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Trekking in Umbrien (2004)

Reisetagebuch, Teil 1

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Samstag, 16.10.2004, 1. Tag

Nun ist es also mal wieder so weit: 15 Tage in Umbrien liegen vor uns. Auf dieser Reise wird aber vieles anders sein als sonst. Das fängt schon mit dem Teilnehmerkreis an. Der stand bis kurz vor Abfahrt noch gar nicht genau fest – und so müssen die zuletzt dazu gekommenen Teilnehmer leider auch etwas höhere Kosten für die Fahrt berappen. Und das hat mit der zweiten Neuigkeit zu tun: erstmalig fahren wir nicht mit der Bahn oder unserem Transit, wie gewohnt, nach Umbrien – nein, dieses Mal gönnen wir uns den Luxus einer Anreise per Flugzeug.

Der Grund ist einfach: bei 42 € für Hin- und Rückflug kann man ja schon mal schwach werden. Nur die später zugebuchten Plätze gehen bis zu 100 € hoch. Aber das ist immer noch viel weniger, als wir für Transit oder Bahn veranschlagen müßten! Um 8 Uhr ist Abfahrt bei M&M.



Und durch die Wahl des Flugzeugs mußten wir auch nicht so viel an Gepäck packen bzw. uns Gedanken über die Verpflegung machen: da Ryanair das Gepäck auf 15 Kilogramm beschränkt (zzgl. 10 Kg im Handgepäck), haben wir nicht viel Spielraum für Überflüssiges. So hält sich auch die Vorbereitungsarbeit in engen Grenzen. Wir sind jetzt zwölf Personen: alle fünf Pfadis (Sabine, Ben, Matthias, Michael und Thomas); dazu Beate, Marianne, Sarah, Jan, Thomas, Christoph und Martin. Deshalb muß Beate auch noch ihren eigenen Wagen mit zum Flugplatz fahren. Florian und Christian werden eine Woche später mit dem Flieger nachkommen und mit uns zusammen wieder zurück fliegen. Anders ging es bei ihnen nicht mit dem Urlaub. Pünktlich starten wir.

Wir wählen eine Route über das Moseltal; dort kochen wir am Ufer neben einem Hotel mittags schnell einige Cevapcici, ehe wir am frühen Nachmittag das Terminal in Hahn erreichen. Hier wird alles schnell ausgeladen; dann bringen wir den Transit auf den kostenlosen Parkplatz am Hotel „Zum Hahn“; dort werden wir auf der Rückfahrt eine Zwischenübernachtung einlegen. Man sieht, die Pfadfinder schwenken auf etwas mehr Luxus ein...

Dann beginnt das langweilige Warten auf das Einchecken. Dies verläuft überraschend problem¬los; gut, die zerlegten Gasbrenner werden argwöhnisch bei der Durchleuchtung beäugt – wir erklären, daß wir als Pfadfinder darauf angewiesen sind; nein, Gaskartuschen haben wir nicht dabei. „Ich war früher auch bei den Pfadfindern,“ erklärt uns die Dame an der Kontrolle, „wir mußten aber immer mit dem Bus fahren!“ Na ja, die Zeiten ändern sich halt...

Für Aufregung sorgt dann noch Mariannes Bordgepäck: sie muß es auspacken, weil ein Messer drin sein soll. Entrüstet weist sie das zurück – sie fliegt ja nicht zum ersten Mal! Trotzdem – alles auspacken. Und siehe da – Kurz vorher hatte sie von Beate eine kleine Verpflegungsdose bekommen. Und siehe da – was befindet sich in dieser Dose?? Ein schönes Messer! Doch dann die Überraschung: wir dürfen dieses Messer mit an Bord nehmen! Die Stimmung in der Wartehalle ist danach ausgelassen; beim Beginn des Eincheckens stehen wir wie eine Phalanx ganz vorn – so ergattert jeder den Platz, den er sich vorgestellt hat; vorwiegend am Fenster. Leider wird es nach dem Abflug schnell dunkel – von den Alpen bekommen wir so nicht viel mit. Und schon bald tauchen unter uns die Lichter von Pescara auf.

Hier heißt es nun, ein kleines Problem nach dem anderen zu lösen: hat jeder sein Gepäck komplett zurück? Wie kommen wir mit welcher Buslinie zum Bahnhof? Wo gibt es die Tickets für den Bustransfer?

All das hält uns, bzw. Jan und Martin, die von allen noch die besten Italienisch-Kenntnisse haben, eine ganze Zeit auf Trab. Aber wir wissen wenigstens, wohin wir wollen. Neben uns steht ein junges Pärchen, das „irgendwo“ in Pescara unterkommen will; vielleicht sogar am Strand schlafen. Daran erkennen wir: der Billigflug allein ist noch nicht die wahre Lösung!

Unser Bustransfer klappt ganz gut; nette Italiener sprechen uns immer wieder an und helfen uns bei Schwierigkeiten weiter. Und so stehen wir bald vor dem Hauptbahnhof von Pescara. Hmm – kein Schalter geöffnet – da bleibt nur der Automat. Und da müssen wir alle Sprachkenntnisse aufbieten! Wir ziehen zwei 5er-Tickets bis nach Gaifana; gar nicht teuer, und haben jetzt noch über eine Stunde Zeit bis zur Abfahrt des Zuges.

Den Fahrplan haben wir uns schon vorher aus dem Internet ausgedruckt – daher wissen wir, daß uns nun eine lange Nacht bevorsteht.....

Zunächst aber gehen einige von uns los, um draußen irgendwo was Kaltes zum Trinken zu bekommen. Auf dem verlassenen Bahnhofsvorplatz steht zum Glück noch ein offener Kiosk, an dem es für 3(!) Euro Bier gibt (na, wenigstens in 0,66er Flaschen) – unser erstes Peroni.

Der Zug ist ziemlich voll, und wir haben Mühe, Plätze zu bekommen. So geht dann die Fahrt an der nächtlichen Adria vorbei, von der man aber leider nicht viel mit bekommt. In Ancona haben wir dann bis zwei Uhr nachts Aufenthalt. Was tun? Es reicht ja eigentlich, wenn einige Wache schieben – die anderen können derweil schlafen.



Und so werden in einer etwas windgeschützten Ecke des Bahnsteiges schnell die Bodenplanen einiger Zelte ausgebreitet und die Isomatten aufgeblasen. Schon liegen die meisten warm in ihren Schlafsäcken und versuchen, etwas zu schlafen.

Aus den Rucksäcken haben wir zusätzlich so eine Art von Wagenburg gebaut; drum herum ziehen die Nachtwachen ihre Kreise. Argwöhnisch wird jeder betrachtet, der sich unserem improvisierten Lager neugierig nähert.

Und daran herrscht auf einem Großstadtbahnhof natürlich kein Mangel! Spätestens jetzt müssen auch wir erkennen, daß der Flug zwar billig war; der Komfort jedoch erheblich unter der langwierigen Weiterfahrt leidet. Unsere langsam dem Ende zugehenden Weinvorräte trösten uns ein wenig darüber hinweg.

Sonntag, 17.10.2004, 2. Tag

So wird es irgendwann mal Sonntag, und wir bemerken es nicht einmal! Wichtiger sind die Lautsprecheransagen des Bahnhofs. Und die verkünden plötzlich, daß noch ein zwischenzeitlicher Zug mit Halt in Gualdo Tadino geht. Und dort werden wir zum Schlafen wohl mehr Ruhe haben.

Also schnell die anderen wecken; alles zusammen packen und rüber zu einem Nebengleis. Hier steht schon der Zug bereit. Leider landen wir unbemerkt in Abteilen der ersten Klasse (und freuen uns noch über die freien Plätze). Als der Schaffner uns auffordert, die Plätze zu räumen und rüber in die bereits überfüllte zweite Klasse zu wechseln, plündern wir kurzentschlossen unsere Reisekasse und lösen den Zusatzpreis für die erste Klasse nach. Etwas Komfort soll ja schon sein! Vor allem wollen wir aber endlich schlafen! Nun folgt noch eine fast zweistündige Fahrt bis Gualdo Tadino, das wir bei nachtschlafender Zeit erreichen. Zum Glück ist der Wartesaal offen – von Menschen keine Spur. Zeit, es sich hier für den Rest der Nacht richtig gemütlich zu machen...

So gegen acht rappeln sich dann alle auf – der Rücken schmerzt und wir würden gerne einen ersten heißen Cappuccino trinken. Da ist aber an der Stazione di Gualdo nichts zu machen. Mit Franco haben wir ausgemacht, daß er wenigstens die schweren Rucksäcke hier abholt; allerdings nicht vor neun. Also lassen wir Marianne und Beate als Gepäckwachen zurück und machen uns mit dem Rest der Gruppe auf in die Innenstadt von Gualdo. Bis zur Kreuzung an der Via Flaminia ist nirgends etwas geöffnet; also weiter, hinauf in das Zentrum.



Und hier werden wir dann zum Glück fündig: in einer kleinen Bar gibt es heißen Kaffee und dazu Hörnchen, wer mag. So gestärkt geht es dann zu Fuß weiter über Nebenwege nach Colle. Unterwegs machen wir noch einen Abstecher zur Container-Bar in Boschetto und begrüßen die dortige Wirtin, die sich auch noch an uns erinnert. Eine letzte Rast am weißen Kreuz oberhalb von Colle, dann marschieren wir gut gelaunt auf „unsere“ obere Camping-Terrasse bei Franco und bauen dort unsere Zelte auf. Darüber ist es inzwischen schon Spätnachmittag geworden; wir vertrödeln den Rest des Tages, ehe wir uns abends in die Cantina zu Franco begeben und fürstlich speisen.

Eine wahrlich beschwerliche Anreise liegt hinter uns – und wir müssen das Ganze beim Rückweg ja noch ein¬mal machen! Billig war`s ja, aber demnächst nehmen wir wohl wieder den Transit.....

Montag, 18.10.2004, 3. Tag

Für diesen Tag haben wir uns mal nichts vorgenommen! Das Markierungsprojekt soll erst morgen beginnen; heute bleibt Zeit zum Relaxen und ein wenig durch altbekannte Gassen und Wege zu bummeln.

So führt uns der erste Weg am Vormittag auf die Piazza von Colle; dort holen wir im Alimentari alles für ein ordentliches Frühstück. Die Chefin erkennt uns natürlich auch sofort wieder – oft genug haben wir hier in den vergangenen Jahren eingekauft.

Weiter runter geht es zum Supermarkt. Hier wohnt auch Alvaro; da ist aber leider niemand zu Hause. So ziehen wir uns auf einen Feldweg hinter dem Haus zurück und legen einen Frühschoppen ein. Den Rest des Tages vertrödeln wir oder streifen ein wenig herum.

Abends nimmt Franco Martin und Jan mit nach Bagnara; dort schauen sie sich die Unterkunft für die nächsten beiden Nächte an: Bagnara soll das „Hauptquartier“ für unser Wegemarkierungs-Projekt werden.

Abends wird in der Ferienwohnung, die sich M&M sowie Beate genommen haben, gekocht. Bald darauf sind alle in den Schlafsäcken verschwunden. Wir sind gespannt, wie das Projekt morgen laufen wird.

Dienstag, 19.10.2004, 4. Tag

Hier mal eine Kurzbeschreibung der Projektidee: schon auf vielen E1-Touren haben wir feststellen müssen, daß die Wegbeschilderung (meist rot-weiß-rote Markierungen) nur sehr lückenhaft und teilweise kaum zu finden ist. Und so haben wir bereits beim letzten Besuch 2003 mit Franco über eine mögliche Neu- bzw. Nachmarkierung gesprochen. Franco hat uns an Giancarlo, den Chef der Comune di Monte Subasio, weiter vermittelt – und der war sogleich von dieser Idee angetan.

Wir wollen in diesem Jahr also ein Teilstück des E1 besser markieren; genauer gesagt vom Trivio di Luticchio bis zur Grenze zwischen Umbrien und Marken, kurz hinter Colfiorito, an der Chiesa Plestia. Alles in allem werden das so an die 35 – 40 Kilometer sein. Aus diesem Grund haben wir auch Bagnara als Basis ausgewählt. Das liegt etwa auf einem Drittel der Strecke ab dem Trivio.

Wir werden in zwei Gruppen parallel arbeiten; das spart Zeit. Gruppe 1 soll am Trivio beginnen und sich auf Bagnara zuarbeiten. Gruppe 2 wird von der Chiesa Plestia starten und sich ebenfalls, nur in anderer Laufrichtung, auf Bagnara zu bewegen. Sollte eine Gruppe an diesem Tag nicht fertig werden, kann sie morgen nochmals direkt von Bagnara aus losziehen. So weit unser Plan.

Anna hat uns in Deutschland jede Menge E1-Schilder und auch Aufkleber fertig gemacht; Farben werden wir heute hier mit Franco kaufen.

Dadurch verzögert sich nun leider der Aufbruch. Es dauert eine Weile, bis Jan und Martin im „Domestico“ die passenden Farbdosen, Pinsel, Töpfchen usw. zusammen haben. Die beiden Gruppen packen derweil schon mal die Marschverpflegung zusammen und stellen die Rucksäcke für den Transport nach Bagnara bereit. Unterwegs werden wir nur das Nötigste mitnehmen – und das ist heute vor allem Regenzeug! Denn dummerweise ist über Nacht das Wetter echt schlecht geworden – und das heißt: Dauerregen! Aber kennen wir das nicht schon von anderen Herbstprojekten hier in Umbrien?

Alvaro haben wir zwischenzeitlich erreicht; er bringt nun die erste Gruppe mit seinem Auto hoch zum Trivio. Die zweite Gruppe wird mit zwei Autos von Franco und Gabriella erst nach Bagnara gebracht; dort wird das Gepäck in unserem Schlafdomizil deponiert; dann geht es weiter zur Chiesa. Franco nimmt dabei einen kürzeren Weg; muß sich dafür aber durch reichlich verschlammtes Gelände quälen. Gabriella hat das nicht mitbekommen und sucht uns überall. Folgerichtig kommt es danach zu einem kleinen Disput an der Chiesa....



Leider hat nur Jan bei der ersten Gruppe einen Fotoapparat dabei. Von ihm stammen die folgenden Bilder. Beide Gruppen erleben aber das gleiche Schicksal: Regen, Regen, Regen. Und der zwingt die Gruppen nicht nur zwischendurch in trockene Unterschlupfstellen (Gruppe 1 in die Pizzeria am Monte Alago; Gruppe 2 in die Bar von Colfiorito), sondern behindert auch empfindlich das Arbeiten mit den Farben! So verzichtet die zweite Gruppe schnell darauf und befestigt dafür Unmengen an Schildern an Bäumen, Zäunen und Masten. Immerhin – es geht voran!



Aber auch mit den Schildern und Aufklebern gibt es so manches Problem: die Aufkleber haften nur dann, wenn der Untergrund richtig trocken ist – und das ist bei der momentanen Witterung natürlich schwierig. Mühsam muß jede vorgesehene Klebestelle vorher trocken gewischt werden. Und bei den Schildern sind die Nägel das Problem. Von Franco haben wir Spezialnägel (die hatte wohl vorher der Schwäbische Alb-Verein für seinen Klapschuweit-Weg benutzt); sobald wir sie aber in die umbrischen Bäume schlagen wollen, verbiegen sie sich.





Zum Glück haben wir aus Deutschland eine Handvoll Stahlnägel mitgebracht – damit geht es schließlich recht gut. Aber was macht man, wenn man im Pian di Colfiorito keine Bäume mehr findet? Selbst Steine auf dem Boden für Farbtupfer gibt es hier nicht – nur nasses Wiesengelände, in das unsere Schuhe bei jedem Schritt einsinken. Künftige Wanderer müssen hier einfach ihrem Instinkt vertrauen und sich einfach geradeaus halten.

Gruppe 1 hat auf ihrem Weg vom Trivio entlang den Hängen des Monte Merlano praktisch gar keinen Regenschutz. Dementsprechend naß sind alle, als sie – nach Erreichen des Passo del Termine – die letzten Kilometer hoch nach Monte Alago gelaufen sind.

Dort ist zum Glück die Pizzeria geöffnet. Man bittet unsere Wanderer an den offenen Kamin, damit sie wenigstens notdürftig ihre Regensachen trocknen können. Nach dieser willkommenen Rast geht es an die letzte Etappe zunächst über eine Hochfläche und dann hinab nach Bagnara.

Weil die Farbe an senkrechten Flächen bei diesem Wetter die unangenehme Eigenschaft hat, der Schwerkraft folgend auf den Boden zu tropfen, wird öfter auch schon mal direkt auf den Boden gemalt.

Die Stimmung der Gruppe hat trotz des miesen Wetters nicht wirklich gelitten; so bleibt hin und wieder noch die Gelegenheit, „besondere“ Markierungen aufzumalen; sogar unsere www-Adresse wird verewigt.... Sabine fängt sich allerdings eine böse Erkältung ein und zieht später in die Ferienwohnung zu Beate um.

Am Spätnachmittag erreicht diese Gruppe dann Bagnara, besorgt sich den Schlüssel zur Unterkunft und bereitet schon mal eine leckere Linsensuppe vor. Ihre Arbeit ist getan.



Die zweite Gruppe hat weniger Glück. Zwar läßt kurz vor Annifo der Regen endlich nach (und das wird dann auch für diese Herbstfahrt der letzte Regen gewesen sein). In Annifo aber verliert sich der Originalweg. Hier hatten wir schon seit Jahren auf unseren Touren Probleme; jetzt gilt es, den richtigen Wege-Verlauf erst mal zu finden.

Alte Zeichen deuten den Berg links vor Annifo hinauf; an einem Feld verlieren sie sich dann aber. Komisch – dabei liegt der Ort direkt hinter diesem Feld. Kurz darauf werden wir fündig: wieder links abschwenkend soll es weiter ins Waldgelände gehen. Wir folgen diesem Zeichen; nach 500 Metern tatsächlich ein kaum erkennbares Schild am Baum mit der „Wanderschnecke“, dem Symbol des umbrischen E1-Teils. Noch sind wir also richtig. Wir nageln schnell eins unserer Schilder darunter. Als dann aber der Weg immer weiter von der eigentlichen Richtung abschwenkt (fast schon wieder in Richtung Colfiorito zurück) und auf dem nächsten Kilometerstück nichts mehr an alten Wegzeichen kommt, kehren wir um. Für heute soll es reichen.

Wir werden morgen versuchen, den Wegverlauf von Annifo her kommend zu finden. Es wird inzwischen auch schon dämmrig. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag. Als wir nach weiteren sieben Kilometern in Bagnara ankommen, ist es bereits stockdunkel. Schnell noch gegessen und Erfahrungen des Tages ausgetauscht, dann geht es in die Schlafsäcke.

Mittwoch, 20.10.2004, 5. Tag

Die Nacht war etwas unbequem auf dem harten Fliesenboden; im Zelt ist es da schon etwas weicher. Es gibt aber zum Glück heiße Duschen, die uns wieder munter machen. Bald schon summt der Kaffeekessel. Ein erster Blick nach draußen zeigt bestes Wetter – gut, die heutige Arbeit können wir wohl im Trockenen erledigen.

Nach dem Frühstück macht sich Gruppe zwei, verstärkt durch einige Freiwillige aus der ersten Gruppe, also noch einmal auf den Weg. Hinter Bagnara bekommt jeder Laternenpfahl einen rot-weiß-roten Aufkleber. Kurze Zeit später zweigt der Weg normalerweise links ins Gelände ab; wir folgen aber zügig der Schotterstraße hoch nach Colle Croce; den Rest können wir auf dem Rückweg markieren.

Kurz vor Colle Croce dann wieder Unsicherheit über den richtigen Wegverlauf. Wir verlegen ihn kurzerhand an Croce vorbei; hoch zur Straßenkreuzung in Richtung Annifo. Von dort noch schnell eine Markierung rüber zur einzigen Bar von Cole Croce (die soll späteren Wanderern nicht vorenthalten bleiben). Hier gibt es endlich Frühstück; praktischerweise gleich mit einem Frühschoppen verbunden.



Martin zieht schon mal los, um weitere Originalzeichen zu finden, kann aber auf dem von der Bar aus startenden Feldweg nichts finden. Also ziehen wir wieder runter zur Straße und schwenken nach einigen hundert Metern halbrechts auf den Hang ein. An der Leitplanke und auf vielen Steinen bergauf wird der Wegverlauf unmißverständlich markiert. Und oben finden wir dann auch wieder alte Zeichen. Noch eine kurze Irritation, als wir an einer Weggabelung erst einen falschen Weg erwischen, dann geht es auf richtigen E1-Pfad durch den Wald auf Annifo zu.

In Annifo selbst haben wir dann keine Scheu, jeden zweiten Laternenpfosten zu markieren. Viele Dorfbewohner verfolgen interessiert unser Tun. Jetzt wird es interessant – wie verläuft der Originalweg von Annifo aus weiter? Vom letzten Ortsteil Colle aus können wir schon unter uns das Feld liegen sehen, an dessen Fuß wir gestern noch standen. Aha, und da sind auch Zeichen, die nach unten deuten. Das Problem hier ist das Erdbeben von 1997 – damals wurde Annifo fast zu hundert Prozent zerstört. Und so weist der alte Weg nun durch einen einsturzgefährdeten (und abgesperrten) Torbogen; danach scheint er durch einen inzwischen völlig mit Brombeerranken zugewachsenen Hohlweg hinunter zu führen.

Wir stehen ein wenig ratlos herum, bis Einheimische uns ansprechen. „Si,si,“ machen sie uns begreiflich, „il Sentiero Italia“; wir sollen den Weg um das Tor herum markieren und oberhalb des Hohlweges bleiben; immer am Feldrain entlang. Und das machen wir dann auch mit jeder Menge an rot-weiß-roten Farbklecksen und Schildern. Und schon stehen wir an unserer gestrigen Abzweigung. Damit ist dieses Problem schon mal gelöst. Wir müssen nur noch schnell den Weg von gestern ein wenig hoch und unsere Schilder wieder entfernen.

So bleibt noch Zeit für eine Pause an der Container-Bar von Annifo; welch ein Unterschied zum düsteren Wetter gestern! Auf dem Rückweg markieren wir dann noch schnell den Wanderweg parallel zur Schotterpiste hinunter nach Bagnara. Und damit ist unser diesjähriges Projekt eigentlich abgeschlossen.



Abends kommen Vertreter der gastgebenden Comunanza di Bagnara; zusammen mit Giancarlo besprechen wir den Ablauf des Projekts und trinken dabei so einige Becher Wein. Wir bedanken uns für die Unterkunft und bekommen im Gegenzug zwei schöne Bilder von Bagnara geschenkt.

Donnerstag, 21.10.2004, 6. Tag

Strahlender Sonnenschein weckt uns nach dieser zweiten Nacht im Gemeindehaus. Inzwischen haben wir uns auch an den harten Fußboden gewöhnt. Auf dieser Tour hatten wir doch schon einige ungewöhnliche Schlafplätze; Bahnsteigböden, Holzbänke in Wartesälen – und jetzt dieser Fliesenboden.

Wir packen zügig alles zusammen und räumen den Raum wieder auf; die Rucksäcke kommen schon mal nach draußen; bald wird Franco sie hier abholen. Marianne und Beate werden wieder mitfahren, dazu noch Sabine; wir anderen wollen bei diesem guten Wetter nochmals den Weg über Alago zurück laufen.

Nachdem das Gepäck verladen ist, geht es auch schon los: gleich schweißtreibend bei dieser Hitze den Berg hinter der Kirche hoch. Und hier können wir nun auch die schönen neuen Schilder und Zeichen von Gruppe 1 bewundern.



An der Brunnenanlage oberhalb von Bagnara dann eine erste Rast; jeder der „alten Umbrienwanderer“ kennt diesen Ort; sei es mit Regenwetter oder auch bei diesem heutigen Sonnenschein. Kurz darauf haben wir den kleinen Paß erreicht, der einen Blick hinunter auf die Burgruine von Salmareggia erlaubt. Wir dagegen schwenken ab nach links und folgen dem Fahrweg; immer wieder stoßen wir auf unsere neuen, gut erkennbaren Zeichen. Von der Hochebene hat man einen weiten Rundblick über Marken; wir nutzen dies für eine kleine Weinpause, dazu die warme italienische Sonne genießend.

Die Pizzeria in Monte Alago kommt uns danach wie gerufen – warum nicht einkehren und mal schauen, ob es schon was zu essen gibt? Gesagt, getan – und es gibt mittags schon was! Und so studieren wir intensiv die Speisekarte und entscheiden uns für diverse umbrische Köstlichkeiten. Dazu gibt es „vino della casa“ in 1-Liter-Karaffen.



So gestärkt machen wir uns an den Abstieg. Erst von 1100 m hinunter zum Passo del Termine (880 m); danach immer am Hang entlang runter in Richtung des „Le Francesche“. Unterwegs legen wir eine Siesta auf einer Wiese mit gutem Talblick ein; unter uns rumoren die Bagger und Fahrzeuge des Steinbruchs.

Im Tal stoßen wir auf die Zeichen des „Sentiero Klapschuweit“; bald darauf erreichen wir das „Le Francesche“. Und weil wir heute nichts mehr vorhaben, gönnen wir uns erfrischende Liter-Krüge mit frisch gezapftem Bier.

Abends können wir vom Rand unserer Terrasse einen schönen Sonnenuntergang genießen. Wir sind zufrieden und auch ein wenig stolz, daß wir das Markierungsprojekt geschafft haben!

Freitag, 22.10.2004, 7. Tag

Heute läuft das Programm zweiteilig: die Pfadis machen sich mit Massimo bereits früh auf, um mit dem Schulbus nach Gualdo zu fahren. Dort nehmen sie an einigen Stunden am Unterricht in Massimos Schule teil. Auch das ist für uns etwas ganz Neues.



Die Älteren bleiben im Lager zurück und beschäftigen sich je nach Lust und Laune: einige wandern auf den Merlano, andere relaxen einfach und genießen das gute Wetter. An dieser Stelle muß vielleicht auch mal erwähnt werden, warum dieses Reisetagebuch relativ kurz abgefaßt ist: das Heftchen mit den Notizen über diese Fahrt wurde ziemlich schlampig geführt; die stichwortartigen Eintragungen enden bereits am dritten Tag...

Und einen Videofilm über diese Tour gibt es aus den allen bekannten Gründen leider auch nicht – so kann man das Geschehen auch nicht aus Filmaufnahmen rekonstruieren. So bleiben als Basis zum Schreiben dieses Reisetagebuches ein Jahr nach der Fahrt lediglich die Erinnerungen sowie als gewisse Stütze die vielen Fotos. Das folgende Wochenende ist daher ziemlich kurz beschrieben.

Samstag, 23.10.2004, 8. Tag

Heute geht es mit der gesamten Gruppe zu Fuß nach Gualdo Tadino – wir wollen dort einen Großeinkauf für die restlichen Lebensmittel der Tour machen. Auf altbekannten Wegen wandern wir parallel zur SS 3 durch die Wiesen, Felder und kleinen Ortschaften. Die Einkäufe erledigen wir dann im neuen LIDL am Ortsanfang von Gualdo – die Preise dort sind wirklich günstiger als im benachbarten COOP. Wir entscheiden uns spontan für die nächsten Mahlzeiten; heute Abend wird es frische Tortellini geben. Die gibt es hier in 1-Kg-Paketen.

Zurück nehmen wir den Zug von Gualdo nach Gaifana. Das erste Problem ergibt sich am Fahrkartenautomat. Der will uns partout keine Tickets auswerfen. Mit der Hilfe einer netten Italienerin bekommen wir dann doch noch die ersten 5 Tickets. Da der Zug schon am Bahnsteig steht, wollen wir die restlichen Fahrkarten beim Schaffner kaufen. Das sagen wir ihm auch schon beim Einsteigen.

Als er schließlich in unser Abteil kommt, erklärt er uns, daß wir – da jetzt im Zug gekauft – je Ticket 2,50 € Zuschlag zahlen sollen. Das ärgert uns natürlich gewaltig (zumal der Einfachfahrpreis nicht viel mehr als ein Euro beträgt). Wir erklären ihm also noch einmal, warum das am Automaten nicht geklappt hat – das läßt ihn aber kalt. Daraufhin mischt sich nochmals unsere freundliche junge Dame ein – ebenfalls ergebnislos. Martin will daraufhin seinen Namen wissen, weil der die Sache später an Trenitalia melden möchte. Daraufhin lenkt der Schaffner ein und überläßt uns die fehlenden Fahrkarten zum Normalpreis.

Unsere freundliche Begleiterin hat nun aber selbst ein Problem – wegen uns ist sie irrtümlich in den falschen Zug gestiegen; sie wollte eigentlich in Richtung Ancona fahren. Da trifft es sich gut, daß der Gegenzug Verspätung hat und auf der eingleisigen Strecke in Gaifana auf uns warten muß. So kann sie doch noch in den richtigen Zug umsteigen. Wir dagegen laufen vom Bahnhof nach Gaifana und legen dort eine Siestapause an der einzigen Bar im Ort ein. Auf so großen Andrang ist die Bar natürlich nicht eingerichtet; so belegen wir draußen die einzige Bank und einige Steinmäuerchen. Im Lager gibt`s dann ein umfangreiches Tortellini-Mahl.

Sonntag, 24.10.2004, 9. Tag

Kurz nach dem Frühstück erscheinen auch schon Florian und Christian, die gestern den Flieger genommen hatten und die gleiche anstrengende Anreise durchmachen mußten.

Wir vertrödeln den Vormittag und wandern nachmittags noch zur Bar nach Gaifana; die kennen uns ja inzwischen. Am Abend sind wir dann bei Franco zum Essen verabredet; dabei sein werden auch Giancarlo, Antonio und Luciano. So gegen acht gehen wir hinunter – und dann können wir uns den vielen Köstlichkeiten widmen. Aber was soll man da alles aufzählen? Die folgenden Bilder zeigen das eigentlich viel besser!







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