belegen unsere Paninis mit Schinken, Salami, Mortadella und Käse. Selbst Gurkenscheiben, Oliven und Majonaise fehlen nicht. "Cinque fete salami e dieci fete prociutto"; das geht uns inzwischen recht flüssig von den Lippen. Nur bei der gerechten Verteilung der langen Baguettestangen gibt es kurzfristig Probleme: Martin findet dafür eine unkonventionelle Lösung.
Sogar einen Wasserkran gibt es auf dem Gelände; leider versiegt er nach kurzer Zeit. Nach dem Frühstück ein langer Blick auf die Karte: bis Monti müßten wir es über die SS 597 eigentlich an einem Tag schaffen können. Das Wetter ist prächtig; die Straße nicht besonders bergig. Gut gestärkt machen wir uns auf den Weg.
Bis Oschiri geht auch alles gut - die Straße ist zwar für den starken Verkehr etwas schmal; die Autofahrer nehmen aber Rücksicht auf uns. An einem Fluß wird nochmals ausgiebig gerastet. Dann türmen sich vor uns unübersehbar Bergketten auf - laut Karte müssen das schon unsere Monti Limbara sein, die wir bei den abendlichen Sonnenuntergängen vom Bauern in Monti aus schon oft bewundert haben.
Die Straße wird nun erst hügelig, dann bergig! Und irgendwo ist die Kraft jetzt aus den Beinen. Die letzten Kilometer vor Monti werden zur Qual. Zudem zieht hinter uns auch noch ein Gewitter auf. Wir nehmen es gelassen; ziehen die Regenanzüge an und setzen uns mit unseren letzten Bierdosen
(rot, Birra Raffo - eine bislang für uns unbekannte Marke) auf die Leitplanke. Und dann werden wir vom Gewitter doch noch verschont; die Regenanzüge verschwinden wieder in den Taschen und wir quälen uns über die letzten Kilometer nach Monti hinein; erstmals von Süden her kommend.
Die letzten Pfeile auf der Karte lassen die Steigung vor Monti erahnen. In Monti dann natürlich zum nächsten Alimentari! Wir sitzen im Rinnstein und essen Oliven. Über die Strada bianca geht es danach weiter zum Bauernhof. Die Straße ist schlecht, und wir müssen die Räder über den tief ausgewaschenen Weg teilweise schieben. Als der Bauernhof auftaucht, beschäftigt uns nur eine bange Frage: ist Pinuccio zu Hause oder nicht? Davon hängt leider die Schlüsselfrage ab. Und ohne Schlüssel kämen wir nicht an die Schatzkisten (= Transportkisten) im Transit heran.
Pinuccio ist da - und wenige Minuten später machen wir uns über unsere Vorräte aus Deutschland her - zuallererst über das deutsche Dosenbier! Danach bauen wir unsere Zelte auf dem Platz gegenüber auf; es ist einfach schon unsere zweite Heimat hier in Sardinien - wie oft sind wir eigentlich schon hier gewesen?
Die Sonne versinkt hinter den Monti Limbara - Abendstimmung. Und natürlich viel Vino, Birra, Erzählen von unserer Radtour. Wir sind zu Hause! Und müde - etwa 730 Kilometer liegen per Rad hinter uns. Wir sind zufrieden. Keine größeren Pannen - die Gedanken an die Anstrengungen verschwinden mit jeder Minute mehr. Antonello und Pinuccios Fratello stoßen zu unserer Runde; das bedeutet weitere Weinflaschen! Dazu Käse und Brot - wir fühlen uns wohl in der Wohnstube am flackernden Feuer. Draußen ist es inzwischen dunkel geworden. Die Stimmung steigt.
Wir planen die letzten Stunden unseres Sardinienaufenthaltes. Dadurch, daß wir unser Ziel so überpünktlich erreicht haben, bleiben uns noch zwei volle Tage bis zur Einschiffung in Olbia.
Morgen könnten wir eigentlich Aga Khan mal besuchen. Oben, an der Costa Smeralda, waren wir noch nie. Ob die Reichen dort oben jemals Sardinien so wie wir erleben werden, die Freundlichkeit der Bewohner unterwegs? Wohl kaum - dazu muß man wirklich per Rad unterwegs sein.
Mittwoch, 10.4.96, 20. Tag
Frühstück gibt es heute morgen bei Antonello: Kaffee, entweder schwarz konzentriert mit viel Zucker oder als Milchkaffee; dazu "dolce" oder "picante", süße oder gewürzte kleine Küchlein, von Pinuccios Frau Andreana selbst gebacken.
Über Telti fahren wir dann mit dem Transit auf einer Nebenstraße nach Palau an der Nordküste. Daß wir uns der Wohngegend der Reichen nähern, merkt man an den teuren Preisen im Supermarkt, wo wir uns das zweite Frühstück besorgen. In Porto Cervo, sozusagen dem Zentrum Aga Khans; ein künstlich aus dem Boden gestampftes Hafendörfchen, frühstücken wir.
Unsere drei Damen klettern über die Felsen am Strand und begutachten dann die kleinen Privatstrände mit ihrem herrlichen Sand. Dabei suchen sie die verschiedensten Muscheln im glasklaren Wasser. Svenja hat dabei besonders schöne, kleine. Als sie sie den beiden anderen zeigt, winden sich aus einigen winzige Würmchen heraus. Genaueres konnte man nicht erkennen, denn die Hand aufmachen, schütteln, "iiihhh" schreien und fallen lassen der Muscheln war eins. Bald kehren sie zu Jan und Martin zurück, die inzwischen durch den Yachthafen geschlendert sind und eigene Beobachtungen auf den Balkonen der anliegenden Villen gemacht haben. Vom Hafen aus fahren wir kurz zur Kirche oberhalb des Hafens. Auch hier alles sehr edel und teuer.
Bei der Weiterfahrt können wir einen tollen Ausblick über die Costa Smeralda genießen. Man kann sich schon gut vorstellen, warum gerade hier soviel Nobeltourismus entstanden ist. Mit dem eigentlichen Sardinien hat das aber nichts zu tun. An einer Agentur sehen wir Angebote für Ferienhäuser - unter 2000,-DM pro Woche ist da kaum was zu finden.
Über Olbia geht es zurück. Am Flughafen wollen wir uns ein wenig umschauen, kommen aber nicht dicht genug ans Rollfeld heran. Am frühen Nachmittag sind wir wieder zurück in Monti. Das reichte als Ausflug in den Exklusiv-Tourismus. Mit Adrienne fahren wir zu ihrer Wohnung, um Annalisa abzuholen. Sie wollen mit uns zu einem Aussichtspunkt oberhalb von Monti, um uns die Gegend zu zeigen. Unsere Mädchen haben Spaß mit den kleinen, jungen Katzen von Annalisa.
In steilen Serpentinen geht es hinauf auf einen Felsen hoch über Monti. Von hier aus hat man eine gute Übersicht über die tief unter uns liegende Stadt bis hin zu den Monti Limbara im Nordwesten. Annalisa erklärt uns auf französisch einzelne Bauwerke der Stadt; besonders die Cantina Sociale, also die örtliche Weinkellerei, sticht ins Auge. Von hier oben aus kann man aber auch die Straßenstrecke nach Süden überblicken; hier starteten wir `95 in Richtung Ala dei Sardi - zum Glück ohne zu wissen, wie hoch sich die Straße gleich hinter Monti den Berg hinaufwinden würde. Jetzt kann man die Strecke mit ihren Serpentinen fast vollständig einsehen.
Zurück beim Bauernhof heißt es, die Vorbereitungen für das Abendessen zu treffen. Wir haben die Familie zu einem deutschen Essen eingeladen. Und was könnte das schon anderes sein als Kartoffel- und Semmelknödel zusammen mit Martins Gulasch? Marianne bereitet dazu einen frischen Paprikasalat.
Die Fleischkonserven für das Gulasch öffnen wir etwas verschämt außerhalb des Hauses. Auch den Saucenbinder setzen wir unbemerkt ein. Man muß ja nicht alle Geheimnisse der deutschen Küche gleich verraten! Es schmeckt allen; zum Essen gibt es das letzte deutsche Dosenbier; in der Starkbier-Version mit 7%. Anschließend fahren Jan, Sarah und Svenja mit Annalisa nochmals nach Monti in die Stadtwohnung; Marianne und Martin leisten dem Bauern noch Gesellschaft. Zuletzt holt er einen Geschenkkarton der Cantina Sociale hervor als Erinnerung an unseren diesjährigen Aufenthalt. Es wird mal wieder später, bis wir ins Bett kommen.
Vorher machen wir noch schnell ein letztes Foto von den Schinken und Würsten, die im Wohnzimmer von der Decke baumeln - alles selbstgeschlachtet und geräuchert.
Donnerstag, 11.4.96, 21. Tag
Abfahrtstag! Ein letztes Mal werden die Zelte abgebaut; diesmal locker in den Kisten verstaut. Zuerst kommen die Kisten in den Transit; darauf wie gewohnt die Fahrräder und die letzten Satteltaschen. Antonello holt uns dann zum Frühstück, das seine Mutter inzwischen für uns vorbereitet hat. Die Zeit verfliegt nun schnell - Pinuccio bringt jede Menge Geschenke und Verpflegung für die Rückfahrt: Käse, Wein und dann noch ein Fläschchen Fil e Ferru,; natürlich selbstgebrannt. dazu überreicht uns Antonello noch selbstgeschnitzte Korktrinkschalen. Wir sind sprachlos!
Wie immer natürlich auch ein, zwei... letzte Gläschen vor dem Haus als Abschiedtrunk. Selbst Svenja greift zu. Wir müssen versprechen, bald wiederzukommen. Umgekehrt laden wir Antonello und seine Schwester zu uns ins Sauerland ein. Dann sind wir unterwegs. Zuerst geht es noch zur Cantina Sociale. Hier machen wir eine Weinprobe und nehmen dann einige Flaschen mit. In der Cantina sehen wir eine etwas ungewöhnliche Art, Wein in größeren Mengen abzugeben: an einer Art Tankstelle kann man sich hier in Kanistern Vino rosso, bianco und rose abzapfen. Bei der Abfahrt verstaut Jan noch schnell ein etwas sperriges Souvenirteil im Transit.
Unterwegs bei der Vorbeifahrt dann ein letztes Foto aus dem Wagenfenster zum Gelände unseres Bauern. Wir werden wiederkommen!
In Olbia gehen wir erst einmal auf Postkartensuche - natürlich nur in Verbindung mit Briefmarken. Das haben wir inzwischen gelernt. Am Bankautomaten ziehen wir uns die letzten 100.000 Lira - wir wollen auf der Fähre ja nicht darben!
Jetzt ist es Zeit für einen kurzen Badeausflug. Wir fahren nach Golfo Aranci zu "unserer" Badebucht. Unterwegs besorgen wir uns auf einem Parkplatz noch ein sardisches Schild als
Souvenir. Mit dem Transit läßt sich das einfacher regeln als per Rad…
Bei bestem Wetter machen sich Jan und Martin auf ins doch sehr kühle Mittelmeer. Nach einiger Zeit gewöhnt man sich aber an die Kälte und kann das klare Wasser richtig genießen. Hinterher kommen auch die hochtechnisierten Badehandtücher, auf Kappilarwirkung beruhend und so gut wie nichts wiegend, erstmalig zum Einsatz. Die Damen liegen derweilen in der Sonne und lassen sich ein letztes mal bräunen.
Irgendwann mittags meldet sich dann der Hunger. In einer improvisierten Küche auf einem kleinen Felsen werden die letzten Konserven geöffnet: Würstchen und Suppe.
Draußen zieht eine Fähre der Sardinia Ferries vorbei auf ihrem Weg nach Golfo Aranci. Wir haben dieses Mal die Tirrenia gebucht; um 22 Uhr läuft unser Schiff von Olbia aus. Wir können uns in unserer Badebucht also noch Zeit lassen. Auf dem Rückweg bleibt auch noch Gelegenheit zur Eindeckung mit Bambusstangen für den häuslichen Garten. Jans Säge am Taschenmesser leistet gute Dienste. Langsam füllt sich der Transit mit Souvenirs.
Wir sind pünktlich zur Einschiffung zur Stelle und beobachten vom Heck der Fähre die letzten Vorbereitungen bis zur Abfahrt. So können wir live miterleben, wie es ist, wenn man etwas zu spät kommt und dem Schiff nur noch nachwinken kann.
Freitag, 12.4.96 , 22. und letzter Tag
Nun ja, wenigstens nicht der 13.! Ob in diesem Jahr mit dem Transit alles klar geht? Wir erinnern uns noch lebhaft an die Ostermontagüberraschung vom letzten Jahr, als uns das Radlager im Stich ließ.
Wir kommen pünktlich in Genua an und verlassen zügig die Stadt. Oberhalb, auf einem Rastplatz, könnten wir günstig kleine Goldbarren für 500,-DM kaufen. Wir verzichten dankend.
In diesem Jahr wählen wir nicht den üblichen Rückweg. Bei bestem Wetter wollen wir die Tagesfahrt durch die Alpen genießen und wählen den Umweg durch`s Aostatal und über den Großen St. Bernhard. Leider müssen wir für die Paßstrecke nochmals in den Geldbeutel greifen, da die Schweizer Mautplakette hier, auf der Bundesstraße, nicht gültig ist. Schlau ausgedacht von den Schweizern!
Martin meint, im Tunnel ein merkwürdiges Geräusch unter dem Wagen blubbern zu hören. Andererseits macht er auch überall das Matterhorn aus. Also glaubt ihm das Geräusch keiner!
Hinter dem St. Bernhard geht es in Serpentinen steil bergab. Unten, in Martingny dann urplötzlich ein helles Scheppern unter dem Wagen. Von Tempo 120 abgebremst und an den Randstreifen. Da haben wir die diesjährige Bescherung: der Auspuff ist abgerissen und baumelt auf dem Boden. Wir versuchen zuerst, die Sache selbst zu regeln, schaffen es aber nicht.
Also ab zur nächsten Notrufsäule und dort in bestem französisch das Malheur erklärt. Dann sitzen wir hinter der Leitplanke und lesen im Schutzbrief nach, was wir daraus machen können.
Es ist Freitagnachmittag, 15 Uhr. Wer sollte jetzt noch den Schaden vor dem Wochenende reparieren können. Also sehen wir den Transit schon in einer Werkstatt und uns im Hotel. Und am Samstag und Sonntag arbeitet sicher auch keiner. Abfahrt also erst am Montagvormittag mit neuem Auspuff.
Doch dann kommt es leider anders: in kürzester Zeit ist ein Pannendienstwagen da; der Fahrer befestigt den Auspuff provisorisch mit Draht unter dem Wagen und lotst uns über den Seitenstreifen durch ein Tor im Autobahnzaun hinaus.
Und leider wird in der nahegelegenen Werkstatt der Auspuff innerhalb von einer Stunde wieder geschweißt. Zum Glück akzeptiert der Besitzer ausnahmsweise unsere Euroschecks; sonst sähe es böse aus. Und um 17 Uhr sind wir wieder unterwegs; vorher haben wir die vielen Panzer und Militärfahrzeuge bewundert, die der Werkstattbesitzer scheinbar hobbymäßig sammelt.
Um 18:35 erreichen wir die deutsche Bundesgrenze; gegen Mitternacht kommen wir in Kückelheim wohlbehalten an.
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