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Freitag, 15.10.93, 8. Tag
Beim Frühstück fängt es leider an zu nieseln - also geht es gleich auf
in die Stadt. Zuerst einmal stellt sich das Problem, wie wir an Bargeld
herankommen können. Die Bank an der Piazza Comune hat geschlossen -
Streik, wie uns eine Italienerin erklärt. Zum Glück spuckt der Bargeldautomat
nebenan nach einigen Versuchen einige Scheinchen aus. Da das aber noch
nicht reicht, machen wir uns auf den Weg hinunter zur Kirche der hl.
Klara - dort soll sich eine offene Bank befinden. Unterwegs ein Erinnerungsfoto
in schwarz-weiß (für die Presse) zusammen mit den Eltern des Franziskus.
Sie lassen es stumm über sich ergehen. In der Bank wird es etwas kompliziert;
Eingang nur durch eine Sicherheitsschleuse; dann Formulare, Reisepaß,
abwarten. Natürlich ist noch eine kleine Bearbeitungsgebühr fällig,
aber danach sind wir endlich wieder flüssig. Überhaupt rinnt uns allen
das Geld bei dieser Fahrt höchst eilig durch die Finger. Wir trösten
uns mit dem alten Wahlspruch : was nichts kostet, ist auch nichts!
Die Gruppe hat sich inzwischen getrennt; jeder will den letzten Tag
auf seine Art genießen. Ums Einkaufen kommen wir aber nicht herum, denn
wir wollen am Nachmittag noch einmal stilvoll italienisch essen. Während
Marianne, Bärbel und Peter sich um die frischen Zutaten für den Salat
kümmern, besorgen Jan und Martin in einem Delikatessengeschäft frische
Tortellini (so um die 3 Kilogramm) und frisch geriebenen Parmesankäse
(½ Kilo). Da es dort gerade ein Sonderangebot beim Bier gibt, ist anschließend
unter einem Torbogen ein gemeinsamer Frühschoppen fällig. Weiter können
wir sowieso nicht, denn inzwischen gießt es in Strömen. Es scheint,
als ob jemand (wahrscheinlich Güpi) eimerweise Wasser vom Himmel schüttet.
Wir stehen/sitzen unter dem Torbogen und beobachten die Leute, die durch
den Regen hasten.
Als der Regen etwas nachläßt, brechen wir in Richtung Lagerplatz auf;
müssen aber unterwegs am Piazza Mateotti in einer Bar erneut Schutz
suchen. Hier treffen wir auch auf Svenja und Sarah, die den gleichen
Gedanken hatten. Wir bestellen Capuccino und genießen die Wärme und
Trockenheit. Irgendwann strömen auch die anderen herein um dem Dauerregen
zu entgehen. Zum Glück läßt es dann aber nach, und wir können hoch zum
Camp. Draußen kochen ist nicht möglich; so ziehen wir mit Sack und Pack
um unter die Terrasse von Franco. Hier ist genügend Platz für alle;
auch Tische und Stühle gibt es in ausreichender Menge.
Leider zeigt ein Hund in einem unbewachten Moment großes Interesse für
die Tortellini und den Parmesankäse. Wir können ihn gerade noch verscheuchen,
ehe Schlimmeres passiert.
Wir sitzen unter der Überdachung, warm angezogen gegen die spürbare
herbstliche Kühle - und warten ungeduldig auf das Kochen der Tortellini.
Irgendwas scheint mit dem Gasbrenner nicht zu stimmen; er bringt einfach
zu wenig Power. Die vielen Katzen scheinen ebenfalls Hunger zu haben.
Nach dem Essen eine unerwartete Überraschung: die Jungen übernehmen
(nach freundlicher Aufforderung) freiwillig den Küchendienst.
Inzwischen hat der Regen vollständig nachgelassen. Gegen 18 Uhr, es
wird bereits dunkel, machen wir uns auf den Weg hinunter in die Stadt;
in getrennten Gruppen, da wir noch verschiedene Orte erkunden wollen.
Für 21 Uhr verabreden wir uns in unserer Stamm-Pizzeria zum letzten
gemeinsamen Essen.
Leider hat San Damiano schon geschlossen. Wir fahren also mit der Rolltreppe
wieder hinauf in die Oberstadt und bummeln dort ein wenig durch die
Gassen. Trotz der späten Jahreszeit ist hier immer noch viel los. Die
meisten Geschäfte sind geöffnet und laden zum Bummeln ein. Leider ist
die Galerie auf dem Marktplatz nicht mehr da.
So vergeht die Zeit, bis wir gegen halb neun in der Pizzeria eintrudeln.
Hier hat Sebastian heute die falsche Karte: da nur drei Literkrüge zu
Verfügung stehen, muß er sich mit den kleinen Gläsern begnügen. Aus
Frust bestellt er jedesmal gleich zwei davon. Wir beschließen, den Jungs
mal zusätzliche Krüge zukommen zu lassen. Marianne und die Kinder verlassen
das Dal Carro so gegen zehn; für die anderen wird es noch etwas länger.
Abschied nehmen dauert eben...
Auf dem Rückweg gibt es dann noch einige Abenteuer zu bestehen, ehe
wir uns auf der Hotelterrasse wiederfinden. In La Stalla ist noch einiges
los; also wollen wir nicht zurückstehen und richten uns auf der Terrasse
ein. Bärbel läßt sich noch zum Kommen überreden; Marianne ist schon
zu müde. Zwischenzeitlich ein kleiner Disput mit einem Lüdenscheider
auf dem Balkon und dem Austausch einiger Herzlichkeiten. Umgeben von
den vielen Katzen in allen möglichen Farbschattierungen trinken wir
eine letzte Flasche. In dieser Nacht schlafen wir gut.
Samstag, 16.10.93, 9. Tag
Unwiderruflich unser letzter Tag - allerdings schon früh noch voller
Erlebnisse. Da die Stunden nun gezählt sind, beginnt der Tag schon sehr
zeitig. Über der Tiefebene von Assisi liegt leichter Morgennebel. Am
Horizont ahnt man die Bergkette der Monti Sibillini. So weit sind wir
leider nicht gekommen; vielleicht ein Stück näher im nächsten Jahr.
Das gemeinsame Frühstück vertreibt die traurigen Abschiedsgedanken -
noch haben wir ja einen vollen Tag vor uns - insbesondere der Aufenthalt
in Florenz.
Wieder einmal heißt es packen - diesmal aber neben unserem persönlichen
Gepäck das gesamte Material. Im Vergleich zur Hinfahrt eigentlich weniger;
dennoch sind am Schluß beide Seesäcke wieder gut gefüllt; zusätzlich
durch die verschiedenen Souvenirs. Zuletzt wird auf "unserer" Terrasse
noch ein letztes mal aufgeräumt; Tische und Stühle wieder weggebracht
und dann geht es nach oben zur Reception. Hier noch die Begleichung
unserer Platzkosten und ein ausgiebiger Abschied; dann zu Fuß hinunter
nach Assisi, behängt mit Taschen, Rucksäcken und Seesäcken wie Packesel.
Eine erste Möglichkeit, an diesem sonnigen Tag ins Schwitzen zu kommen.
Schon im überfüllten Bus zum Bahnhof geraten wir ein wenig mit einem
anderen deutschen Mitreisenden aneinander; später auf dem Bahnsteig
werden schnell noch ein paar Bemerkungen ausgetauscht. Wer will/muß,
kauft noch schnell letzte Postkarten; dann warten wir auf den Zug nach
Florenz.
Im Zug machen wir es uns gemütlich, denn bis Florenz brauchen wir nicht
umzusteigen. Zum ersten mal kommen wir an diesem Tag nach der Hektik
des Abbauens und des Transfers zum Bahnhof zur Ruhe. Erster Hunger macht
sich bemerkbar.
Dann laufen wir in den Kopfbahnhof von Firenze S.M.N. ein. Es ist erst
drei Uhr, und wir haben jetzt bis zur Abfahrt unseres Liegewagens gut
8 Stunden Zeit. Aber erst einmal müssen wir unser schweres Gepäck loswerden.
Aus Erfahrung wissen wir, daß bei der Gepäckaufbewahrung jedes einzelne
Stück berechnet wird. Also versuchen wir, einzelne, kleinere Taschen
und Rucksäcke mit Ponchos und Spannriemen zu größeren Gepäckstücken
zusammenzubinden.
Vor dem Seitenausgang dann kurze Überlegungen, wie wir die Zeit nutzen
wollen. Zuerst aber muß nochmals ein Euroscheck eingetauscht werden,
da fast alle finanziell aus dem letzten Loch pfeifen. Schließlich teilen
wir uns in zwei Gruppen : Peter und die beiden Michaels machen sich
auf eigene Faust auf; der Rest will versuchen, an Hand der Vorschläge
im Florenz-Reiseführer einige markante Punkte der Stadt zu erkunden.
Vorgesehen ist zuerst eine Busfahrt hinauf zur Piazza Michelangelo.
Von hier aus soll man einen guten Überblick über die Stadt haben. Voraussetzung
ist aber zunächst einmal, Busnummer und Abfahrtsort in Erfahrung zu
bringen und Fahrkarten zu kaufen.
Außerdem quält uns inzwischen mächtig der Hunger aufs Mittagessen. In
einer kleinen Panini-Bar sucht sich jeder aus, was er gerne haben möchte.
Draußen auf dem Gehweg wird dann gegessen. Hier erhalten wir, nachdem
wir uns mühsam englisch-italienisch verständlich gemacht haben, von
der freundlichen Kassiererin die Einmal-Tickets für den Bus. Sie zeigt
uns auch die Bushaltestelle auf der anderen Straßenseite. Bei den vielen
Busnummern und den vielen, verstreuten Haltestellen wären wir allein
damit kaum klargekommen.
Im Bus haben wir dann erst einmal Wartezeit; der Fahrer macht irgendwo
Pause. Quer durch die Stadt geht es dann mitten durch den Stop and Go-Verkehr
hinauf zum Platz Michelangelo. Unterwegs haben wir erste Einblicke in
das Großstadttreiben. Nach und nach stehen unsere jüngeren Leute auf,
um im überfüllten Bus Sitzplätze freizumachen.
Oben auf der Piazza ist unheimlich was los; Touristen wohin man schaut!
Da war das umbrische Bergland doch ganz anders! Anscheinend findet hier
zur Zeit auch noch der Start einer Oldtimer-Ralley satt; überall stehen
die alten Kisten herum.
Nach einem ersten Blick über die Mauer hinunter auf das inzwischen schon
spätnachmittägliche Florenz und einiger Erinnerungsfotos wollen wir
von der Terrasse des Cafes bei einer Tasse Capuccino die Abendstimmung
genießen. Beim Preis von 4,50 DM für den lauwarmen Kaffe, serviert von
einem scheinbar ordentlich angetrunkenen Kellner, kommt dabei kein rechter
Genuß auf. Angesichts dieser Preise verlassen einige schnell diese Örtlichkeit
- die Umgebung des Platzes bietet auch noch andere Möglichkeiten. Nachdem
wir alle - einige nach längerer Suche - wieder zusammen haben, trennen
wir uns von Bärbel und Peter, die mit Sebastian per Bus wieder zurück
in die Innenstadt wollen. Wir anderen, inzwischen auf acht Leute zusammengeschmolzen,
werden dem Reiseführer folgend, zu Fuß am Arnoufer entlang zur Ponte
Vecchio gehen und von dort aus dann zum Dom.
Zwischenzeitlich dämmert es schon kräftig. Abwärts durch Parkanlagen
erreichen wir die stark befahrende Uferstraße am Arno. Von weitem schon
ist die tolle Brücke über dem Arno zu sehen. Unterwegs müssen wir aber
noch ein dringendes Toilettenproblem lösen, was gar nicht so leicht
ist. Wieder sind 4,50 DM für eine damit verbundene Cola fällig. Scheint
hier ein teures Pflaster zu sein. Nachdem erneut alle Teilnehmer zusammengefunden
haben, geht es über die Brücke. Hier werden wir alle paar Meter von
Malern angesprochen, die uns porträtieren wollen. Einer folgt uns und
drückt den Preis immer tiefer. Martin entschließt sich dazu, Svenja
malen zu lassen. Mitten auf der Brücke geht es nun für die nächsten
20 Minuten zur Sache. Svenja hält geduldig still und läßt sich auch
von den vielen Leuten nicht stören, die immer wieder stehen bleiben
um dem Künstler beim Malen über die Schulter zu schauen. Wir anderen
genießen derweil das bunte Treiben - mehr schon ein Gewimmel - auf der
Brücke; hören der Führerin einer deutschen Reisegruppe zu und schauen
auf den nächtlichen Arno. Ein Italiener bemerkt unser Interesse an seiner
tollen Katze (Rasse für uns unbekannt) und versucht ein Gespräch anzufangen.
Das klappt leider nicht so ganz; dafür bekommt Martin die Katze für
einen Moment in die Hände gedrückt.
Mit dem eingerollten Bild in der Hand geht es dann weiter; jetzt will
Martin noch ein Souvenir für Heidi haben. Dies bringt in verschiedenen
Geschäften Komplikationen mit sich. Die anderen werden langsam ungeduldig;
aber dann ist auch diese Angelegenheit zufriedenstellend erledigt.
Inzwischen haben wir uns, sachkundig durch Jan und den Stadtplan geführt,
bis zum Dom vorgearbeitet. Enttäuschung: ein Kuppelaufstieg ist nicht
mehr möglich, da der Dom ab 18 Uhr geschlossen ist. Später erfahren
wir von den anderen, daß sie es wenigstens in den Dom geschafft haben.
Also laufen wir einmal um den Dom herum und bewundern pflichtgemäß die
Baukunst. Jetzt erkennen wir langsam die Gegend aus unseren vorhergehenden
Florenzaufenthalten wieder. Leider machen die vielen Stände des Flohmarktes
gerade zu; Svenja hat Glück und bekommt noch ihr Lederarmband.
Nun wird es aber langsam Zeit, daß wir etwas an Verpflegung für die
Rückfahrt besorgen; insbesondere Getränke. Abendessen wollen wir noch
kurz vor dem Bahnhof, und zum Frühstück haben wir in München genug Zeit.
In einem kleinen Laden werden wir fündig. Da wir vom vielen Herumlaufen
durstig sind, wird das erste bereits an Ort und Stelle verzehrt; in
Ermangelung von Sitzgelegenheiten am Rinnstein hockend und in einem
Hauseingang. Andree nutzt die Gelegenheit und wirft ihnen ein paar Geldmünzen
als Almosen zu.
Beim Weiterbummeln sehen wir eine gute Flasche Wein, wie Peter sie haben
möchte; 240,-DM scheinen uns dann aber doch zu teuer. Marianne meint,
weiter in Richtung Bahnhof wird es noch mehr Weingeschäfte geben. Ein
folgenschwerer Irrtum, wie sich bald herausstellt. In unserer "alten"
Bar, kurz vor dem Bahnhof, gibt es warme Pizzas bzw. Paninis als Abendessen.
Dann sind wir schon wieder am Hauptbahnhof. Auffällig sind die vielen
Abfälle auf dem Boden rings um den Italy&Italy-Schnellimbiß. An einem
Fahrkartenautomat spielen wir ein wenig herum und entdecken, daß wir
mit einer Streifenkarte billiger weggekommen wären. Zu spät; beim nächsten
mal eben.
Kurz darauf sind alle wieder vor der Gepäckausgabe versammelt und erzählen
von ihren Florenzerlebnissen. Dann wird das Gepäck ausgelöst - und damit
gehen fast alle restlichen Lire dahin.... Martin ruft noch kurz mit
Svenja zu Hause an; das Telefonat scheint ihn nicht fröhlich zu stimmen.
Inzwischen hat sich Marianne mal wieder abgesetzt um letzte Einkäufe
zu tätigen. Später gesteht sie, sich fast verlaufen zu haben. Wir warten
wie auf heißen Kohlen sitzend auf sie - schließlich hat sie die Fahrkarten!
Nachdem wir bereits Notfallpläne geschmiedet haben, kommt sie dann pünktlich
fünf Minuten vor Abfahrt des Zuges zum Vorstadtbahnhof Campo Marte.
Wir sitzen im ersten Wagen des Vorortzuges und dürfen den beiden Lokführern
bei der Arbeit zuschauen. Wir unterhalten uns ein wenig (und können
uns sogar recht gut auf englisch verständigen). Für unsere Kleinen lassen
die Lokführer bei der Fahrt über die nächtlichen Gleisanlagen mehrmals
die Lok-Hupe ertönen.
Dann stehen wir mit Sack und Pack auf dem Bahnsteig von Firenze Campo
di Marte - ein letztes Winken zu den Lokführern, dann sind wir allein.
Das Gleis stimmt; aber wo ist ein Wagenanzeiger? Den haben wir bald
gefunden, er enthält aber nicht unsere Sonderwagennummer. Also postieren
wir uns ungefähr in der Mitte des Bahnsteiges und hoffen auf kurze Wege.
Ein letzter Schock auf italienischem Boden: Martin findet die Liegewagenkarten
nicht (kann er auch nicht, denn Marianne hat sie noch von der Herfahrt
bei ihren Papieren). Der D-286 läuft pünktlich ein; natürlich befinden
sich unsere Wagen fast am Ende, und es gibt noch eine letzte Abhetzerei.
Dafür können wir aber wieder drei volle Abteile für uns in Anspruch
nehmen, das schafft Erleichterung beim Verstauen des Gepäcks. Inzwischen
hat der Zug Florenz schon wieder verlassen.
An diesem Abend, besser gesagt Nacht, denn inzwischen ist es fast 24
Uhr; zieht es uns alle noch nicht so recht ins Bett. Wir stehen im Gang
an den Fenstern und lassen das nächtliche Italien an uns vorbeigleiten.
Trotz der Dunkelheit kann man das Gebirge ahnen, durch das wir fahren.
Mitten in einem Tunnel ein längerer Halt: Zeit für ein letztes Souvenir.
Erste Eindrücke von der Fahrt werden ausgetauscht - erste Gedanken,
es im nächsten Jahr noch einmal zu wagen und die Wanderung fortzusetzen.
Selbst die, die auf dem Bahnsteig von Gaifana gestöhnt haben, können
sich das jetzt vorstellen.
Bologna erleben wir noch wach, danach verschwinden wir in unseren Abteilen.
Morgen früh wird es wieder zeitig weitergehen! In dieser Nacht stört
wenigstens keine Heizung.
Sonntag, 17.10.94, 10. Tag
Der letzte Tag! Er beginnt mit der guten Nachricht, daß unser Zug durch
nächtliche Aufenthalte eine Verspätung hat. Es wird fraglich, ob wir
den Anschluß-ICE erreichen können. Damit wären natürlich auch die gebuchten
Platzkarten weg. Und so gut, wie die ICE`s ausgelastet sind, würde das
Stehen von München bis Kassel bedeuten. Schöne Aussichten. Es nieselt
in Deutschland. Herbst. Bella Italia - vorbei. Morgen geht es mit Arbeit
und Schule für alle weiter. Uns bleiben die Fotos und die Erinnerungen
an die tolle Landschaft, die vielen Menschen, die wir getroffen haben;
unsere gemeinsamen Erlebnisse, wo auch immer. Wer nicht das in den zehn
Tagen getan hat, was er wollte, kann es jetzt nicht mehr nachholen.
Die vielen abgestellten ICE`s in München tauchen auf. Immer wieder ein
sorgenvoller Blick auf die Uhr! Das Gepäck steht schon längst an der
Tür; die "Trägerdienste" für das Gruppengepäck sind festgelegt.
8.48 Uhr. Zugankunft. Verspätung "nur" noch 17 Minuten. In 6 Minuten
schließen sich beim ICE nach Kassel die Türen. Ein Spurt über den Bahnsteig
beginnt. Unser Italien-Schnellzug steht natürlich auf dem letzten Gleis!
Nach vorn bis zur Kopframpe und dann an den anderen Bahnsteigen entlang.
Da steht unser ICE. Diesmal haben wir Glück! Unser Wagen 3 ist direkt
am Zuganfang. Erleichtert fallen wir in die Polster.
Marianne und Sebastian haben es trotz der kurzen Zeit gewagt, einen
Imbißstand anzusteuern. Jeder bekommt ein doppelt belegtes Käsebrötchen
- mehr war nicht zu holen. Ein karges Frühstück, aber besser als nichts.
Unser letztes Essen bis zur Ankunft in Wenholthausen (um 15 Uhr....)
Im Speisewagen reicht es mit den letzten Märkern noch für eine Tasse
Kaffee. Die können hier mit den Preisen mit dem Cafe auf der Piazza
Michelangelo problemlos mithalten!
Allgemeine Müdigkeit, während draußen Deutschland vorbeirauscht. Wir
hängen unseren Gedanken nach. Was antwortete der kleine Tiger in "Oh,
wie schön ist Panama" auf die Frage, warum sie überhaupt losgezogen
sind? Sie hätten die vielen Leute nicht kennengelernt:
der stets freundliche Benito auf dem Campingplatz;
der hilfreiche Alberto in der Albergo Monte Cucco;
die Drachenflieger mit ihren Windhinweisen, die wir besser beachtet
hätten;
der dicke Pizza-Bäcker im Dal Carro, der unbedingt Krüge braucht;
die italienischen Radfahrer auf dem Platz, über deren Pläne wir nur
staunten;
der Bundeswehrsoldat, mit dem wir unser Bier im ICE teilten;
die Trompetenspieler auf dem Bahnsteig in München, die uns die Zeit
verkürzten;
die Touristin und die Pilgerin in Assisi, der wir weiterhelfen konnten;
der Schaffner bei der Hinfahrt, den nichts aus der Ruhe brachte;
der Busfahrer, der uns seine Heimatregion zu erklären versuchte;
der spontan hilfsbereite Barbesitzer in Gualdo Tadino, ohne den wir
wohl fest-
gesessen hätten und "unser" Taxifahrer, der sicher noch lange den Kopf
über unsere Pläne geschüttelt hat;
der Wirt in der kleinen Bar, der unseren Hunger und Durst wohl bemerkte
und uns von seinen eigenen Vorräten abgab;
die Italiener, die uns zwischenzeitlich wieder auf den richtigen Weg
brachten;
die Neugierigen, denen wir unsere Zelte erklärten;
und natürlich, neben vielen anderen, die Bahnbeamten in Meschede, die
sich für unsere Fahrt bei der Zentrale einsetzten, damit wir zu unseren
Betten kamen.
Und dann gab es auch noch einige andere:
der Herr (Müller?) aus Lüdenscheid;
die Leute, die uns als Wehrsportgruppe sahen;
den Meckerer im Bus zum Bahnhof nach Assisi.
Beim Zusammentragen dieser Leute fiel uns dann bei einer Minireflexion
noch mehr ein: daß es viel Nudeln, dafür wenig Fleisch gab; daß Epas
nicht unbedingt das Gelbe vom Ei sind; daß wir ausgesprochen wenig Kirchen
in Assisi besucht haben; daß wir mit dem Wetter ausgesprochenes Glück
hatten; die Texte des Reiseführers; die Zeltschäden, der Sturm, die
Übernachtungen im Freien; die anstrengende Wanderung.......es war doch
einiges in diesen wenigen Tagen.
In Kassel dann umsteigen in den Nahverkehrszug nach Freienohl. Letzte
Kaugummis aus den Epas werden gegen den Hunger verteilt; Svenja macht
sich mit dem Taschenmesser über das Schmalzfleisch her.
In Freienohl die Überraschung: großer Empfang durch Heidi, Norbert und
Familie Wiese. Im Bus dann die Prinzen mit eindeutigen Texten. Kurze
Verabschiedung; morgen müssen wir noch das Material ausräumen und trocknen.
Assisi 1993!
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