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Trekking auf dem E 1 von Bocca Serriola zum Monte Cucco
Unterwegs auf dem Wanderweg SAN GIORGIO von Colle nach Assisi


Reisetagebuch, Teil 3

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Dienstag, 28.7.2009, 11. Tag

Schon vor sechs sind heute alle auf den Beinen. Uns ist klar: heute werden wir noch in der morgendlichen Kühle laufen, so weit das hier im Sommer überhaupt möglich ist. Uns locken natürlich auch die Fleischtöpfe Assisis…



Nach dem Morgenkaffee werden also schnell die wenigen Ausrüstungsteile, die wir in der Nacht benötigten, zusammengepackt – und schon vor sieben Uhr sind wir unterwegs! Der 51 führt uns bald zu einem Bauernhof und einem Agriturismo samt Schwimmbad. Aha, daher stammte also das Kindergeschrei, das wir gestern Abend noch gehört hatten. Und das Grunzen der Schweine ist auch geklärt: keine Wildschweine im Busch sondern viele, viele große und kleine Schweine, die sich in ihrem Gehege drängen und uns überrascht beobachten. Etwas weiter hängt eines der Tiere an einer Leiter und hat augenscheinlich gerade sein Leben ausgehaucht. Der Metzger grüßt freundlich zu uns zurück…

Nun geht es auf gutem Weg immer weiter bergab; wir treffen auf einen freundlichen Hirten und seine beiden (etwas weniger freundlichen) Hunde, die auf dem Weg vor uns her eine Schafherde treiben. Jan macht uns aber wenig Hoffnung, daß sich der Weg auf Dauer so halten wird. Es soll zwar weiter abwärts gehen, und zwar runter bis zur Ponte Marchetto, hinunter bis auf 424 m; danach soll es aber wieder aufwärts gehen, bis an die 700 Meter Höhe!

Der tatsächliche Wegverlauf des 51 weicht auch ein wenig von der vorberechneten Route ab; insbesondere bei der Taldurchquerung, die nun vor uns liegt. Das war mit Google Earth so leider nicht genau zu erkennen. Da wir aber penibel genau dem 51 folgen wollen, müssen wir einige Abweichungen in Kauf nehmen.

Immer tiefer geht es hinab; teilweise müssen wir an Weggabelungen erst nach beiden Seiten ausschwärmen, um den richtigen Weiterweg zu finden. Schließlich erreichen wir eine alte, halbzerfallene Brücke über den Fosso di Caviato. Hier machen wir im Schatten unsere Frühstückspause. Ein kleines Stück weiter erreichen wir dann schon den tiefsten Punkt unserer heutigen Tagesetappe an der beeindruckenden Ponte Marchetto. Sie scheint ziemlich neu zu sein bzw. renoviert; natürlich bezahlt mit Mitteln der EU. An dieser Stelle kreuzen wir den Weg 62, der ebenfalls von Assisi kommt, dabei aber die Talvariante nutzt.



Nach dem Höhenmeterverlust von 874 m runter auf 424 m folgt nun gnadenlos der Gegenanstieg! Schnaufend und schwitzend kraxeln wir ohne zu murren bergan, wohl wissend, daß am Ende der Alimentari auf der Piazza Mateotti auf uns wartet…

Die Gegend wird bewohnter; wir passieren Gehöfte und verschiedene Agriturismen, bis wir endlich eine Teerstraße erreichen, die uns durch die weitläufige Ortschaft Costa di Trex führt. Nach einiger Zeit läuft unser 51 unterhalb dieser Straße entlang, bis er wieder zu ihr hochschwingt und sie kreuzt. Und dann folgt das eigentliche Martyrium dieses Tages!

Schön schattig aber auch schön bergauf geht es nun auf einem schmalen Waldpfad; immer dem Nordwesthang des Monte Subasio folgend. Aus den 600 Metern an der Kreuzung werden immer mehr; schließlich sind wir fast bei 700 Höhenmetern angekommen.

Wir atmen erleichtert auf, als sich der Weg schließlich verbreitert und langsam, aber stetig fällt. Vor uns taucht ein Mann auf, der zwei Stühle aufbaut und sich hier anscheinend häuslich niederlassen will. Ein Maler? Wohl kaum, denn ringsum ist nur dichter Wald, der nicht unbedingt für ein Bildermotiv taugt. Kurze Zeit später nähert sich uns eine Frau – aha, ein kleines Stelldichein vielleicht? Und schon hört man vor uns Lachen und Schreien. Wir nähern uns anscheinend der Zivilisation.

Und tatsächlich – kurz darauf taucht vor uns eine Burganlage auf; die Rocca Minora, an der sich eine Gruppe junger Leute im Abseilen übt. Wir dagegen nutzen den ersten Brunnen auf der Tour dankbar für eine Abkühlung.



Wenig später können wir an der Porta Cappuccini unsere beiden GPS-Geräte ausschalten. Es ist vollbracht! Der Sentiero San Giorgio ist auf voller Länge markiert. Knapp 7 Stunden Gehzeit insgesamt; 991 Höhenmeter bergauf, knapp 26 Kilometer Gesamtlänge. Ein Weg, den man nicht unbedingt in nächster Zeit noch einmal laufen müßte…

Jetzt geht es erst einmal zügig runter zur Piazza Mateotti, wo wir uns das wohlverdiente Birra gönnen (eigentlich eher im Plural, Birre…). Danach müssen wir noch einmal die über 100 Höhenmeter hinauf zum Campingplatz Fontemaggio.



Hier treffen wir überraschenderweise auf Claudio, den wir eigentlich noch bei Massimo in Berlin wähnen. Er bietet uns zu einem guten Preis zwei Zimmer in der neu gebauten Ostello an. Das nehmen wir gerne an! Und so stehen wir bald unter der Dusche und waschen uns den Schweiß der letzten beiden Tage vom Körper.

Danach bleibt noch Zeit für einen Besuch im „La Stalla“. Während sich die einen mit Vino Bianco und Acqua begnügen, testen Jan und Martin schon mal die Spaghetti. Hinterm Tresen begrüßt uns Benito, der uns zwar erkennt, aber irgendwie namentlich nicht so richtig zuordnen kann. Aber auch kein Wunder bei dem ständigen Touristentrubel hier.

Anschließend ist ein Stadtbummel angesagt. Einige waren ja noch nie hier; die anderen wollen halt ihre Erinnerungen auffrischen. Jan muß zudem hier einen Schatz suchen und den aus Deutschland mitgebrachten hier deponieren.

Nachdem dies alles geschehen ist, treffen wir uns am Platz vor der Kirche Santa Chiara wieder. Hier kommen wir in Kontakt mit Pfadfindern aus Agrigento in Sizilien. Sie waren auch auf dem E 1 unterwegs; oben, in Valsorda und später in Gualdo Tadino. Für unsere Visitenkarte schneidet sich der Capo von seiner Kluft das italienische Nationalitätenkennzeichen als Gegengabe ab. Mal sehen, ob sie uns schreiben werden.



Danach trennen sich unsere Wege. Matthias, Florian und Christian bleiben unten in der Stadt, um sich das abendliche Treiben anzusehen; wir anderen laufen wieder zum Platz hoch und gönnen uns im La Stalla, genauer gesagt draußen unter dem Vordach, ein äußerst leckeres Abendessen. Am Ende sind wir der Meinung, daß dies wohl das beste Essen der Tour gewesen sein dürfte.


Mittwoch, 29.7.2009, 12. Tag

Noch einmal der Luxus einer warmen Dusche, ein Kaffee, dann räumen wir die Zimmer und verabschieden uns oben von Benito. Vor der Tür zur Rezeption gibt`s noch ein Erinnerungsfoto, dann machen wir uns auf den Weg hinunter zur Piazza Mateotti.

Hier frühstücken wir und nehmen dann den Stadtbus runter zum Bahnhof. Jetzt müssen wir uns zunächst einmal mit dem Fahrkartenautomaten beschäftigen, der nur EC-Karten akzeptiert, aber kein Bargeld. Der Schalter macht erst nachmittags auf. Inzwischen sind unsere Italienisch-Kenntnisse aber so gut, daß wir problemlos damit zurechtkommen.

Da der nächste Zug erst in einer guten Stunde fährt, bleibt für Simone noch Zeit, schnell der großen Kuppelkirche einen Besuch abzustatten. Leider kann sie dort keine (unerlaubten) Fotos machen, da nur wenige Besucher in der Kirche sind, dafür aber jede Menge an Aufpassern.

Mit dem Zug geht es nun nach Foligno. Leider scheint vor ein, zwei Minuten ein Anschlußbus nach Gaifana abgefahren zu sein. Pech. In einer guten Stunde soll aber ein weiterer Bus gehen. Genug Zeit also, die paar Straßen zum „Maxi Tigre“ zu laufen und dort einige Köstlichkeiten für ein zweites Frühstück bzw. Mittagessen zu besorgen.

Mit unseren Vorräten ziehen wir uns in einen kleinen, ringsum von Mauern umschlossenen Park zurück, den wir seit 2004 kennen. Inzwischen ist er aber ziemlich verwildert und heruntergekommen.

Plötzlich ein Schrei und ein dumpfer Knall – aha, da muß es wohl einen Unfall gegeben haben. Die meisten von uns stürzen sensationslüstern zum Parkausgang – viel zu sehen gibt es aber nicht. Zum Glück nur ein Blechschaden.

Pünktlich zur Abfahrt des Busses sind wir dann wieder am Bahnhof. Der Bus kommt auch – Pech nur, daß unsere Fahrkarte für diese Buslinie nicht gültig ist. Zusatzkosten 4,50 Euro je Person – die meisten wollen lieber warten, bis in knapp zwei Stunden der nächste Zug fährt.

So vertrödeln wir unsere Zeit auf dem Bahnhof und üben uns in Geduld. Zum Glück steht unser Zug dann schon recht bald abfahrtsbereit und hat zudem noch ein klimatisiertes Abteil. Die Kühle kommt uns bei den Außentemperaturen gerade recht!

Kurz vor Gaifana können wir dann noch einmal unseren San Giorgio-Weg durch den Hohlweg sehen, ehe wir in Gaifana aussteigen. Hier werden wir vom Zugbegleiter zur Eile angetrieben – gleich soll anscheinend auf Gleis 1 der Gegenzug einlaufen. Den warten wir noch ab und machen uns dann auf den Weg entlang der staubigen Landstraße.



In Gaifana wird im Zentrum gerade eine Bühne errichtet. Heute Abend wird hier in gualdesischer Mundart ein Theaterstück aufgeführt. Uns dagegen zieht es mehr in Richtung Bar. Eis oder kaltes Bier – hier kommt jeder auf seine Kosten.

Danach bleibt uns leider der gut halbstündige Fußweg nach Colle nicht erspart. Zurück auf unserer Terrasse werden wir von Dani und Marianne begrüßt, die die letzten Tage hier auf dem Gelände und in Colle relaxt haben.



Da am Mittwoch anscheinend in der Cantina Ruhetag ist, entschließen wir uns zu einem Besuch in der Pizzeria, unten an der SS 3 kurz vor Nocera Umbra. Als wir dort eintreffen, will uns die junge Bedienung unbedingt ins Innere der Pizzeria lotsen. Hier finden wir aber keinen guten Platz für neun Personen, und die Angestellte macht auch keine großen Anstalten, uns bei der Platzsuche zu unterstützen.

Martin erklärt ihr daher, daß wir lieber draußen essen würden und nicht bei dem schönen Wetter drinnen. Das ginge nicht, bekommen wir zur Antwort. Okay, wir können auch anders. Wir bedanken uns und erklären ihr, wir würden zur Pizzeria nach Boschetto fahren, denn da könne man draußen essen. So schnell kann man 150 Euro Umsatz verpassen…

Und in Boschetto werden wir wirklich freundlich empfangen und genießen einen schönen Abend mit leckerem Essen in der angenehm lauen Abendluft. Mit guter Bettschwere geht es anschließend zum Camp zurück.


Donnerstag, 30.7.2009, 13. Tag

Der einzige richtige Tag zum Relaxen auf dieser Tour! Keine Hast beim Aufstehen und in aller Ruhe dann runter zur Piazza zum Frühstück. Marianne hat für heute 20 Brötchen bestellt; die bezahlen wir auch, finden am Ende aber nur 16 Brötchen in der Tüte vor…

Noch vor dem Frühstück haben Valle und Jan aber noch das letzte Projekt der diesjährigen Tour in Angriff genommen: die Renovierung unseres Wenholthausen-Schildes unten bei Francos Einfahrt zur Villa della Cupa. Martin hat dazu alles an Schleifpapier, Farben und Pinsel eingepackt.



Während die meisten anschließend durchs Dorf wieder hinauf zum Platz gehen, schlendern Marianne und Martin noch einmal unten durch das Dorf. Groß ist die Überraschung, als sie unterhalb der Container-Kirche, die jetzt zum Dorftreff umfunktioniert ist, auf eine bekannte Gestalt stoßen! das ist doch nicht etwa Antonio? Doch, er ist es tatsächlich – und groß ist die Freude auf beiden Seiten. Seit 2007 haben wir nichts mehr von ihm gehört und dachten, er wäre vielleicht krank.

Weit gefehlt! Seit diesem Frühjahr hat er sich hier unten ein Holzhaus gemietet. Stolz zeigen er und Mariella uns ihre Wohnung – und die ist wirklich recht komfortabel. Nach langem Plausch versprechen wir, morgen vor der Abfahrt mit allen noch schnell zu einem Kaffee vorbei zu schauen.

Zurück auf dem Lagerplatz wird nun viel gelesen oder einfach nur im Schatten gefaulenzt. Jan und Valle haben dazu aber nicht die rechte Ruhe und starten ein weiteres Projekt: die armen Bäume ringsum werden fachmännisch vom Efeu befreit!

Nachmittags fahren dann einige nach Nocera Umbra, um sich dort ein wenig umzuschauen und ein Eis zu genießen, der Rest bleibt bei den Büchern im Camp. Gegen Abend ziehen wir dann noch in den Olivenhain und genießen die Abendstimmung, ehe es zum letzten Abendessen hinunter zu Gabriella und Franco geht. Vorher können wir aber noch eine besondere Spezialität genießen. Unser Wohnwagennachbar kommt mit einer Flasche Schnaps an, deren Geschmacksrichtung wir zunächst nicht definieren können (schmeckt aber gut!): erst als er uns die Früchte zeigt, erkennen wir es: Kastanienschnaps! Wir müssen die ganze Flasche leeren, einschließlich der Früchte…



Hier begleichen wir zunächst mal unsere Schulen und kaufen Olivenöl, Pasta integrale, Farro und Nocino ein. Von Franco bekommen wir ein großes Paket mit den inzwischen von ihnen auf deutsch und italienisch(!) gedruckten Wanderwegs-Heften (basierend auf unserem Projekt von 2006/2007) und dem Rezeptheft. Tatsächlich – sie haben dieses Vorhaben wirklich abgeschlossen! Sogar drei weitere Hefte in identischer Aufmachung sind erschienen!

Danach lassen wir uns zum letzten Abendessen nieder – und das hat es noch einmal in sich! Hier mal kurz aufgezählt, was man doch so alles in zwei, drei Stunden vertilgen kann: Bruschetta, Farro, Lenticchie, Pasta, Polenta con Funghi, Zuppa di Cipolle, Salcicce, Scamorca e Prosciutto, Tiramisu con le Ricotta… Am Ende bleibt sogar noch Wein in der Flasche und ein Tantum Ergo bzw. ein Nocino paßt beim besten Willen nicht mehr rein!



Nach einem herzlichen Abschied von Gabriella, Franco und einem Gruß an die Küchendamen machen wir uns, kutschiert von unserem Lagerfahrer Matthias, hinauf in die Zelte und unsere Schlafsäcke.


Freitag, 31.7.2009, 14. Tag

So gegen halb sieben sind die ersten von uns auf und beginnen mit dem Packen. Dazu einen letzten Kaffee auf „unserem“ Platz und eine letzte kalte Dusche. Bei diesen italienischen Temperaturen kann man sich an so was glatt gewöhnen.

Danach beginnt das Verladen des Gepäcks im Transit – diesmal bleibt nur ein Rucksack übrig, der während der Fahrt an der Schiebetür deponiert werden muß. Zuletzt bringen wir die ausgeliehenen Stühle zurück und suchen den Platz noch einmal nach vergessenen Abfällen oder Ausrüstungsteilen ab, dann rollt der Transit hinunter zu Villa della Cupa. Ein letzter Abschied von Franco und Luciano, die am Trecker herumwerkeln, dann sind wir unterwegs in Richtung Heimat.

Letzte Station in Colle ist noch am Holzhaus von Antonio; unten in der Container-Siedlung. Hier sind wir noch auf einen Kaffee eingeladen. Wir werden herzlich von Antonio und seiner Frau Mariella begrüßt – bis wir an den Kaffee kommen, sollen wir es uns auf der Veranda im Schatten gemütlich machen. Interessant, wieviel Platz und welchen Komfort das kleine Holzhaus bietet! Hier sind die beiden auf jeden Fall besser aufgehoben als oben auf dem Campingplatz mit der nur noch notdürftig funktionierenden Infrastruktur.



Während wir den Kaffee trinken, hält plötzlich ein Trecker – und darauf sitzt Alvaro, den wir ja schon ebenfalls sehr lange kennen. Auch hier noch eine schnelle, herzliche Begrüßung. Inzwischen brennt die Sonne bereits erbarmungslos vom Himmel und wir sind froh über jeden Schatten.

So gegen halb zehn sind wir dann aber schließlich unterwegs in Richtung Gualdo Tadino. Hier gibt es noch einen Zwischenstop am COOP, wo sich jeder nach eigenem Gusto mit Frühstückssachen und Getränken eindecken kann.

Unsere Fahrt führt uns nun auf bekannten Wegen über Sigillo und Scheggia entlang der Via Flaminia. Letzte Blicke auf den markanten Monte Cucco und die Bergketten, auf denen wir in den letzten Tagen unterwegs waren. Kurz nach Cagli verlassen wir die SS 3 und fahren über eine kleine Nebenstrecke weiter. Hier finden wir, kurz vor der Gola del Furlo, einen Platz, an dem wir an Tischen und Bänken frühstücken könnten. Daraus wird aber leider nichts, da es sich um ein Privatgelände handelt, daß zu einer benachbarten Bar gehört. Ein wenig weiter werden wir dann doch noch fündig und genießen unser Frühstück.

Kurz danach verengt sich das Tal immer mehr und die steilen Felswände quetschen Fluß und Tal immer mehr ein. Während Martin langsam mit dem Transit vorfährt, können die anderen zu Fuß die Gola durchlaufen. Durchaus eine beeindruckende Landschaft, mit dem steilen Felsen, dem grünen See. Ist halt nur ein wenig heiß! Nach diesem Taldurchbruch geht es zügig hinunter nach Marken, in Richtung Adria. Die Autostrada zieht sich fast schnurgerade aus dahin, bis nach Fano. Hier biegen wir in die SS 16, die „Adriatica“ ein und fahren weiter nach Norden. M&M kennen hier einen Zeltplatz von ihrer Radtour 2002. Den finden wir auch, müssen aber leider enttäuscht zur Kenntnis nehmen, daß alles „pieno“, also voll ist. Also versuchen wir es beim direkt benachbarten Platz. Und hier haben wir Glück(!??). Zumindest erklärt uns eine nette, deutschsprechende junge Dame an der Rezeption, daß wir für eine Nacht unsere Zelte aufbauen können; sogar noch zum Mittelsaisontarif – ab morgen, 1. August, wird’s nämlich spürbar teurer.

Und so sind wir bald darauf stolzer Nutzer (für eine Nacht zumindest) eines sandigen Stückes Terrain, zwischen anderen Wohnwagen, Abstellplätzen für PKWs und – tat¬sächlich – in unmittelbarer Nähe zum Meer. Das ist doch recht schön! Unsere Gruppe teilt sich allerdings schnell in zwei Fraktionen: Befürworter und Gegner. Aber was soll`s? Wir sind nun einmal hier gelandet, haben fast 100 Euro für eine Nacht bezahlt und müssen jetzt das Beste daraus machen.



Und das Beste ist zunächst sicherlich einmal das Ristorante mit seiner Bar. Und hier gibt es kaltes Bier – ok., 4 Euro je Flasche, aber immerhin schön kalt und mit 0,66 l umgerechnet normaler deutscher Gastronomen-Preis. Wir lassen es uns schmecken! Dabei beobachten wir vier weiße Beluga-Wale, die sich im seichten Wasser vor dem Strand vergnügen. Nein – das sind ja gar keine Wale, sondern Simone, Matthias, Christian und Florian (die Befürworter-Fraktion). Zwei Wochen Italien, und immer noch nicht braun gebrannt – wahrlich eine Schande!

Nach diesem Bad folgt ein langer Strandspaziergang; überall die gleichen Bilder: Leute, die gelangweilt im Liegestuhl dösen; einige schlurfen durch das seichte Wasser; andere spielen am Strand – was man halt so in 14 Tagen Badeurlaub an der Adria so macht! Uns reicht`s! Wir laufen zurück, bauen unsere Zelte auf (zumindest MM und Jan und Simone) und genießen dann den Sonnenuntergang. Danach trennen sich unsere Wege: Matthias und Florian ziehen sich mit Brötchen, Aufschnitt und kaltem Bier aus dem Alimentari an den Strand zurück; Dani, Simone, Jan und Valle machen sich am Zelt über ihre letzte Trekking-Mahlzeit her; MM und Christian genehmigen sich in der Pizzeria eine warmes Abendessen samt hervorragender Live-Musik. Die Zwei-Mann (besser „Frau“)-Combo ist wirklich gut – eine schöne Unterhaltung zum Abendessen, während über dem Meer die Nacht hereinbricht und das Wasser sich silbrig färbt.

Alles in allem eine hervorragende Ausgangslage für eine ruhige Nacht! Wäre da nur nicht die weniger als 10 Meter entfernt liegende Bahnstrecke; Hauptachse von Nord nach Süd! Die macht uns allen, bis hin in unsere Träume, in dieser Nacht noch schwer zu schaffen!! Es gibt wohl keinen, der nicht irgendwann in der Nacht durch einen besonders lauten Zug aus dem Schlaf gerissen wurde! Junge, das ist hier vielleicht ein Zugverkehr!! Hinzu kommt noch eine schier unerträgliche Wärme im Zelt und als Zugabe noch einige Mücken.


Samstag, 1.8.2009, 15. Tag

Der letzte Tag in Italien beginnt für uns früh und wie gewohnt mit bestem Wetter. Vor sechs sind einige schon unterwegs, um den Sonnenaufgang im Meer zu erleben. Leider hindert uns der Zaun dran, direkt zum Strand vorzustoßen. Alle Tore sind abgeschlossen. Man kann das bevorstehende Naturschauspiel aber auch von der Terrasse des Ristorante aus gut beobachten.

Zum Glück erscheint dann doch noch ein Mitarbeiter des Campingplatzes und schließt die Tore auf. So kommt Jan zu einem morgendlichen Bad im warmen Adriawasser, während sich am Horizont langsam der dunkelrote Sonnenball aus dem Meer erhebt. Wirklich beeindruckend! Und dazu ist es noch schön frisch und die Zahl der anderen Urlauber hält sich sehr in Grenzen.

Auf unserer Lagerparzelle geht es dann zügig an den Abbau; wir nutzen die letzten Duschmarken und kochen Kaffee für den Start in den Tag. Vor neun verlassen wir bereits das Gelände und fahren auf der Adriatica in Richtung Norden.

Pesaro ist schnell erreicht; Supermärkte finden wir leider keine am Wegesrand. So fahren wir noch ein Stück weiter, inzwischen hinein ins hügelige Inland. Bei Cattolica biegen wir dann von der SS 16 ab und fahren in Richtung Stadtzentrum. Hier werden wir auch schon bald fündig: ein riesiger Conad-Supermarkt kommt uns gerade recht für den Frühstückseinkauf.

Er ist ähnlich angelegt wie der Auchan in Olbia, mit vielen kleinen Boutiken und Fachgeschäften. Leider macht der Supermarkt selbst erst um halb zehn auf; wir nutzen die Zeit zu einem Bummel oder einem Cappuccino mit Hörnchen. Aus einer Zeitung erfährt Martin, daß Schumi nun tatsächlich für die Roten antreten wird. Si, Schumi torna alla rosso, bestätigt ihm der Ladenbesitzer.

Inzwischen hat der Conad seine Pforten geöffnet und wir decken uns mit vielen lecke¬ren Sachen für die langweilige Fahrt heute ein. Zurück beim Wagen wird es langsam schwierig, die vielen zusätzlichen Plastiktüten zu verstauen.

Vor dem Frühstück wollen wir nun aber erst einmal einige Kilometer machen. Wir biegen auf die Autostrada ein und ziehen (wie wir denken) unseren letzten Mautbeleg. Zügig geht es nun auf der Autobahn in Richtung Bologna. In der Gegenrichtung staut sich dagegen auf vielen, vielen Kilometern bereits der Verkehr. Da werden einige Urlauber heute wohl nicht mehr rechtzeitig an den Strand kommen.

Nach einem Frühstück unter einem zwar schattenspendenden, aber nicht mit Bänken ausgestattetem Pavillon, erreicht auch uns kurz darauf die erste Hiobsnachricht des Tages: auf der großen Anzeigetafel über der Autobahn steht, daß zwischen Modena-Nord und dem Abzweig der Brennerautobahn mit „traffico intenso con coda“ zu rechnen ist; also mit starkem Verkehr und Staubildung. Umfahren lohnt aber nicht. Und zum Glück wird es dann doch nicht so schlimm.

Schlimm dagegen wird es beim Durchfahren der Po-Ebene! Da wird ein Stau angekündigt, der bis hinauf nach Trento-Centrale gehen soll! Und diesen Stau kennen wir bereits von der Hinfahrt! Damals haben wir schon die nordwärts reisenden Autofahrer bemitleidet. Jetzt fahren wir selbst auf den Stau zu.

Wir prüfen Umfahrungsmöglichkeiten, wissen aber leider nicht genau, wo der Stau denn nun eigentlich beginnen soll – und schon stecken wir mitten drin! Pech gehabt; jetzt heißt es durchhalten bis zur nächsten Abfahrt bei Verona. Hier wechseln wir dann auf die alte SS 12 über; mit dem klangvollen Namen „SS 12 delle Brennero e dell` Abitone“. Die sind wir 1999 auf der Rückreise von Sardinien tatsächlich schon mal ab Lucca gefahren. Mit seinen über 1500 m Höhe ist diese Paßstrecke über den Abitone allerdings wirklich nur dann zu empfehlen, wenn man viel Zeit hat und die Landschaft genießen möchte.

Wir haben heute weder die nötige Zeit noch Lust, die Landschaft zu genießen; wir wollen eigentlich nur vorankommen. Kurzfristig gibt es im Fahrzeug noch etwas Aufregung, als Simone plötzlich von einer Wespe in die Pobacke gestochen wird. Sie verzichtet aber tapfer auf Erste-Hilfe-Maßnahmen.

Trotz der vielen kleinen Ortschaften, die es zu durchfahren gilt, kommen wir auf der SS 12 doch recht flott voran und finden sogar eine äußerst günstige Tankstelle. Nur die Durchfahrung von Rovereto kostet Zeit und Nerven, insbesondere bei den herrschenden Temperaturen.

Bald ist Trento durchfahren und wir biegen wieder auf die Autostrada ein. Also ist noch einmal ein Mautbeleg fällig. Zügig geht es nun über Bozen und Brixen in Richtung Brennerpaß. Hier ist unsere letzte Maut in Italien fällig; dann geht es auf der Bundesstraße weiter bis hoch zum Paß, der allerdings nirgendwo richtig markiert ist. 1374 m.ü.A (Meter über Adriahöhe) ergibt später eine Internetrecherche. Also etwas weniger als der Passo Resia, den wir 2006 bei unserer Alpenüberquerung per Rad gewählt haben. Das damals aber aus gutem Grund! Denn Radwege sind hier zwar teilweise im Bau; die meiste Zeit müßte man sich hier aber auf der SS 12 hochquälen.

Als wir in der Ortschaft Brenner dann auf die österreichische Landstraße wechseln um die acht Euro für die Brennerautobahn zu sparen, erzählt Martin von Peters Abenteuer 2006, als er hier ebenfalls abbog und wegen des Anhängers sofort eine „Organstrafverfügung“ kassierte. Und wer steht da am Straßenrand und springt aus seinem Streifenwagen, als er unseren Transit nahen sieht? Richtig – ein österreichischer Gendarm! Da wir nicht identifizieren können, ob er was von uns will, fahren wir einfach weiter. Und nach unserem Einkauf im Billa in Steinach werden wir dann tatsächlich von einem weiteren Gendarm gestoppt! Autopapiere, allgemeine Fahrzeugkontrolle. Habt ihr hinten auch Gurte? Klar, Beckengurte, kommt prompt die Antwort. Damit gibt er sich zufrieden und wir dürfen weiterfahren. Von jetzt ab hält sich Martin penibel an die Verkehrsvorschriften. Bloß nicht schon wieder an die Schl…. zahlen müssen!

Irgendwie verpassen wir in Innsbruck den richtigen Weg und kommen so noch zu einer unerwarteten Stadtrundfahrt, ehe wir in Richtung Telfs auf der 171 unterwegs sind. Von Nassereith geht es dann auf der 174, vorbei am Fernsteinsee, zu unserem Etappenziel, dem kleinen Parkplatz kurz vor dem Fernpaß. Ein VW-Bus aus dem Märkischen Kreis hat hier schon Stellung bezogen; glücklicherweise aber unterhalb unserer Zeltplätze. Dani und Valle schlafen, wie schon gestern, im Transit; wir anderen bauen schnell unsere Zelte auf, da die Wetterlage unklar ist.



Geduldig warten wir dann, bis die vielen Cevapcici dann nach und nach in unserem einzigen Topf heiß sind, gönnen uns noch einen Schlummertrunk und können dabei dem Mondaufgang hinter den Bergen zuschauen.


Sonntag, 2.8.2009, 16. und letzter Tag

Etliche Kilometer liegen heute noch vor uns. Weil das jedem klar ist, wird auch schon frühzeitig abgebaut. Waschen am Bach, einige Becher Kaffee; dann sind wir auch bereits unterwegs. Über Nacht hatten wir Glück: kein Regen! Dennoch sind die Zelte vom Tau ziemlich feucht und müssen zu Hause gut getrocknet werden. Kurz darauf ein Stop mit guter Aussicht auf die Zugspitze. Muß man ja mal gesehen haben...



Wir verpassen zwar die Tankstelle in Reutte, finden aber zum Glück noch eine Raststation kurz vor der Grenze, wo wir unseren Dieseltank noch einmal richtig auffüllen. Außerdem gibt’s frische Brötchen und mehr zu kaufen.

Kurz nach der Grenze steuern wir einen Parkplatz an und gönnen uns ein ausgiebiges Frühstück. Wir wissen, daß nun eine sehr lange Fahrt vor uns liegt! Die Wetterprognose in der Bildzeitung verheißt für Westdeutschland nichts Gutes – viel Regen ist angesagt.

Über die A 7 geht es nun recht problemlos bis nach Würzburg; hier allerdings sehen wir schon beim Einbiegen, daß auf der A 3 nicht mehr viel läuft. Das Radio bestätigt dies: immense Staus vor uns wegen diverser Baustellen. Wir weichen auf die Landstraße aus und lernen so mal ganz neue Gegenden kennen.

Zurück auf der A 3 geht es dann zügig weiter; kurz hinter Limburg erwischt uns dann doch noch der erste Regenschauer, und zwar richtig heftig! Und das hält nun bis nach Hause an. So müssen zunächst Dani und Valle in Bonn bei Regen aussteigen; später auch die anderen.

3300 Kilometer per Transit liegen hinter uns; dazu die 100 Kilometer zu Fuß. Wenholthausen erwartet uns mit regenschwerem Himmel und Temperaturen um 12 Grad. Zeit, den Ofen anzumachen…



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