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Sardegna `99 - wie es dazu kam

Die Entscheidung, mit den Jungpfadfindern im Herbst 1999, als letzte große Fahrt in diesem Jahrtausend, Sar­dinien anzusteuern, fiel bereits im November 1998, also kurz nach der Rückkehr vom damaligen Herbstunter­nehmen, dem „Marcia di solidarieta per lÙmbria“, unserem Solidaritätsmarsch für die Erdbebenregion in Um­brien. Seit 1987 etwa pendelt der Jufitrupp zwischen den Zielen Norwegen, Umbrien und Sardinien. Norwegen schied für die Herbstferien allein schon wegen des Klimas aus; Umbrien war 1998 erst dran - Sardinien bot sich also als Reiseziel für die Herbstferien 1999 an, zumal wir inzwischen gute Kontakte dorthin haben. Auf den bisheri­gen Fahrten nach Sardinien

  • 1989 3 Wochen Rundtour mit 30 Teilnehmern und 3 Kleinbussen (Sommer)
  • 1991 3 Wochen Radtour mit 6 Leuten über Ostern rund um die Insel
  • 1995, 1996, 1997 jeweils 3 Wochen lang Radtouren über Ostern


haben wir vor allem Pinuccio Nieddu, „unseren“ Bauern in Monti immer wieder angefahren; Kontakt hatten wir aber auch zur Cooperative in Oliena, die uns bei Bergtouren betreute. Und viele, viele Freicamper-Plätzchen waren uns inzwischen natürlich ebenfalls bekannt.

Bei der Stammesversammlung 1999 stellte das Leitungsteam das Herbstprojekt vor - und innerhalb von 2 bis 3 Tagen waren alle 18 Plätze vergeben - leider mußten drei Leute, die sich zu spät entschlossen hatten, zurückbleiben, da wegen der Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze in den beiden Kleinbussen die Teilnehmer­zahl auf 18 beschränkt war.

Im Laufe des Jahres gab es dann viele Vorbereitungen für das Lager, von denen nur einige hier aufgeführt seien:

Durchchecken der persönlichen Ausrüstung mit der Möglichkeit zur Sammelbestellung
Dreitägiges Vorbereitungs-Camp im September mit dem ersten Praxis-Test
Festlegung der Gruppen- und Zelteinteilung; der Menü-Liste, der Buseinteilung...........

Das Leitungsteam buchte inzwischen die Fähren; mietete über Witteler in Brilon einen zweiten Kleinbus; stellte die notwendigen Zuschußanträge und grübelte tagelang über eine vernünftige Routenplanung in Sardinien - denn alles von der Insel zu sehen, hätte die Teilnehmer mit Sicherheit überfordert. Wir wollten einerseits nicht zu viel fahren; andererseits möglichst intensive, unvergeßliche Erlebnisse bieten. Letztlich entschieden wir uns für drei Schwerpunkte:

Kennenlernen der typisch sardischen Lebensweise bei unserem Bauern; dabei Mithilfe bei der Weinlese Trekking im Supramonte; mit Unterstützung der Cooperative in Oliena Rundreise mit den beiden Kleinbussen zu „touristischen Höhepunkten“ durch Nord- und Mittelsardinien; natürlich auch das Genießen des warmen Mittelmeeres.
Zur intensiven Vorbereitung erstellte das Leitungsteam ein Vorbereitungsheft; darin gab es Informationen zur Geschichte, zum Hintergrund der Insel, aber auch natürlich praktische Tips zur Ausrüstung und zur Organisa­tion. All dies hat viel Zeit und Einsatz gekostet, hat aber auch viel Spaß gemacht! Mein Dank an dieser Stelle gilt daher allen Leitern, die diese Fahrt durch ihren Einsatz erst ermöglicht haben!! Nach den hektischen Tagen der abschließenden Vorbereitungen in den beiden letzten Septemberwochen (Ver­pflegungseinkauf, Material packen und, und, und) wurden dann am Donnerstag vor Fahrtbeginn Hänger und Transit gepackt. Es konnte losgehen! 16 Tage „on tour“ durch Sardinien lagen nun vor uns - mit allen Unwäg­barkeiten, die solch ein Abenteuer zwangsläufig mit sich bringt.


Freitag, 1.10.99, 1.Tag

Am heutigen Tag warten wohl alle ungeduldig auf`s Schulende! Unsere Rucksäcke stehen seit gestern gepackt und kontrolliert in der Schule; heute müssen wir zu Hause nur noch die Day-Packs packen und an die festen Schuhe und das Regenzeug denken (Die Regenjacken werden wir in den nächsten 14 Tagen nicht benötigen, aber das wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nicht)

Peter und Andree sind seit 14 Uhr unterwegs, um den zweiten Kleinbus für die Tour, den Mercedes-Sprinter, in Brilon bei der Fa. Witteler abzuholen. So ab 17 Uhr trudeln die ersten Leiter an der Schule ein, um den Sprinter zu beladen. Bei einer Probefahrt zeigen sich schon die Stärken des Mercedes: er macht seinem Namen alle Ehre (und wird in den nächsten zwei Wochen unseren treuen, aber doch recht lahmen Pfadfindertransit, immer wie­der an den Bergstrecken abhängen). Beim Umkuppeln des bereits gepackten Hänger gibt es leider schon ein erstes Problem: die Kupplungsstücke der elektrischen Verbindung passen nicht zueinander. Florians Vater wird über Handy benachrichtigt und taucht kurz darauf mit einem passenden Adapter auf. Im Mercedes wird die Kühlbox mit unseren frischen Lebensmitteln angeschlossen (wir werden dafür noch einen hohen Preis zahlen müssen....); in beiden Fahrzeugen wird sicherheitshalber nochmals durchgecheckt, ob die wichtigsten Ausrü­stungsgegenstände auch nicht vergessen worden sind.

Letzte Ermahnungen der Eltern; letzte Umarmungen - dann beginnt pünktlich mit dem 18-Uhr-Geläut der Glocken unsere Fahrt. 1300 Kilometer bis Genua liegen nun vor uns - für alle ein spannendes Abenteuer: was werden uns die nächsten 14 Tage bringen? Wie wird das Wetter sein? (Wir haben den Jufis den Abschnitt aus einem unserer Reiseführer vorsichtshalber verheimlicht, in dem steht: „Der Oktober und November sind die Hauptniederschlagsmonate auf Sardinien.“ Na ja, muß ja nicht gleich so knüppeldick kommen!) Für uns Leiter sind aber natürlich auch noch ganz andere Fragen wichtig: wird alles reibungslos klappen? Keine Krankheiten, Unfälle, Pannen? Eine lange Liste offener Fragen, die wir erst am Ende beantworten werden können. Aber - wir sind nun seit 25 Jahren in diesem Stamm mit Gruppen unterwegs - wenn man jedes Risiko vermeiden wollte, wären unsere Kinder und Jugendliche in diesen Jahren nirgends hingekommen! Und nun sind bereits Leiter mit dabei, die schon als Jungpfadfinder Sardinien kennengelernt haben.

Sieben Leute aus unserem Leiter- und Mitarbeiterteam haben bereits eigene Sardinienerfahrungen sammeln können: Marianne und Svenja, Andree, Christoph, Jan, Martin und Peter waren teilweise schon mehrfach mit Gruppen auf Sardinien unterwegs; für Anna und Florian sowie unsere neun Jungpfadfinder wird es der erste Kontakt mit dieser Mittelmeerinsel sein.

Kurz hinter Wenholthausen ein erster Halt: im Sprinter muß eine Tachoscheibe eingelegt werden (was natürlich hinsichtlich der nun nachkontrollierbaren Höchstgeschwindigkeit mit dem Hänger ungünstig ist). In Elspe dann ein Tankstop; es nieselt - das Wetter auf Sardinien kann eigentlich nur besser werden. Und dann geht es bei einsetzender Dämmerung in Olpe auf die Autobahn; ab jetzt wird die Fahrt recht öde! Einzige Aufmunterung sind die Cassetten und das Radio. In Gießen ist es schon richtig dunkel; wir haben untereinander Blinkzeichen ausgemacht, um die Scheinwerfer im Rückspiegel richtig identifizieren zu können. Für alle Notfälle haben wir noch in jedem Wagen ein Handy: sicher ein beruhigendes Gefühl; allerdings - wenn wir ganz ehrlich sind - weit entfernt von pfadfinderischem Unternehmungsgeist. Ohne größere Probleme ziehen wir mit gelegentlichen Pausen durch das nächtliche Deutschland.


Samstag, 2.10.99, 2.Tag

Gegen 4 Uhr in der Frühe erreichen wir die Raststätte Inntal; hier gibt`s heißen Kaffee für die Fahrer sowie den letzten Leberkäse für diejenigen, die vor der vierzehntägigen Pasta-Zeit noch mal was Deftiges haben wollen. Beim Kauf der österreichischen Mautvignetten will man uns zunächst über`s Ohr hauen; unsere Reklamation wird dann aber anerkannt. Wir sind ein wenig enttäuscht vom Grenzübergang - mit 80 Km/h rauschen wir durch: keinerlei Kontrollen mehr in Sicht. Die Fahrzeugtanks sind randvoll - wir werden damit wohl bis nach Sardinien kommen. Die meisten Jufis haben während der Nacht mehr oder weniger viel geschlafen; jetzt wird es allmählich hinten im Wagen wieder lauter.

Ab Innsbruck biegen wir ab auf die Strecke hoch zum Brennerpaß. Erster Schock des Tages: zusätzlich zur be­reits bezahlten Autobahngebühr sind je Fahrzeug schon wieder 16 DM fällig - als Brennerpaß-Gebühr. Wozu war dann eigentlich die teure Vignette - für 100 Kilometer normaler Autobahn durch Österreich? Und was die nächtliche Beleuchtung der langgezogenen Autobahnbaustellen betrifft, könnte man für 16 Mark eigentlich auch etwas mehr erwarten!

6 Uhr: wir haben die italienische Grenze am Brenner erreicht! Auf ein sonst übliches, rituelles Bodenküssen verzichten wir aber angesichts der mageren 4 Grad auf unserem Außenthermometer. Dafür stellen wir Yoga, unseren neuen Höhenmesser mal auf 2000 Meter ein (zu hoch, wie sich in Genua später herausstellt, als er dort fast 400 Meter unter Meeresniveau anzeigt....). Bei der nun folgenden Talfahrt wird es langsam heller; nach Bozen zeigen sich die ersten Sonnenstrahlen auf den Bergspitzen. Sonnenstrahlen? Jawohl - denn das Wetter scheint hier ungleich besser zu sein als gestern in Deutschland.

Am Südende des Gardasees verlassen wir die A22 und fahren über Brescia in Richtung Piacenza. Dieser Name erinnert uns daran, daß von hier ab im Frühjahr die deutschen Tornados in den Kosovo flogen. Wir haben das damals live in den italienischen Zeitungen während unserer Kalabrienfahrt mitbekommen. Hinter Piacenza steuern wir unsere erste Raststätte auf italienischem Boden an, einen „Auto-Grill“. Zum ersten Mal schwärmen unsere Jufis durch ein italienisches Geschäft. Und zum ersten Mal lernen sie, daß man erst an der Kasse zahlen und dann mit dem Bon zur Theke gehen muß. Und was gibt es da alles für leckere Sachen zum Frühstück: mit Tomaten, Schinken und Mozarella belegte Paninis; süße, gefüllte Gebäckteilchen und sogar Pizza-Schnitten. Klar, daß hier die ersten Lira ihren Besitzer wechseln! Dazu natürlich einen ersten, echten Cappuccino. Das ist schon was anderes als unsere Cappuccino-Tütchen zum Einrühren, die wir auf unseren Wandertouren einset­zen. (allerdings auch etwas teurer....).

Und wer es nicht miterlebt hat, wird es kaum glauben: das Thermometer zeigt bereits lockere 25 Grad an; Zeit für kurze Hosen und T-Shirts, die wir vorausschauend in den Day-Packs haben. Unter herrlich blauem Himmel geht es durch die Po-Ebene; vorbei an riesigen Reisfeldern. Doch im leichten Dunst vor uns taucht auch schon das nächste Gebirge auf, das es nun zu durchqueren gilt: den Apennin, der noch vor Genua zu durchfahren ist. Die 4 Fahrer, die sich in den letzten 18 Stunden ständig am Steuer abgewechselt haben, schauen immer häufi­ger auf die Karte, um die noch zu bewältigenden Kilometer abzuschätzen. Häufigere Pausen und Espressos mobilisieren die letzten Kräfte. Über eine Steilabfahrt geht es schließlich hinunter nach Genua. Und dort, wie immer, das gleiche Problem: der Fährhafen ist natürlich nicht deutlich ausgeschildert. Nachdem wir am Stadt­rand einen nicht unerheblichen Betrag für die Autobahnbenutzung hingelegt haben, verfehlen wir bei der Ein­fahrt ins Stadtgebiet leider die letzte Abfahrt und landen zwangsläufig auf der Hochstraße, die uns nun einmal längs am Hafen entlang durch Genua führt. Diese Hochstraße bietet uns einen prächtigen Ausblick hinunter ins Hafengebiet und auf der anderen Seite auf das am Hang liegende Genua, hat leider nur einen Fehler: keine Ab­fahrt hinunter, wohin wir eigentlich wollen. Dafür können wir im Vorbeifahren einen Blick auf ein Piraten­schiff werfen, das für einen Film von Polanski nachgebaut wurde und jetzt hier zu besichtigen ist. Am Ostende von Genua dann endlich eine Abfahrtsmöglichkeit - wir kennen das hier dunkel von anderen Fahrten, bei denen wir uns ebenfalls total verfahren haben. Heute, mit zwei Bussen, ist das alles aber noch viel schwieriger. Immer wieder muß der erste Wagen warten, bis auch der zweite Bus über die Ampel gekommen ist. Zeit, die Italie­nisch-Kenntnisse aufzupolieren. Wir fragen so an die 5 Leute nach dem richtigen Weg und bekommen minde­stens 7 verschiedene Antworten. Bei unserer Herumkurverei landen wir schon mal auf dem Parkdeck eines Su­permarkts; durchaus schon in Sichtweite unseres Fähranlegers; leider durch einige unüberwindliche Höhenme­ter von ihm getrennt. Ein freundlicher Italiener erbarmt sich unser und lotst uns entgegen der Fahrtrichtung wieder vom Parkdeck runter; mit dem Hänger hinter uns in den engen Fahrgassen nicht ganz einfach.

Dann ist es plötzlich ganz einfach: wir geraten hinter zwei Reisebusse, deren Ziel ganz offensichtlich auch der Hafen ist. Wir folgen ihnen dicht auf den Fersen und erkennen jetzt auch die winzigen Hinweisschilder, die an allen unmöglichen Stellen versteckt sind „Porto“. Und dann fahren wir in den völlig neugestalteten Terminal der Tirrenia ein; und siehe da: hier stehen schon andere Deutsche. Geschafft, 15 Uhr und noch genügend Zeit bis zur Einschiffung um 18 Uhr. Bis jetzt hat alles ganz prima geklappt.

Leider hat sich das Wetter inzwischen unmerklich verschlechtert: Genua zeigt sich mehr von der trüben Seite; dazu ist es nicht mehr besonders warm. Anders ausgedrückt: in unseren kurzen Sachen frieren wir! Also schnell wenigstens lange Hosen angezogen. Während wir am Kai erst einmal eine Pause einlegen, können wir im Ha­fenbecken neben großen Fischschwärmen auch anderes Treibgut bewundern: eine tote Ratte erweckt das Inter­esse der Jufis und lädt natürlich sofort zum Zielwerfen ein. Na ja, der Ratte wird’s wohl egal sein.

Die Kids ziehen nun für ein, zwei Stunden mit Anna, Svenja, Christoph und Florian in Kleingruppen los, um von Genua zumindest einen kleinen Eindruck zu bekommen. Die anderen Leiter, insbesondere die Fahrer, ge­nießen dafür die Stille und das Gefühl, nicht mehr im Wagen zu sitzen. Dann bereiten sie schon mal das Abendessen vor. Mexikanischer Feuertopf mit heißen Würstchen steht auf dem Speiseplan; der Einfachheit halber mit den Gasbrennern auf dem Asphalt zwischen den Bussen heiß gemacht. Andere Sardinien-Urlauber, die mit ihren Wagen nun nach und nach eintreffen, schlendern an uns vorbei und betrachten mehr oder weniger erstaunt unser improvisiertes Lagerleben. Mit Spülen ist natürlich auch nichts drin - also muß bei den Tellern und beim Löffel eine Küchenrolle als Ersatz dafür herhalten. Die Töpfe können wir ja morgen immer noch bei Pinuccio, unserem Bauern in Monti, spülen.

Zu Beginn der Einschiffung entsteht für uns nun aber ein neues Problem: anscheinend müssen hier in Genua immer noch alle Fahrzeuge rückwärts die Rampe ins Fährschiff hochfahren. Das kann man einerseits positiv sehen: es ist keine unsichere „Roll on - Roll off“-Fähre, sondern ein ganz normales Schiff mit Heckbeladung. Wie wir allerdings mit dem Hänger rückwärts und bergauf ins Schiff sollen, ist uns schleierhaft. Als wir dann endlich an die Reihe kommen, stellen wir uns einfach stur: nein, unmöglich, erklären wir, das geht rückwärts mit unserem Gespann nicht. Und danach stellen wir uns den italienischen Aufforderungen gegenüber einfach taub. Erfolg: wir können ganz normal reinfahren; oben wird einfach der Hänger kurz abgekoppelt und der Wa­gen einzeln im Schiffsbauch gewendet. Na also, geht doch!

Im allgemeinen Trubel oben an Deck dauert es eine ganze Weile, bis die gesamte Gruppe wieder zusammen ist. Danach suchen wir im Gewirr der Gänge und Treppen unsere 4-Bett-Kabinen, natürlich unter der Wasserlinie gelegen, das sind wir ja schon gewohnt. Die Belegung haben wir schon vorab abgesprochen; zu jeder Jufi­gruppe kommt mindestens ein Leiter. Damit sollte eigentlich die notwendige Nachtruhe gesichert sein. Mari­anne und Martin bekommen in einem anderen Teil des Schiffes eine Kabine zugewiesen, müssen sie aber mit einem anderen Fahrgast teilen.

Später treffen wir uns alle auf dem Oberdeck wieder. Von hier aus genießen wir einen schönen Ausblick auf das bereits abendlich beleuchtete Genua. Der Genuß wird aber ein wenig beeinträchtigt durch die schwarz her­anziehende Wolkenwand, die von See her genau auf Genua zuhält. Während die „alten Hasen“ von hier aus die Ausfahrt aus dem weitläufigen Hafengebiet verfolgen, durchstreifen die Jufis aufgeregt in Kleingruppen das Schiff von oben bis unten; verständlich, da es für die meisten von ihnen die erste größere Schiffsreise ist.

Mit dem Wetter haben wir dann doch noch Glück: das Unwetter zieht dicht am Schiff vorbei und trifft dafür Genua voll; wir dagegen müssen nur einige vereinzelte Regentropfen hinnehmen, die uns nicht vom Oberdeck vertreiben können, zumal wir bereits die Regenjacken als Windschutz angezogen haben. Nach dem Verlassen des Hafenbeckens schauen wir noch ein Weilchen auf die zurückbleibenden Lichter der Küste, ehe wir uns nach und nach in unsere Kabinen zurückziehen.


Sonntag, 3.10.99, 3.Tag

Die ersten sind noch vor Sonnenaufgang auf und draußen an Deck. Belohnt dafür werden sie mit einem präch­tigen Sonnenaufgang aus dem Meer herauf. Und dieser Sonnenaufgang ist problemlos zu erkennen, weil sich über uns bereits ein wolkenloser Himmel spannt! So haben wir uns das vorgestellt! Links hinter uns im Dunst sind noch die letzten Ausläufer von Korsika zu sehen; rechts gleiten die ersten Ausläufer der „Isola Asinara“ vorbei. Wir rätseln lang, ob das schon die Nordwestspitze Sardiniens ist, ein Blick auf die Karte zeigt später aber, daß es doch noch eine vorgelagerte Insel ist. Und dieses Sardinien, das nun langsam immer näher rückt, zeigt sich wirklich von der Sonntagsseite: schon um 7 Uhr ist es angenehm warm an Deck; die Schornsteine von Porto Torres vor uns liegen in hellem Sonnenschein. Welch ein Unterschied zum gestrigen Abend in Genua!

Das Andocken in Porto Torres gestaltet sich doch recht umständlich: ein Schlepper bugsiert unsere Fähre lang­sam zum Anleger, nachdem sich das Schiff im Hafen einmal gedreht hat. Nach und nach werden die Trossen festgemacht, und wir begeben uns zum Ausgang: die beiden Fahrer zu den Wagen, wir anderen zur Gangway. Dort dauert es entsprechend lang, ehe wir das Schiff verlassen können. Der Grund: die steile Gangway hinunter kann man nur in Einerreihe passieren, und das dauert halt seine Zeit, bis sich das Schiff geleert hat.

Aber uns drängt ja nun auch keiner mehr: volle 12 Tage haben wir nun Zeit, die Insel zu erkunden. Unten emp­fängt uns bereits Marianne zu einem ersten Gruppenfoto. Die beiden Busse stehen auch schon bereit; wir par­ken sie aber erst noch einmal am Stadtrand, um uns an einem Geldautomaten mit dem nötigen Kleingeld zu versehen - wer weiß, wann wir auf unserer Rundtour wieder mal einen Bankomat finden. Freundliche Sarden erklären uns den Weg zur nächsten Bank, und bald darauf haben wir die Reisekasse wieder prall gefüllt. Über altbekannte Straßen geht es nun aus Porto Torres hinaus und wir landen eine halbe Stunde später am „Plata­mona Lido“, dem Badestrand von Porto Torres. Und hier ist trotz der frühen Stunde schon viel los: Händler bauen ihre fliegenden Stände auf; erste Badegäste sind bereits am Strand oder im Wasser. Wir parken unsere Busse direkt in der Rotonde und bereiten hier das Frühstück vor. Die „Dienstgruppe“ der Jufis muß dazu mit sanfter Gewalt vom Strand weggeholt werden. Für sie gilt leider: erst die Arbeit - dann das Vergnügen. Da­durch haben die anderen Jufis beim Muschelsammeln natürlich einen Vorsprung. Sie schleppen ganze Wagen­ladungen an Muscheln zu den Bussen. Trotzdem ist nun für alle erst einmal Frühstück angesagt - das erste ge­meinsame Frühstück unterwegs. Das bringt beim Aufbau natürlich ein paar Schwierigkeiten. Na ja, das wird sich alles bald einspielen. Großen Anklang finden die danach geleerten Behälter unseres Dosenbrotes: sie eig­nen sich vortrefflich zum Verstauen der Muschelsouvenirs.

Aber nach dem Frühstück hält es keinen mehr vom Wasser weg: hinein ins nasse Vergnügen. Auch hier zeigt sich, daß manche Jufis sich nicht unbedingt an die vereinbarten Spielregeln halten - wir hatten natürlich ver­einbart, daß niemand ohne Aufsicht der Leiter allein ins Wasser dürfe - hier ist nun leider ein (erster) Anpfiff notwendig. Der ist aber schnell vergessen: das Wasser ist glasklar und warm; die Wellen plätschern sanft gegen den Strand; kurz gesagt: einfach schön! Die Mädchen schnorcheln herum und bestaunen den Meeresboden; die Jungen bauen derweil Sandburgen. Weil es ein wenig weiter draußen eine stärkere Brandung gibt, machen sich alle Schwimmer dorthin auf den Weg. Leider sind es nur ein paar Unterwasserriffe; trotzdem ganz interessant, auf ihnen herumzuklettern.

Am Strand können wir uns danach an einem Wasserkran zum Glück das Salzwasser abwaschen; an den Stän­den kann man sardische Süßigkeiten probieren. Und auf der Rotonde selbst gibt es eine kostenlose Lehrstunde in italienischer Höflichkeit: ein schlecht geparkter PKW versperrt einem Linienbus die Durchfahrt - das gibt zunächst ein Hupkonzert; danach eine äußerst lautstarke und eindeutige Auseinandersetzung zwischen den Fah­rern. Wir sind froh, daß unsere Wagen weit genug auf dem Gehweg stehen. Wir konnten ja auch nicht ahnen, welch ein Massenansturm an Leuten sich inzwischen hierher auf den Weg machen würde.

Unser Weg führt uns nun weiter an der Nordküste entlang in Richtung Castelsardo. Unterwegs halten wir an einem Alimentari, einem Lebensmittelmarkt, in dem man eine bescheidene Auswahl an Lebensmitteln findet. Dieser hier hat für uns eine besondere Bedeutung: schon zweimal haben wir hier Station gemacht, und wurden dabei von Signora Fine Giuseppina, einer alten Sardin, gut bedient. Heute haben wir ein Foto mitgebracht, daß sie mit uns zusammen während der letzten Tour zeigt. Und natürlich erkennt sie uns wieder! Und nachdem wir uns im Laden mit allerlei Trinkbarem eingedeckt haben (die Hitze ist inzwischen enorm); hat sie für uns eine ganze Kiste Weintrauben hervorgeholt. Wir sitzen draußen vor dem Geschäft und genießen neben den Trauben und Getränken die wärmende Sonne.

Bald darauf haben wir Castelsardo erreicht. Da Marianne und Martin schon mehrmals hier waren, übernehmen Jan, Svenja und Christoph die Leitung der Rundtour durch das idyllisch gelegene Städtchen. Während die Gruppe oben im Castello und der Altstadt unterwegs ist (und manche sich sogar in der Kirche als Rennläufer betätigen), halten die beiden dafür die Fahrzeuge im Auge. Danach ist auf der Piazza ein Eis fällig, ehe wir per Zufall am Stadtende noch einen geöffneten Souvenirladen entdecken. Da wir von den vorausgegangenen Fahr­ten wissen, daß insbesondere die berühmten sardischen „Bronzetti“, nachgemachte Bronzestatuen aus Nurag­hengräbern, in dieser Region hergestellt werden, schlagen wir hier nun kräftig zu!

Die Straße wendet sich nun von der Küste ab und schlängelt sich die ersten paar hundert Höhenmeter ins Berg­land hinein. Nächste Station für uns ist natürlich „l`Elefante“, der berühmte steinerne Elefant, der in keinem Bildband über Sardinien fehlt. Vor tausenden von Jahren zwar eine Begräbnisstätte, für unsere Jufis aber kein Grund, auf ein Durchklettern der engen Kammern zu verzichten. Und natürlich treffen wir an diesem Ort auf eine ganze Busladung deutscher Touristen. Es wird Zeit für uns, von diesen ausgetretenen Touristenpfaden abzuweichen!

Das wäre im Prinzip jetzt auch ganz einfach, wenn wir die kleine Bergstraße in Richtung Landesinnere weiter­fahren könnten - hier würde bestimmt kein Bus mehr durchfahren. Leider steht ein Sperrschild mitten im Weg: Straßenbauarbeiten; irgendwo, weiter oben im Gebirge. Während wir noch beraten, welche Ersatzstrecke wir nun wählen sollen, kommt von oben ein Wagen herunter. Wir halten ihn an und fragen, ob wir mit unseren Kleinbussen wohl auch durchkommen könnten. Kein Problem, meint der Sarde; einfach immer geradeaus! Die Sperrschilder sollten wir einfach umfahren und uns nicht weiter drum kümmern.

So einem netten Hinweis folgen wir natürlich gern! Und die „Baustelle“ ist dann auch wirklich nicht der Rede wert: zwar sind einige Felsbrocken von oben herabgestürzt und haben die Barrieren durchbrochen; dafür aber gleich die Straße zu sperren ist wohl etwas übertrieben. Die vielen Sarden, die uns entgegenkommen, sehen das wohl ebenso. Dann vor uns auf der Straße die erste Schafherde. Sardinien, wie man es aus den Reiseführern kennt. Dazu links und rechts ausgedehnte Korkeichenhaine. Für uns natürlich wieder ein Fotostop. Und die Jufis versuchen sich im Korkschälen.

Unmerklich ist die Zeit vergangen: 15 Uhr ist es inzwischen, und wir merken, daß uns die Zeit bis zum Errei­chen des Bauernhofes in Monti knapp wird. Nach einem kurzen Besuch von alten Wohnhöhlen aus der Zeit lange vor Christus erreichen wir den kleinen Ort Perfugas. Hier beschließen wir, von der vorgeplanten Route abzuzweigen: die neue Strecke ist zwar etwas länger; dafür werden wir aber bald auf die SS 597 stoßen, der Verbindungsstrecke zwischen Sassari und Olbia. Und dort werden wir wesentlich zügiger vorankommen als auf den gewundenen Bergstraßen im Norden. Die Landschaft um uns herum sieht trostlos aus: alles verdorrt; meist nur brauner, steiniger Acker. Kein einziger Flußlauf oder Bacheinschnitt führt noch Wasser. Hoffentlich sieht es bei Pinuccio in Monti nicht auch so aus!

Nein, zum Glück nicht! Als wir gegen 17 Uhr in den langen Zufahrtsweg zu seinem Bauernhaus einbiegen, atmen wir auf: hier ist alles noch satt grün! Vorab gibt es nun für unsere Jufis noch einige Verhaltensmaßregeln (besser ist besser). Und dann fahren wir bei Pinuccio vor. Andreana, seine Frau, hat schon seit Mittag auf unser Kommen gewartet und begrüßt uns alle in echter sardischer Art mit Wangenküßchen (für einige unserer Jufis etwas ungewohnt) - für uns das Zeichen, daß wir nun alle mit zur Familie gehören. Sie führt uns zunächst zum alten Stall; dort treffen wir auf Pinuccio selbst, der in seinem weitläufigen Gebiet nach dem Rechten schaut. Von Schafen ist aber weit und breit nichts zu sehen, trotz der eigentlich nun anstehenden Melkzeit. Pinuccio klärt uns auf: zur Zeit wird nicht gemolken, da die Schafe im November Junge bekommen. Schade, unsere Jufis hätten dabei gern mal mitgeholfen.

Ankunft in Porto Torres-tadeloses Wetter Gastgeschenk für Pinuccio Improvisierte Abendmahltafel

Zurück beim Haus drängt nun aber die Zeit: in einer Stunde wird es stockdunkel sein - bis dahin müssen die Zelte stehen. Zum ersten Mal während der Fahrt gehen die einzelnen Kleingruppen nun an die Arbeit: Boden­planen auslegen, Innenzelte ausbreiten, Gestänge einschieben und aufrichten; alles abspannen. Auf`s Außenzelt verzichten die Jufis auf den weisen Rat der Leiter: so können sie besser den sardischen Sternenhimmel genie­ßen. Na ja, und regnen wird es ja wohl nicht.......

Nach dem Einrichten versammeln wir uns bei Pinuccio und Andreana. Sie haben hinter dem Haus aus Tischen, Bänken und Stühlen für uns eine lange Tafel aufgebaut. Die Gaslampe gibt uns zusätzliches Licht; im bald dar­auf aufgebauten Bräter brutzeln der Leberkäse und die Spiegeleier. Eigentlich sollte es noch Pürree dazu geben; das ist uns heute Abend aber zu aufwendig. Die Kinder haben auch gar nicht mehr so großen Hunger. Als sie bald darauf müde in den Zelten verschwunden sind, hat Pinuccio für die Leiter noch einen Imbiß vorbereitet: Käse, sardisches Brot und natürlich Wein. Wir sitzen, noch in T-Shirt und kurzer Hose, mit der Familie zu­sammen in der warmen Nacht; erzählen und planen den morgigen Tagesverlauf. Kein Vergleich mit den sonst im Frühjahr doch recht kühlen Temperaturen nach Sonnenuntergang. Nur ein treuer Begleiter der Vorjahre fehlt heute Abend in unserem Bunde: Prizzi - der dreibeinige Kater! Nachdem ihn bereits während einer Brautschau schon mal ein Zug erwischt hatte (daher auch nur noch drei Beine); hat ihn zwischenzeitlich das Schicksal da­hingerafft. Für Pinuccio aber kein Problem: bei ihm heißen alle Katzen „Prizzi“ - und davon gibt es hier immer noch reichlich. Und wie schon der selige Prizzi, so mögen auch sie alle die harten Käseschalen, die immer wie­der von unserem Tisch für sie abfallen. Leider interessieren sie sich hinter uns im Halbdunklen auch sehr für die Reste in unserem Bräter - schließlich drehen wir die Pfanne nach unten (wir wollen morgen früh ja wieder Rührei drin herstellen)

So gegen zehn ist dann auch für uns Schluß; der Bauer muß ja morgen auch schon wieder gegen sechs raus. Wir sitzen noch auf der großen weißen Bodenplane zusammen und genießen einen letzten Schlummertrunk im Freien; auch Andree, Peter, Jan , Florian und Christoph haben sich inzwischen für eine Outdoor-Übernachtung entschieden und wollen hier auf der Bodenplane schlafen (denn leider kann man beim Hilleberg das Innenzelt nicht einzeln aufbauen). Nur Marianne und Martin halten an ihrem neuen Isfjell von Helsport fest; eine äußerst weise Entscheidung, wie sich eine Stunde später herausstellen wird! Denn da - man glaubt es kaum - beginnt es doch langsam aber sicher von oben zu tröpfeln. Und weil niemand weiß, ob sich das nicht doch noch zu ei­nem ausgewachsenen Regen entwickeln kann, müssen nun wohl oder übel mitten in der Nacht die Überdächer herausgekramt und drübergespannt werden. Und dabei schlagen jetzt bei den Jufis doch deutliche Schwächen beim Zeltaufbautraining zu Hause durch! Aber mit viel Gefluche ist das auch endlich geschafft; Ruhe senkt sich wieder über`s Lagergelände. Und leider hört es nach dem Aufbau der Überdächer selbstverständlich sofort auf zu regnen.


Montag, 4.10.99, 4.Tag

Das schöne Wetter lockt uns früh aus den Zelten. Nach dem Waschen versammeln wir uns wieder an der lan- gen Tafel des Bauern zum Frühstück. Die Rühreier mit Speck finden bei den Jufis keinen großen Zuspruch; sie halten sich lieber an Cornflakes mit Milch. Die Leiter freut das - so bleibt mehr für sie übrig. Mit Pinuccio ha­ ben wir vereinbart, daß wir am Nachmittag zur Weinlese gehen werden; er hat extra ein Feld stehenlassen, da­mit unsere Pfadfinder das mal live miterleben können. Da er am Vormittag zu einer Versammlung in Monti erwartet wird, werden wir diese Zeit ebenfalls für eine Erkundung dieses Städtchens nutzen.

Outdoordusche-natürlich kalt Gemeinsames Frühstück Frische Feigen vom Baum

Nach dem Frühstück schnallen wir uns die Day-Packs auf (weniger des Regenzeugs wegen, denn das lassen wir bei dem tollen Wetter gleich im Lager, sondern um die geplanten Einkäufe nach Hause zu bringen) und machen uns auf nach Monti; diesmal über die südliche Nebenstrecke. Es geht vorbei an saftigen Weiden; vom Weg durch Zäune oder kleine Mauern abgegrenzt. An einer Stelle rufen wir dabei wohl den Unmut einiger Hirten­hunde hervor: wild kläffend verfolgen sie uns einige Zeit an der Mauer entlang. Dann wird das Gelände weit­läu­figer; wir kommen jetzt durch große „Weinberge“, die hier aber flach ausgebreitet sind. Na, bei dieser Son­nen­einstrahlung muß man wohl nicht noch auf einen optimalen Winkel zur Sonne achten! Hinter den Feldern erhe­ben sich in der Ferne die Monte Limbara - wenn`s mit der Wanderung im Supramonte nicht klappen sollte, können wir in den Monte Limbara immer noch etwas organisiert bekommen. Unterwegs stoßen wir auf das tragische Ende eines großen, schwarzen Käfers: er ist in vollem Flug gegen einen Stacheldrahtzaun geprallt und hat sich dort selbst aufgespießt.

Peter erläutert uns so ziemlich jede Pflanze; vom einem Baum gibt es dann frische Feigen dazu. Kurz vor Monti stoßen wir dann auf ein riesiges Lager abgeernteter Korkplatten, die hier zum Trocknen ausgebreitet sind. Am gestrigen Abend hat uns Pinuccio noch gezeigt, wie die Bauern sich hier auf Sardinien daraus selbst ihre eige­nen Flaschenkorken schnitzen.

Dann liegt Monti mit seinen roten Dächern vor uns - eigentlich sieht das Städtchen nicht so „typisch sardisch“ aus - eher wie eine gemütliche Kleinstadt. Die Häuser liegen weit ausgebreitet in einer Ebene; dahinter beginnt aber gleich ein namenloses Gebirge, welches Monti vom rauheren Inland abgrenzt. Wir zeigen den Jufis schon mal den Aussichtspunkt weit oberhalb von Monti: das soll unser heutiges Tagesziel sein. Zuerst aber steuern wir schnurstracks den „Supermercato“, einen etwas größeren Alimentari an; größenmäßig natürlich nicht mit einem Aldi zu vergleichen, sondern eher mit Siebrichhausen. Uns reicht er aber: wir brauchen jede Menge Brot; dazu Milch und Margarine. Den Rest haben wir komplett in unseren Verpflegungskisten. Und die Jufis kom­men hier zum ersten Mal mit den „italienischen“ Überraschungseiern (natürlich von Ferrero) in Kontakt. Zum Mittagessen kaufen wir das „Pane Karasau“, das trockene sardische Hirtenbrot.

Und dann wird es schon Zeit für den Besuch bei Andreana und ihrer Tochter Annalisa; mit beiden sind wir in ihrer Stadtwohnung verabredet. Obwohl wir schon mehrfach dort waren, finden wir den Weg nicht auf Anhieb. Jan muß vorauseilen und das Terrain erkunden. Und nun sind auch unsere Jufis überrascht; genau wie wir vor Jahren: lernt man zuerst den Bauernhof und das Leben dort kennen, kann man sich kaum vorstellen, daß die Familie Nieddu hier in Monti noch ein richtiges „Stadtleben“ führt. Dementsprechend ist natürlich auch die Wohnung gestaltet. Andreana führt uns stolz herum. Seit unserem letzten Besuch hat sich hier alles verändert: aus den vielen winzigen Räumen wurde ein großer gemacht; alles ist jetzt mit großen Bildern und Spiegeln ausgestattet und verbreitet echt italienischen Flair! Hier kann man es sicher gut aushalten!

Besuch bei Pinuccio in Monti Rast auf dem Punto Panoramico oberhalb von Monti Panoramablick auf Monti

Bei der Verabschiedung müssen wir leider erfahren, daß die nahegelegene „Cantina Sociale“, also die hiesige Weinkellerei, leider schon über Mittag geschlossen hat. Es wird also nichts mit einem Kurzbesuch dort; und damit auch nichts mit einem Schluck sardischen Wein zum knusprigen Hirtenbrot. Zudem meutern jetzt noch einige Jufis und Leiter: sie wollen bei der Hitze nicht noch hinauf auf den Aussichtsberg. Die Lösung ist schnell gefunden: wer Interesse hat, kann mit hochwandern; die übrigen können unter der Aufsicht von Anna und Svenja inzwischen die Stadt unsicher machen.

Der Aufstieg hinauf zur Aussichtsplattform hat es nun aber auch wirklich in sich. Wir folgen zwar dem Sträß­lein, das sich in Serpentinen hinaufwindet; dieser Weg ist aber immer noch sehr steil. Und das ganze noch unter der prallen, sardischen Sonne. Man ist für jeden Schatten unterwegs dankbar. Kein Gedanke daran, daß wir schon Oktober haben und die Daheimgebliebenen in Deutschland jetzt im Regen sitzen (wie uns ein Anruf am Mor­gen versichert hat). Nachdem wir uns durch einige Felsspalten gezwängt haben, erreichen wir eine Art Turm mit einer kleinen Aussichtsplattform. Und die Aussicht von hier oben entschädigt wirklich für die Strapa­zen des Aufstiegs! Der Blick reicht weit nach Osten und Westen über die Tiefebene; im Norden wachsen die zackigen Gipfel der Monte Limbara hervor; im Westen kann man bereits das Meer bei Olbia erkennen. Und direkt zu unseren Füßen unter uns natürlich das komplette Monti. Den größten Gebäudekomplex bildet die Can­tina; hier werden die Weintrauben der gesamten Umgebung unter dem Namen „Vino di Colli Limbara“ , zu deutsch: Wein aus den Hügeln von Limbara, gekeltert.

Wir machen uns nun über das Brot her und teilen es mit den Ameisen auf dem Boden. Danach ist für Andree und Jan noch eine Runde Klettern in einem merkwürdig gespaltenen Felsen angesagt, ehe wir uns auf den Weg hinunter machen, um rechtzeitig am vereinbarten Treffpunkt im „Stadtpark“ von Monti zu erscheinen. Hier haben unsere Jufis inzwischen Kontakt mit den sardischen Schülern bekommen, die wohl gerade Schulschluß haben. Klar, blonde, deutsche Mädchen erregen hier natürlich Aufsehen. Und so sind unsere Damen froh, als wir auftauchen und sie von den neugierigen Blicken erlösen. Na ja, sie hätten ja auch mit auf den Berg kommen können. Im Laden dann nochmals einige Einkäufe, ehe es in kleinen Grüppchen in langgezogener Kette wieder zum Bauern geht.

Hier hat unsere Familie Nieddu schon alles für die nun anstehende Weinlese vorbereitet: auf dem Treckeran­hänger stehen jede Menge leerer, blauer Tonnen bereit (die sollen wir alle voll machen?); dazu legt Annalisa noch einige Astscheren. Pinuccio gibt uns zu verstehen, daß wir alle Mann hoch auf den Anhänger klettern sollen; das Weinfeld liegt anscheinend doch etwas weiter entfernt. Da Andree und Jan während der Weinlese mal ihre Kletterausrüstung erproben wollen, fahren sie mit dem Transit hinter uns her. In ausgelassener Stim­mung geht es nun erst einmal hoch zur Schnellstraße, von der wir vor zwei Tagen auch den Bauernhof angefahren haben.

Taxi zum Weinfeld Das sollen wir alles abernten?

Auf der anderen Seite erreichen wir bald ein Feld, das wir schon von unserem Besuch `97 her ken­nen: damals führte uns Antonello hier herum und zeigte uns, wie junge Weinstöcke angepflanzt und veredelt werden. Und was damals noch ein ziemlich wüster Acker war, ist jetzt voll mit grünen Weinstöcken; fein säu­berlich in lan­gen Reihen angeordnet; die einzelnen Weinstöcke so etwas über einen Meter hoch.

Pinuccio zeigt uns erst einmal, was wir denn nun eigentlich genau zu tun haben - und das ist eine ganze Menge: zuerst einmal müssen die einzelnen Reben vorsichtig vom Stamm abgeschnitten werden; danach kommen sie in die bereitstehenden Tonnen; die wiederum müssen, wenn sie voll sind, zum Hänger geschleppt werden. Wir teilen uns in verschiedene Kleingruppen auf, die sich jeweils eine Reihe Weinstöcke vornehmen, und dann geht`s los! Schon nach kurzer Zeit merken wir, daß so eine Weinlese ganz schön anstrengend ist; vor allem, wenn von oben die Sonne noch so gnadenlos brennt! Bald schon kleben die ganzen Hände von dem zuckrigen Traubensaft. Aber einen Vorteil hat das ganze ja: Weintrauben kann man dabei in rauhen Mengen so ganz ne­benbei vertilgen.

Nach etwa zwei Stunden (das Arbeitstempo hat langsam aber sicher nachgelassen) ist es endlich geschafft: der Trecker ist beladen mit randvoll gefüllten, blauen Tonnen (Annalisa mußte sogar noch Tonnen nachholen). Für uns alle eine ganz neue Erfahrung: jetzt wissen wir aus eigener Anschauung, wie sehr man sich plagen muß, bis man seine Weintrauben abgeerntet hat. Und das ist ja noch nicht alles! Zurück am Bauernhof geht die Arbeit natürlich noch weiter: unter dem Haus hat Pinuccio seinen Vorratskeller (man muß mal die vielen Würste, Schinken und Käse dort unter der Decke gesehen haben; dazu die vielen Weinfässer in der Ecke!). Und hier steht auch eine ziemlich altertümlich aussehende Traubenpresse. Aber - sie ist sehr effektiv, wie wir gleich sehen! Oben werden die blauen Tonnen reingeschüttet (ganz schön schwer, sie fast bis über Kopfhöhe hochzu­wuchten) und danach sind die Jufis und Leiter abwechseln an der Reihe, die Walzen der Weinpresse zu drehen. Und das ist wirklich eine anstrengende Arbeit! Aber auch das ist endlich geschafft; das große, 500 Liter fas­sende Plastikfaß unter der Presse ist bis oben hin gefüllt. Jetzt müssen draußen nur noch die leeren Tonnen aus­gespült werden, und wir können zur ersten „Weinprobe“ schreiten: Pinuccio füllt aus dem großen Faß einige „Reagenzgläschen“ ab und wer will, darf mal den frischen Traubensaft kosten. Dann wird - so verstehen wir Pinuccio - der Zuckergehalt gemessen. Er ist anscheinend gut; Pinuccio schätzt den demnächst fertigen Wein auf etwa 14% Alkohol. Demnächst bedeutet: Ostern 2000 - und einige von uns haben bereits spontan entschie­den, dann wieder zu Pinuccio zu fahren - zu einer neuen Radtour durch Sardinien. Gut, dann werden wir unser heute begonnenes Werk zu Ende bringen können! Pinuccio erklärt uns, daß aus den etwa 500 Litern „Rohmasse“, also Saft samt gequetschten Trauben- und Stengelresten, bald etwa 350 Liter Wein abgefüllt wer­den können; aus dem Rest (nennt man es Trester?) wird er dann noch „Fil e Ferru“, den sardischen Grappa destillieren (und den kennen wir mit seinen Prozenten inzwischen von den anderen Besuchen her auch schon aus eigener Erfahrung....)

Geschafft-der Hänger ist gefüllt Jetzt werden noch 500 Liter per Hand gekeltert

Draußen können wir nun einen Sonnenuntergang hinter der Bergkette der Monte Limbara genießen - dann heißt es aber auch schon wieder an die Arbeit! Für den heutigen Abend haben wir die ganze Familie zum Abendessen eingeladen. Das ist für uns inzwischen schon eine gute Tradition: auf jeder Fahrt versuchen wir, unseren sardischen Freunden einmal eine typisch deutsche Küche zu präsentieren. In diesem Jahr nun trägt un­ser lukullisches Mahl den klangvollen Namen „Bauernfrühstück“. (Sauerkraut mit Kassler, Erbsensuppe und Semmelknödel mit Gulasch haben wir bereits schon mal gehabt). Und obwohl viele Dinge quasi bereits vorge­fertigt sind (z.B. die Kartoffeln in Alupacks aus dem Lidl - na ja, man kann sie essen, und Kartoffelschälen braucht man dabei auch nicht), nimmt es doch eine ganze Zeit in Anspruch, bis in unserem Bräter endlich die dreißig Eier über den Kartoffeln und dem Speck stocken. Dazu werden Cornichons gereicht; zum Nachtisch gibt es Kirschen mit viel Schlagsahne.

Und danach machen wir es uns in einer großen Runde bequem: Andreana hat inzwischen in einer Mauerecke ein prasselndes Feuer entfacht; Brot, Wein und Käse stehen schon wieder als Stärkung auf dem Tisch, und jetzt kommt auch die Gitarre zum Einsatz. Wir singen eine Menge; selbst Annalisa beteiligt sich bei den vielen englischen Liedern. Ab und zu kippt Pinuccio mal einen Schuß Fil e Ferru ins Feuer, wenn es zu weit herunterge­brannt ist. Bei „U Alele“ geben wir unser Bestes; danach hat Martin für mehrere Tage Probleme mit der Stimme. Und Peter hat ab diesem Abend einen zusätzlichen Namen: Annalisa gibt ihm den Beinamen „Pietro Potente“, als sie von seiner Kinderzahl zu Hause hört. Zu lange bleiben wir an diesem Abend aber nicht auf: morgen beginnt unsere große Sardinien-Rundtour - und das wird sicher auch ziemlich anstrengend werden!


Dienstag, 5.10.99, 5.Tag

Wieder mal sind wir früher auf als die Sonne; gegen 7:15 Uhr kommt sie hinter den Hügeln von Olbia herauf. Heute ist also Start zur Rundtour durch Sardinien. Nach einem ersten Kaffe am Zelt geht es ans Zusammenpac­ken. Beim Zeltabbau macht uns der Wind zu schaffen; die Jungen, die ganz oben auf dem Gelände gezeltet ha­ben, wundern sich, als sich ihr Zelt plötzlich selbständig macht, nachdem sie alles herausgeräumt und die Bo­denhäringe gelöst haben. Bei der Schlußkontrolle des Platzes ist hier auch noch ein Paar Socken übrig. Aber das kennen wir ja schon vom Vorbereitungslager her....

Während eine Gruppe sich mit dem noch zu spülenden Geschirr vom Vorabend beschäftigt, machen sich alle anderen schon mal ans Laden der Busse und des Hängers. Dann verabschieden wir uns von Pinuccio und An­dreana, die einen Termin in der Stadt haben; dazu gibt es einen Fil e Ferru (natürlich nicht für die Fahrer...) und für alle eine Einladung zum Essen am Mittwoch, wenn wir wieder von unserer Rundreise zurück sind.

Wir bleiben allein auf dem Bauernhof zurück und beeilen uns nun mit den letzten Reisevorbereitungen. Heute liegt noch eine lange Strecke bis nach Bosa vor uns. So gegen 9 Uhr sitzen wir aber endlich alle in den Bussen und wollen los - das geht aber nicht, weil der Sprinter keinen Mucks von sich gibt. Erster Schock des Tages: die Batterie ist völlig leer! Kein Wunder, war doch unsere Kühlbox leichtsinnigerweise zwei Tage lang am Zi­garettenanzünder angeschlossen. Nun, mit zwei Bussen normalerweise auch kein Problem: dann muß der Tran­sit eben Starthilfe geben. Auch das kennen wir ja schon von 1989! Dicke Starthilfekabel für Dieselmotoren haben wir vorsorglich im Gepäck - schnell stehen die Wagen Schnauze neben Schnauze.

Leider spielt nun der Mercedes aber trotz korrekter Kabelverbindungen immer noch nicht mit! Erst ein Blick in die Betriebsanleitung (zum Glück im Handschuhfach) gibt den entscheidenden Hinweis: plus an plus und minus an minus - das funktioniert bei den modernen Wagen anscheinend nicht mehr; der Sprinter hat für die Masse stattdessen spezi­elle Punkte. Und das klappt dann zum Glück auch. Der Diesel springt problemlos an und unse­rer Abfahrt steht nun nichts mehr im Wege. Wohl aber dem langerwarteten Radio- und Cassettengenuß! „SAFE“ blinkt im Dis­play des Radios; laut Anleitung muß nun nur noch der vierstellige Code eingegeben wer­den, zu finden auf der Code-Karte. Und die liegt natürlich in Brilon bei der Firma Witteler im Büro! Wir trösten uns damit, daß wir dort ja im Laufe des Tages mal anrufen können......

Batterieschaden-die Kühlbox war zu lange dran Eine Weintankstelle-so etwas gibts tatsächlich

Egal, wir müssen jetzt endlich los! In Monti wird erst einmal aufgetankt; aus Sicherheitsgründen mit laufendem Motor. Weiter geht es zur Cantina Soziale zum Weinkauf. Wozu sollen wir unterwegs in Supermärkten den Wein für die Rundreise kaufen, wenn man ihn hier in der Cantina echt preiswert (und vor allem qualitativer) mitnehmen kann! Auch hier lassen wir den Motor des Sprinters weitertuckern.

Während wir in der Cantina die verschiedenen Weine kosten und auswählen - schließlich bleiben wir beim „Thaora“, einem Rosewein, und dem bewährten „Abbaia“, einem dunklen Rotwein - haben wir auch Gelegen­heit zu beobachten, wie draußen die Bauern der Umgebung ihre Trauben anliefern. Ungewöhnlich für uns auch die Art und Weise, wie der normale Tafelwein hier in der Cantina verkauft wird: man braucht bloß große 5-Liter-Flaschen; besser noch Kanister - der Rest wird von der uns schon seit Jahren her bekannten Angestellten an der „Weintankstelle“ erledigt.

Im Zentrum von Monti fahren wir dann den Stadtpark an, kaufen im Supermercato für`s Frühstück ein und stärken uns für die lange Fahrt (immer noch mit leise laufendem Motor.....). Als alles wieder im Hänger ver­staut ist, gibt`s kurz darauf die zweite Aufregung des Tages: wir schaffen es doch tatsächlich, uns im Gewirr der Straßen und Gassen von Monti zu verfahren und uns mit den beiden Fahrzeugen gegenseitig aus den Augen zu verlieren. Bange Minuten der Suche, der Frage: wo sind die anderen hin? Der rettende Griff zum Handy bringt auch nichts, weil das andere Gerät scheinbar ausgeschaltet ist. Zum Glück sitzen in beiden Bussen Leute, die die verschiedenen Ausfallstraßen aus Monti heraus kennen. Nach 10 Minuten ist auch dieses Problem zum Glück gelöst.

Über die folgende Fahrt quer durch Sardinien, quasi von der Ostküste hinüber zur Westküste, ist nicht viel zu berichten: es geht halt immer möglichst zügig geradeaus! Vorbei an Sassari, der einzigen „Großstadt“ im Nor­den, steuern wir auf Alghero zu. Kurz zuvor biegen wir ab in Richtung Capo Caccia. Hier liegt unser erster tou­ristischer Höhepunkt: ein Besuch in der dortigen Tropfsteinhöhle. Höhepunkt auch deshalb, weil wir vom Kap über 600 Stufen hinunter zum Höhleneingang runter müssen. Schon von weitem leuchtet uns das azurblaue Meer entgegen; leider auch mit einigen weißen Schaumkronen! Und die sind dann auch schließlich dafür ver­antwortlich, daß wir am Beginn der steilen Treppe vor einem soliden Eisentor umkehren müssen: wegen des starken Seeganges ist die Höhle heute geschlossen. Sie liegt mit dem Eingang nur einen knappen Meter über dem Meeresspiegel und dürfte daher heute unter Wasser stehen. Schade - aber da ist leider nichts zu machen. Wir vertrösten die Jufis auf die Dias von 1989.

Dafür steuern wir kurz hinter dem Kap einen „Punto Panoramico“ an; von hier aus hat man zumindest eine gute Aussicht auf die Steilküste des Capo Caccia. Gegen 14 Uhr erreichen wir dann Alghero, eine große Hafen­stadt an der Westküste. In Kleingruppen machen sich die Jufis hier für ein, zwei Stunden auf den Weg, um die Altstadt auf eigene Faust zu erkunden. Leider sind jetzt, zur Siestazeit, alle Läden geschlossen. Verpflegung für den Abend können wir daher auch keine Einkaufen. Vor allem das Trinkwasser macht uns dabei Sorgen: wir hätten beim Bauern doch besser alle Kanister gefüllt!

Über die imposante Küstenstraße geht es nun südwärts; in stetem auf und ab. Wir wundern uns selbst darüber, daß wir hier vor vier Jahren mit dem Rad hergefahren sind. Der Grund ist aber ganz einfach: die weiter land­einwärts verlaufende Parallelstraße hat noch mehr Steigungen, wie man unschwer der Karte entnehmen kann.

Und die Küstenstraße bietet jetzt, am Nachmittag, wirklich atemberaubende Blicke hinaus aufs Mittelmeer. Ziel des Tages ist nun ein Plätzchen, auf dem wir seit Jahren immer wieder frei gecampt haben. Doch zu unserem Schrecken hat sich hier inzwischen alles recht drastisch verändert - und für uns durchaus nicht zum Positiven! Da, wo früher nur eine kleine, staubige Haltebucht neben der Straße war, ist jetzt ein frisch asphaltierter Park­streifen, sogar mit Zebrastreifen! Und unten am Meer scheint man so was wie einen Golfplatz angelegt zu ha­ben. Und mit unserem Plan, durch das rostige Eisentor unbemerkt hinunter zur Küste verschwinden zu können, wird auch nichts! Da hat uns die Erinnerung einen Streich gespielt: Weder die Torbreite würde für unsere Busse ausreichen, noch der sich anschließende steile Weg hinunter zum Strand. Der Transit fährt nochmals zurück, um etwa 2 Kilometer vorher nach einem anderen Weg hinunter zum Meer zu suchen - leider Fehlanzeige. Von unten herauf sind inzwischen zwei deutschsprechende Italiener hochgekommen; wir erkundigen uns nach dem „Golfplatz“ und erfahren, daß es sich doch tatsächlich um ein „Area Picnic“, also um eine erlaubte Campingflä­che, handelt. Sehr gut, jetzt müssen wir nur noch die passende Zufahrt dahin finden. Die liegt auch 2 Kilometer weiter in Richtung Bosa - sogar mit Hinweisschildern. Leider hat sie den Nachteil, daß das dortige Eisentor; schön breit und wie geschaffen für unsere großen Busse, mit einer häßlichen Eisenkette samt zugehörigen Schloß versperrt ist.

So bleibt uns nur unser bereits zuvor diskutierter Alternativplan: Kochen und Essen oben an den Bussen, neben der Straße; Schlafen unten in den Zelten am Strand. Zur Sicherheit werden Christoph und Florian in den beiden Bussen schlafen (ausgerüstet mit Handy, wuchtiger, langer Maglite und einem Pfefferspray.....).

Nachdem diese Entscheidung gefallen ist, muß sich die Küchenmannschaft nun auch zügig ans Werk machen: Linsensuppe mit Speck und Würstchen stehen auf dem Speiseplan. Und die beteiligten Jufis merken rasch, daß das mehr an Arbeit bedeutet, als nur ein paar Dosen zu öffnen: ein ganzer Sack Zwiebeln geht bei 18 Leuten drauf; dazu ein großes Stück Speck; und das muß alles erst einmal kleingeschnitten werden. Und an die 20 Konservendosen mit Suppe oder Würstchen mühsam per Büchsenöffner am Taschenmesser zu öffnen (der mit­gebrachte Dosenöffner aus der Küchenkiste gibt bereits bei der ersten Dose seinen Geist auf) ist ebenfalls ziemlich ungewohnt. Außerdem wird den Jufis schnell klar, warum manche Werbemittel-Taschenmesser eben nur „Spielzeug“ sind: die daran befestigten Dosenöffner taugen einfach nichts. So müssen einige Leiter helfend eingreifen.

Als der Transit aus dem nahegelegenen Bosa mit den wichtigen Einkäufen zurück ist, geht es noch bei Tages­licht ans Essen. Anschließend wird kurz gespült und dann müssen wir Zelte und Rucksäcke hinunter zum Strand tragen. Hier ist genügend Platz, daß jede Gruppe ihr Zelt ungestört aufbauen kann. Danach bleibt Zeit, den Sonnenuntergang über dem Meer zu genießen; leider durch die gelegentlichen Wolken ein wenig gestört. Wir sitzen noch lange in kurzen Hosen am Strand vor den Zelten; die Luft ist immer noch sehr warm. Über uns zeigt sich langsam der sardische Sternenhimmel in all seiner Pracht. Die Jufis werden nicht müde, am Strand Muscheln zu sammeln oder sich aus Steinen eine Art Burg zu bauen.

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