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Gründonnerstag, 20.4.2000, 6. Tag

Das Wetter ist beständig gut; dementsprechend gut ist natürlich auch unsere Stimmung. Einen kleinen Dämpfer erhält sie allerdings durch die Tatsache, dass es bis zum Frühstück wohl noch einige Kilometer sein dürften. Inzwischen hat sich bei uns wieder die alte Tradition durchgesetzt, morgens immer so weit zu fahren, bis man in einem Ort Brötchen usw. frisch einkaufen kann. Das heißt heute aber: mindestens 20 Kilometer fahren, und zwar bis Buggeru! Zuerst liegt ja noch ein Paß vor uns; danach etwa vier Kilometer bis zu einer „Cantoniera“; darauf folgt laut Karte eine etwa fünf Kilometer lange Abfahrt bis zu einem Abzweig in Richtung Meer – und dann kommen nochmals 12 Kilometer am Meer entlang bis Buggeru. Vielleicht hätten wir gestern doch unser Prinzip mal brechen und in Guspini schon für`s Frühstück Brot kaufen sollen. So was ist uns 1995 zum letzten mal in Lula passiert (damals bekamen wir dann unser „Frühstück“ nach 40 Kilometern um 15 Uhr….). Aber was hilft das nun? Ein, zwei heiße Cappuccini oder Kakaos geben zumindest das Gefühl, was im Magen zu haben. Flott sind die Zelte abgebaut und wir schieben die Räder die ersten Meter zurück über den holprigen Feldweg, ehe wir uns in den Sattel wagen und vorsichtig über den zerfurchten Weg zurück zur Straße fahren. Glücklicherweise ist es bis zum Paß dann auch nicht mehr ganz so weit – und am Morgen ist die Kraft in den Beinen noch frisch. Und so können wir schon recht frühzeitig das obligatorische Foto am Paß machen.

Und ab hier geht`s nun auch zügig weiter. Zwar immer noch über die Hochebene, aber ohne nennenswerte Steigungen. Das Wetter ist inzwischen schon recht warm geworden. So beschließen wir, an der arg verfallenen Cantoniera, die nun kurz darauf vor uns auftaucht, schon mal einen Teil der warmen Sachen auszuziehen.

Und was nun kommt, kann man nur mit einem Wort beschreiben: traumhaft! Fünf Kilometer – und nur bergab! Unterwegs immer wieder mal ein Foto oder eine kurze Videoaufnahme – so wünscht man es sich beim Radfahren – vielleicht eine Idee zu kühl an den Armen bei der sausenden Abfahrt. Kurz darauf sind wir am Abzweig.

Hier ziehen wir uns nun aber alle endgültig um: kurze Hosen und T-Shirts sind angesagt – und selbst die werden wir heute teilweise noch fallen lassen! Bislang ist ja alles gut gelaufen – und nun führt die Straße, fast ohne Verkehr, schnurstracks und schön flach, direkt auf die Küste zu. 12 Kilometer, die werden wir ja wohl noch schaffen, ohne vor Hunger aus dem Sattel zu kippen! Doch wie meist in solchen Fällen schlägt nun das Schicksal zu! In diesem Fall in Form eines defekten Gepäckträgers bei Florian. Und so müssen wir nicht nur das Werkzeug auspacken, sondern auch die Packung mit Ersatzmaterialien. Mit deren Inhalt können wir dann den lockeren Gepäckträger dauerhaft fixieren. Gut, dass wir den ganzen Krempel dabei haben! Sonst wäre an dieser gottverlassenen Stelle nun erst einmal Schluß mit Weiterfahren. Eine Viertelstunde später dann das Meer vor uns – und auch dafür gibt es nur eine Beschreibung: traumhaft! Halt so, wie man sich einen sardischen Strand als Deutscher vorstellt: feiner Sandstrand nach beiden Seiten, soweit das Auge reicht; weiße Brandungswellen, die unablässig an den Strand rollen; die ganze Szenerie von schroffen Gebirgsklippen links und rechts eingerahmt; hinter uns die grüne Macchia mit ihrem durchdringenden Duft. Und über allem ein makelloses Azurblau. Das Ganze könnte aus einem Werbeprospekt herausgeschnitten sein – und ist doch schöne Wirklichkeit! An der erstmöglichen Stelle lassen wir natürlich die Räder am Straßenrand stehen und rennen zum Strand. Marianne füllt für Sarah etwas Sand in einen Plastikbeutel – Sarah wäre natürlich auch gerne wieder mitgekommen auf diese Tour. So soll sie aber wenigstens ein Souvenir aus Sardinien bekommen. Der Weiterweg: ein Genuß!

Rast an einer verfallenen Cantoniera Traumhafter Strand bei Buggeru Steiler Anstieg aus Buggeru hinaus

Leider steigt die Strecke vor Buggeru noch mal kurz, aber dafür heftig, an! Wir sind alle froh, als wir endlich ins Ortszentrum einfahren. Der kleine Hafen rechts interessiert nicht besonders: unsere Augen suchen stattdessen nach einem geöffneten Supermarkt. Den finden wir zwar nicht, dafür aber einen kleinen Alimentari – und auch hier können wir natürlich Brot und Getränke bekommen. Sicher zwar etwas teurer – das ist uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber völlig egal! Man gönnt sich ja sonst nichts! Und bei den Getränken können wir sparsam einkaufen, indem wir gleich zu einer 5-Liter-Flasche Wein greifen und sie vor dem Laden umfüllen.

Gegenüber ist eine kleine Piazza für die „Caduti“ (gefallene Soldaten der Weltkriege); mit schönen Bänken und einem noch schöneren Brunnen. Hier können wir in Ruhe alles zum Frühstück ausbreiten und uns anschließend noch gründlich waschen (zum Haarewaschen ziehen wir uns aber mit Flaschen hinter eine Buschreihe zurück).

Während des Frühstücks, dass sich gleich ins Mittagessen hineinzieht, haben wir Muße, uns mit dem mitgeführten Reiseführer von Hans Bausenhardt („Sardinien“, erschienen im Velbinger Verlag) zu beschäftigen und einiges über die doch recht unwirkliche Szenerie hier in Buggeru, im Herzen des „Iglesiente-Gebietes“, nachzulesen (Auszüge aus diesem Buch ab jetzt in Anführungsstrichen und kursiv):

„Buggeru, 1700 Einwohner. Bergarbeiterdorf, von hohen Felswänden umgeben. Flache Häuser ziehen sich an der einzigen Straße entlang. Die Minen sind stillgelegt, verrottete Verlade- und Förderanlagen, zerbröselnde Fabrikmauern. Sehenswert als Relikt des damals wichtigsten Exporthafens der Iglesiente-Minen. Buggeru machte Geschichte 1904, als hier die Minenarbeiter streikten und Polizei wie Militär auf sie schossen, wobei drei Arbeiter starben. Dies war Auslöser für den ersten italienischen Generalstreik. Die damaligen Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Minen des Iglesiente waren brutal: Arbeitszeit 12-14 Stunden am Tag und rund um die Woche ohne Ruhetag. Die Lohnauszahlung erfolgte nicht in bar, sondern per Verrechnungsgutscheinen in den mineneigenen Läden, die zudem satt teurer als andere Geschäfte waren. Die Lebenserwartung lag bei 35 Jahren.“

Und irgendwie scheint diese bedrückende Stimmung immer noch über dem Ort zu liegen. Die maroden Bergwerksanlagen sehen wir auch bei der Weiterfahrt immer wieder mitten im Gelände. Silber, Kupfer, Zink und Blei wurden hier schon seit der Antike im gesamten Iglesiente gefördert.

Nach ausgiebiger Rast folgen wir dann der einzigen Straße bergauf. Über uns haben wir bereits die Serpentinenstrecke des Weiterweges ausgemacht. Es ist inzwischen sehr heiß geworden, und wir sind froh, als wir den ärgsten Anstieg hinter uns gebracht haben und bereits auf das tief unter uns liegende Örtchen herabschauen.

„Die Fertigstellung eines Yachthafens sollte den Tourismus fördern, wie auch Immobilienverkauf im oberhalb des Meeres gelegenen Ort stattfindet. Man wird sehen, wie die Dinge weitergehen……“

Tja, das schrieb Hans Bausenhardt 1994; heute, im Jahr 2000, könnten wir ihm die Antwort geben: nichts hat sich anscheinend getan! Der Hafen liegt verlassen da; von „Tourismus“ weit und breit keine Spur. Aber das ist vielleicht auch besser so! Denn Hans schreibt auch:

„Diese Gegend hier und die Strecken nach Acquaresi und zur „Cala Domestica“ zählen zu den landschaftlichen Höhepunkten der Insel. Masua und Nebida, beliebte Badestrände. Bergwerksorte und Steilküstenszenerie, die in Sardinien nicht so leicht Vergleichbares findet. Grauer, in Platten schiefriger Stein. Kahl, spitze Klippen, der „Pan di Zucchero“ (Zuckerhut) eine Felsnadel im Meer. Zwischenzeitlich durchgängig befahrbar die Strecke Buggeru > Nebida, mit Anschluß an die SS 125.“

Blick zurück über die Bucht von Buggeru Glühende Hitze und heißer Asphalt Phantastische Serpentinenabfahrt zum Pan di Zucchero

Na, und das wollen wir doch gerne lieber in Ruhe genießen und nicht mit Unmengen von Wohnmobilisten teilen. Und so genießen wir die Weiterfahrt über eine Hochfläche rund um den M. Palma (403 m) und genießen immer wieder eine tolle Aussicht über die gesamte Küstenregion, und zwar nach Süden wie nach Norden.

Vor einem tief eingeschnittenen Flusstal schwenkt die Straße rechtwinklig ins Inland ab; so ersparen wir uns einen unnötigen Abstieg bis auf Meereshöhe mit dem damit dann zwangsläufig verbundenen Wiederanstieg. Wir halten nun auf den winzigen Weiler Acquaresi zu, machen aber vorher mitten auf der Straße liegend (der Teer wärmt noch angenehm zusätzlich von unten….) noch einmal eine Art Siesta. Und nur ganz selten müssen wir die Füße einziehen, wenn sich doch mal ein Auto hierher verirrt. Touristen sind keine dabei! Die ganze heutige Fahrt erinnert doch ein wenig ans „dolce fare niente“. Das sind mal richtig schöne Osterferien!! Damit ist aber schlagartig Schluß, als wir den kleinen Ort erreichen. Der besteht nur aus zwei, drei halbverfallenen Häusern und ist für uns an und für sich völlig uninteressant. Wesentlich interessanter ist da der nun ersichtlich werdende weitere Straßenverlauf: die Straße knickt wieder einmal rechtwinklig ab; um den Monte Guardiano (537m) herum nach Süden – und was da in Sicht kommt, gefällt uns ganz und gar nicht! Eine sehr, sehr langgestreckte Steigung gilt es nun zu überwinden; zwischen dem M. Guardiano und dem M. San Pietro (667m) hindurch. Und der Paß im Sattel zwischen diesen beiden Bergen übertrifft unsere bisherigen Pässe doch um einiges an Höhe! Gerne entledigen wir uns nun erst einmal aller überflüssiger Kleidungsstücke, soweit es der Anstand und die Figur halt erlauben. Und so gegen die Hitze gewappnet beginnen wir langsam den Anstieg.

Aber alle Anstrengung hat auch an diesem Tag mal ein Ende! Kurz nach Passieren eines gleichfalls zerfallenen Gebäudekomplexes mit dem klangvollen Namen „Montecani“ erreichen wir dann die höchste Stelle der Straße. Wer es schaffte, in den Pedalen; ansonsten halt schiebend. Wahrlich eine schweißtreibende Angelegenheit.

Doch die Mühe scheint sich gelohnt zu haben. Nicht nur ein Straßenschild gibt uns nun eine steile Gefällestrecke an; ein einziger Blick reicht aus, um die Straße in vielen Serpentinenkurven nach unten verschwinden zu sehen. Jetzt erwartet uns die Belohnung für die Anstrengung des Anstieges!

Wir ermahnen uns nochmals gegenseitig, nicht zu schnell hinabzujagen; bei dem zu erwartenden Tempo wird man Steine und Schlaglöcher erst im letzten Moment erkennen können. Wichtiger noch ist es, sanft zu bremsen, damit die Bremsbeläge nicht zu heiß werden.

Und dann machen wir uns auf eine Abfahrt, bei dem uns der Fahrtwind die Tränen aus den Augenwinkeln nach außen treibt! Aus Sicherheitsgründen jeweils mit großem Einzelabstand.

Weiter unten werden wir dann wieder mit großartigen Aussichten über die Küste belohnt. Die Straße ist hier teilweise aus dem Felsen über dem Meer herausgeschlagen worden. Und nun sehen wir auch den „Pan di Zucchero“; tatsächlich, eine gigantische und beeindruckende Felsnadel im Licht der tiefstehenden Abendsonne.

Vorbei am Pan di Zucchero Wir dürfen auf dem Gelände bei der Pizzeria zelten

Und diese tiefstehende Sonne zwingt uns nun auch immer drängender, mal über eine Übernachtungsstelle nachzudenken. Nur – wo? Masua und Nebida passieren wir; dann kommt wieder ein Abschnitt, wo sich die Straße hoch über dem Meer an einer Steilklippe entlangzieht: rechts der Abgrund, links der aufsteigende Felsen. Da ist nichts drin! Doch plötzlich öffnet sich die Landschaft nach der Umrundung einer Felsnase und wir sehen eine weite Ebene vor uns. Ein Ortsschild taucht auf: Fontanamare. Und noch schöner: eine einsam am Meer liegende Pizzeria; davor eine saftiggrüne Wiese.

Da gibt es mal wieder keine langen Diskussionen. Wir fahren zur Pizzeria, bocken unsere Räder vor dem Eingang auf und steuern zielstrebig auf den Pizzabäcker zu, der im Eingang lehnt und uns interessiert beobachtet. Dann ist wieder unser bestes Italienisch angesagt: können wir heute Abend hier essen – und vor allem: können wir auf der Wiese vor der Pizzeria für eine Nacht zelten?

Die prompte Antwort: „Si, niente Problema!“ Das hören wir natürlich gerne. Und so schieben wir die Räder auf das von Dornenranken eingerahmte Wiesengrundstück und machen uns im schwindenden Sonnenlicht an die gewohnten Handgriffe: Taschen und Säcke abladen; Außenzelt ausbreiten und das Gestänge einschieben; alle Befestigungsleinen abspannen. Dabei machen wir auch immer gleich die Sturmabspannungen mit fest – aus Erfahrung haben wir gelernt. Mehr als einmal mussten wir in der Vergangenheit nachts fluchend aus dem Zelt, um bei aufkommendem Sturm die restlichen Leinen zu fixieren. Dann doch lieber gleich. Zuletzt wird noch das Innenzelt eingeknöpft, dann geht es an die „Inneneinrichtung“. Inzwischen ist es auch reichlich frisch geworden und wir ziehen warme Sachen an. Ungewohnt nach kurzer Hose und freiem Oberkörper den ganzen Tag über.

Da es für den Gang zur Pizzeria noch zu früh ist, gehen wir nun ein paar Meter weiter hinunter zum Meer. Dort sitzen wir in einer Art steinernem Rondell und schauen dem Sonnenuntergang im Meer zu, während wir uns mit unseren letzten Weinvorräten beschäftigen. Svenja schafft derweil unten auf dem Sandstrand ein Kunstwerk. Gegenüber, durch einen kleinen Kanal getrennt, trudeln auf einem Parkplatz nach und nach einige Wohnmobile ein. Vermutlich wollen sie auch die Nacht hier verbringen. Alles in allem eine sehr friedliche Abendstimmung.

So gegen acht geht es dann „auf in die Kneipen“; das Ambiente in der Pizzeria ist zwar etwas kärglich, und im Angebot gibt es wirklich auch nur Pizza – aber damit haben wir kein Problem. Wir eröffnen den ungewohnten Luxus, ein Abendessen mal nicht draußen auf dem Boden vor dem Zelt hockend kochen zu müssen, sondern auf festen Stühlen vor einem gedeckten Tisch sitzen zu können, mit Wasser und Wein (in ungleichen Mengenverhältnissen) und machen uns dann mit Appetit über die wirklich guten Pizzen her.

Die Stimmung wird im Verlauf des Abends dann immer ausgelassener; uns ist nach feiern zu Mute. Und warum auch nicht? Haben wir doch heute gute 50 Kilometer gefahren und auch sehr viel erlebt. Mit entsprechender Bettschwere machen wir uns dann auf zu unseren Zelten und verschwinden nach einem letzten Schlaftrunk, wie immer draußen vor den Zelten stehend, bald in den Schlafsäcken.

Tages-Km: 50 Km; Schnitt: 12,9 Km/h; Max: 73,3 Km/h(!) Summe bergauf: 2321 Hm; bergab: 2339 Hm Gesamtstrecke: 163 Km Wetter: Sonne pur von früh bis spät!!!


Karfreitag, 21.4.2000, 7. Tag

Herrlicher Sonnenschein lockt uns schon früh aus den Zelten. Die Wiese ist noch nass vom Tau, das ist aber zusätzlich erfrischend. In aller Ruhe packen wir zusammen und schieben dann vorsichtig die Räder von der Wiese herunter, da wir inzwischen bemerkt haben, dass doch einige Dornenranken auf dem Boden herumliegen.

Und dieses Problem wird uns noch die nächsten beiden Tage beschäftigen (vor allem Flobö, aber der ahnt es momentan natürlich noch nicht). Etwa fünf Kilometer entfernt befindet sich das nächste Örtchen namens Gonnesa; und damit auch unser Frühstücksplatz. Plötzlich fällt uns auf, dass Flobö nicht mehr in der Gruppe mitfährt. Wir warten einige Zeit am Straßenrand und fahren dann zurück. Flobö scheint ein kleines Reifenproblem zu haben! Wir pumpen stramm auf und fahren bis zum Ort weiter; die Luft schwindet aber bereits erneut deutlich. Vor der Reparatur wollen wir uns aber erst einmal stärken. Also auf in den nächsten Alimentari und das Standardfrühstück besorgt: frische Panini, Mortadella, Prosciutto, Salami, Formaggio; dazu Getränke nach Wahl. Das wird auf einer kleinen Piazza gleich an Ort und Stelle verspeist und erspart uns so ein lästiges Verpacken. Es hat sich inzwischen so ergeben, dass wir dieses erste Frühstück immer sehr ausgiebig genießen und danach erst wieder am Abend essen; dann natürlich eine warme Mahlzeit. Und so sitzen wir in aller Ruhe beim Frühstück und beobachten das bunte Treiben rings um uns herum. Und in Eile sind wir ja nicht! Vor dem Weiterfahren pumpt Florian nochmals auf – allerdings ist diese Luft schon nach einigen hundert Metern futsch.

Also müssen wir uns notgedrungen dem Problem jetzt stellen und der Sache auf den Grund gehen. Wir fahren an einer Brunnenanlage rechts ran und bereiten alles für die Reparatur vor. Wir finden auch ein kleines Loch und haben es nach kurzer Zeit abgedichtet. Das muß wohl eine der Dornenranken geschafft haben, denn eine Scherbe oder dergleichen ist nicht zu finden.

Reifenpanne-nach 10 Minuten behoben Ersehnter Schatten während der Mittagsrast

Leider muß man natürlich dafür alles erst einmal abpacken und das Werkzeug und Flickzeug hervorsuchen. Während einige sich mit der Flickerei beschäftigen, suchen die anderen schon mal den Brunnen auf, um sich gründlich zu waschen. Die Pannendiensthelfer folgen nach getaner Arbeit und sind froh, sich vor allem die dreckigen Hände gründlich mit Seife waschen zu können. Am Brunnen halten immer wieder Wagen an und die Leute füllen jede Menge Trinkwasserkanister. Scheint ja hier gutes Wasser zu sein. Wir folgen ihrem Beispiel und füllen unsere Trinkflaschen ebenfalls mit dem kühl sprudelnden Nass. So eine Gelegenheit darf man auf Sardinien nicht verpassen – denn wir sind schon manche Strecke gefahren, auf denen wir uns nach so einer Waschgelegenheit und Trinkwasserstation gesehnt haben!

Die Luft scheint zu halten; also besteigen wir wieder unsere bislang treu dienenden fahrbaren Untersätze und machen uns auf den Weiterweg. Der soll uns heute einmal zu einer etwas feudaleren Unterkunft führen: bei Hans haben wir eine Adresse eines „Agriturismo“ gefunden; dort wollen wir möglichst übernachten und auch einmal wieder die Vorzüge einer echten Dusche genießen. Kilometermäßig ist das leicht zu schaffen; kommen wir doch nun in ein eher flaches Gebiet südlich von Carbonia.

Und so zuckeln wir in mäßigem Tempo über eine leicht wellige Straße und genießen den warmen Sonnenschein. Kurz vor einer riesigen Kreuzung bei Carbonia wird die Fahrt dann schneller – aber ohne unser Zutun, denn jetzt senkt sich Gelände weiter ab bis fast auf Meeresniveau. Carbonia selbst lassen wir „links“ liegen; wir kennen es schon von der 96er Tour (weil wir dort drei Stunden warten mussten, bis die Bank aufmachte). Und Hans` Beschreibung lässt auch nichts an Deutlichkeit vermissen:

„Carbonia – zu deutsch: „Kohlenstadt“, gegründet 1938 auf Befehl des Duce, der das Braunkohlevorkommen der Gegend erschließen wollte. Trotz geringer Flözmächtigkeit und geringem Brennwert wurden sie unter Tage abgebaut. Carbonia wurde in nur zwei Jahren Bauzeit errichtet und im üblichen Reißbrettschema der faschistischen Neugründungen. Ein großer Platz in der Mitte mit überdimensionierten Verwaltungsgebäuden in Marmor und Travertin und reichlich Säulen. Die Straßen rechtwinklig, die Häuser mit Säulengängen und Arkaden nach der Größe des „alten“ Roms orientiert. Direkt hässlich ist die viertgrößte Stadt Sardiniens nicht, jedoch in der monumentalen Architektur etwas fad und farblos. Die Kohle ist längst Vergangenheit.“

Und so fahren wir also ohne allzu großen Kontakt auf der Umgehungsstraße an Carbonia vorbei. Es geht leicht bergab und unsere „Reisegeschwindigkeit“ erhöht sich ständig weiter; so um die 25 Km/h pendelt der Tacho; für unsere Verhältnisse ziemlich hoch (jeder, dem das etwas wenig vorkommt, soll sich mal 20 – 30 Kilogramm ans Rad hängen und bei der Hitze einen Berg hinauf fahren). Bald schon sind wir an Carbonia vorbei und steuern auf San Giovanni zu. Hier sind wir 1996 rechts zur Insel San Antioco abgebogen; heute halten wir uns geradeaus direkt in den Ort hinein. Und hier ist an der ersten Bar natürlich eine Mittagspause mit Eis und kühlen Getränken angesagt. Gegenüber liegt die Dorfkirche samt einer Piazza; hier lassen wir uns im Schatten nieder.

Und hier lassen wir es uns gut gehen; wir haben bereits einiges an Kilometern geschafft. Wir studieren ausgiebig Karte und Reiseführer und beschließen dann einen kurzen Umweg über Tratalias. Dort soll sich die Kirche „Santa Maria“ im Pisanerstil, gebaut aus dunklem Lavagestein, befinden. („Innenraum in ausgewogenen, feierlichen Formen“). Na ja, sonst interessiert uns so was eher höchstens am Rande, aber wo wir nun schon mal in der Gegend sind und genug Zeit haben…..

Und weit ist es bis dahin auch nicht: knapp vier Kilometer ab S. Giovanni bis zum Abzweig nach Tratalias; dann nochmals so viel bis zur Kirche. Andererseits müssen wir sowieso ungefähr in diese Richtung - und höhenmäßig wird das auch keine übermenschlichen Anstrengungen kosten: alle Kreuzungen und Ortschaften liegen hier auf einer Höhe zwischen 6 und 17 Metern. Zunächst aber einmal diese ausgiebige Pause im Schatten auf der Piazza. Beim Gedanken an Biolek und seinem Weinbuch lassen wir uns zum eigenen Foto inspirieren. Es müssen ja nicht immer Weinflaschen sein! Nach diesen schönen Momenten des Tages hieven wir die Räder wieder von den Ständern und rollen aus S. Giovanni hinaus. Nach wenigen Minuten ist der Abzweig schon erreicht; eine gute halbe Stunde später erreichen wir Tratalias. Und die Kirche ist jetzt doch eine rechte Enttäuschung. Entweder sind wir wirklich Kulturbanausen, oder wir haben die falsche Kirche erwischt. Die gefundene Kirche ist nicht unbedingt das Gelbe vom Ei. Vielleicht gibt es ja noch eine andere? Wir fahren durch den Ort – Fehlanzeige. Also wieder zurück. Hier ist eine Touristinformation, in der wir vorsichtig nachfragen: „Si,Si, das ist die berühmte Kirche!“ Okay, also los, gucken wir uns die Sache doch mal genauer an.

Die Kirche steht verlassen inmitten eines fast ausgestorbenen Ortes. Zum Glück ist sie aber wenigstens geöffnet. Wir lassen die Räder vor dem Hauptportal stehen und betreten den dämmrigen Innenraum. Na ja, wie schon oben geschrieben; wen es interessiert…… Wir stehen bald wieder draußen und umrunden das Gelände mal zu Fuß. Das ist doch wesentlich interessanter. Schade, dass alles ringsum so halb zerfallen ist.

Die etwas enttäuschende Kirche von Tratalias Das empfehlenswerte Hotel Rosella in Giba

Von Tratalias aus führt eine kleine, weiß eingezeichnete „Strada bianca“ quer rüber zur SP 195. Und dort soll sich irgendwo der Agriturismo befinden. Wir legen die etwa fünf Kilometer bis dorthin schnell zurück, stehen dann aber recht ratlos an der T-Kreuzung der SP 195. Wir entscheiden uns für die Richtung nach rechts und müssen gleich steil bergab. Wir biegen in den einzigen Nebenweg ab und fahren den auch ziemlich weit entlang – nur, von einem Agriturismo ist weit und breit keine Spur. Irgendwann sind wir es leid und beschließen, heute noch bis Giba durchzufahren.

Dort soll es die „Locanda Rosella“ geben (hört sich schon mal ganz gut an); zum Preis von ca. 50,-DM für ein Doppelzimmer. Meinen die das je Person (das wäre uns zu teuer) oder je Zimmer (okay, normaler Jugendherbergstarif). Das wissen wir aber erst, wenn wir direkt nachfragen. Und das kostet ja bekanntlich nix! Dummerweise liegt Giba etwas höher (57 m); an und für sich nicht viel – dennoch weist die Karte einen Steigungspfeil auf (und das genaue Kartenstudium ist uns inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen). Und so kommt es auf den folgenden fünf Kilometern folgerichtig, wie wir es befürchtet haben: eine kurze, aber äußerst heftige Steigung, die uns sogar aus dem Sattel zwingt. Danach haben wir aber Ruhe und fahren bald darauf auf einer langgezogenen Straße nach Giba hinein. Unterwegs schon ein Hinweisschild auf „Rosella“; und dann haben wir unsere Unterkunft in spe auch schon erreicht. Die Räder bocken wir vor dem mit vielen Blumenkübeln verschönten Eingang auf und wenden uns dann an die Dame hinter der Rezeption. Und siehe da, wir werden uns schnell einig: 2 Dreier-Zimmer mit Dusche und WC; annehmbarer Preis; abends gibt`s die Möglichkeit, im Restaurant Spezialitäten der Region zu essen – was wollen wir mehr. Und praktischerweise können wir alles morgen zusammen mit der Visacard bezahlen. Und so lassen wir uns erst einmal an den Tischchen vor der Locanda nieder und machen uns über einige erfrischende Getränke her. Danach bringen wir das Gepäck in die Zimmer im ersten Stock; die Räder können wir einmal um den Block herum in der Garage der Albergo einschließen. Vorher haben wir noch das komplette Rad Florians ausgebaut. Denn der hat leider schon wieder einen Plattfuß zu verzeichnen. Und wo könnte man den endlich mal zufriedenstellend vernünftiger flicken, als in einem Waschbecken? Vor dem Reifen kommen wir aber selbst an die Reihe; nötig sind die Duschen jetzt ja wirklich mal! Danach wird noch jede Menge an Wäsche gewaschen und draußen auf dem Balkon zum Trocknen über der Straße aufgehängt. Die Einwohner Gibas können nun unsere Funktionswäsche bewundern…. Der Reifen wird geflickt und wird nun wirklich bis zum Tourende durchhalten; morgen müssen wir nur noch schnell das Rad wieder einsetzen.

Und gegenüber in einem Kramladen werden wir bei einem anschließenden Bummel durch den Ort endlich auch fündig bei der Suche nach einem Plastiktrichter für unseren Benzinbrenner. Den haben wir nämlich in Deutschland vergessen. Und bis jetzt mussten wir uns immer beim Auffüllen des Brennertanks aus der Vorratsflasche mit zusammengerollten improvisierten Papiertrichtern behelfen – was regelmäßig zu stark nach Benzin riechenden Fingern führte.

Schon früh sitzen wir dann im Restaurant; wir sind doch etwas erschöpft (die Tageshitze setzt einem mehr zu als das Abstrampeln der Kilometer) und bestellen die Köstlichkeiten der Region. Dazu haben wir mit der Wirtin ausgemacht, dass sie uns halt eine Zusammenstellung der hiesigen Spezialitäten servieren möchte. Und diesem Wunsch kommt sie gerne nach – und los geht es mit einem riesigen Vorspeisenteller (Wurst, Schinken, Käse, eingelegtes Gemüse usw.). Dann folgen Ravioli und andere Nudelgerichte – und unser Hunger lässt langsam nach. Schön, schon wieder an einem gedeckten Tisch zu sitzen!

Draußen plötzlich ungewohnter Lärm: wir gehen vor die Tür und können eine Karfreitagsprozession mit Fackeln und Ratschen miterleben. Danach aber nicht wie zurück an die Fleischtöpfe! Als wir dann schon richtig satt sind, kommt leider erst das Hauptgericht: eine Unmenge kleiner Bratwürste, lecker auf einem Holzbrett aufgehäuft. Nur – wir müssen passen! Marianne zieht sich schon mal auf`s Zimmer zurück; wir anderen versuchen verzweifelt, den Bratwursthaufen irgendwie zu verkleinern – es hilft nichts: trotz des wirklich sehr leckeren Abschlusses müssen wir einen Großteil des Essens auf dem Tisch zurücklassen. So etwas ist uns als Pfadfinder noch nie passiert……! Es gibt noch einen „Absacker“, wie Flobö das nennt (und dieser Schnaps ist angesichts der vertilgten Mengen auch wirklich angebracht) – und dann folgen wir Marianne hoch in unsere Schlafgemächer. Und dort versinken wir dann auch recht schnell in den wohlverdienten Schlaf.

Tagesstrecke: 50,3 Km; Schnitt: 15,13(!) Km/h; Max: 40,8; Gesamthöhenmeter bergauf: 3010m, bergab: 2970m Gesamtstrecke: 214 Km Wetter: vom Morgen bis zum Abend wolkenlos, sehr heiß!


Karsamstag, 22.4.2000, 8. Tag

Der Straßenlärm vor den geöffneten Fenstern macht uns langsam munter; eine heiße Dusche bringt die Lebensgeister dann vollends in Schwung. Äußerst ungewohnt, dieser Tagesanfang (aber durchaus nicht schlecht!). Dann wird gepackt; die Räder kommen aus der Garage (Flobö muß es auf einem Rad heranschieben ehe wir das reparierte Teil montieren; die Luft ist zum Glück immer noch drin) und werden vor der Locanda Rosella aufgebockt und beladen.

Schließlich stehen alle Räder startfertig im strahlenden Sonnenschein bereit. Wir können uns aber noch nicht so richtig von unserer bequemen Herberge lösen und lassen uns draußen an den Tischchen zu einem heißen Cappuccino und einem süßes Teilchen nieder – noch wissen wir nicht, welche Schwierigkeiten die Verpflegung uns in den nächsten drei Tagen bereiten wird. Gut, wir sind uns schon darüber im Klaren, dass über die nun bevorstehenden Ostertage der Nachschub schwierig werden wird.

Ein letztes Foto – und dann die Überraschung, als wir mit der Kreditkarte zur Rezeption zwecks Endabrechnung kommen: gerade mal knapp 400 DM umgerechnet müssen wir berappen – das sind pro Person noch nicht einmal 70 DM! Und das neben der Übernachtung mit dem hervorragenden Abendessen! Wir können nicht klagen!

Die nette Wirtin gibt uns auf unsere Frage hinsichtlich der Öffnungszeiten über die Feiertage gerne Antwort: heute ist ab Karsamstagmittag alles zu; Ostersonntag ist natürlich auch alles geschlossen; Ostermontag ebenfalls. Aber für uns das Schlimmste: am Osterdienstag wird vermutlich auch jeder Supermarkt geschlossen haben: am 25.4. wird hier ein besonderer Gedenktag gefeiert: „Liberace“; Tag der Befreiung (vom Faschismus). Geöffnet haben allenfalls die Bars.

Dies ist nun wahrlich keine gute Nachricht für uns! Damit ist klar, dass wir heute, hier in Giba, die letzte Chance haben, frische Lebensmittel zu kaufen. Gut, Getränke kann man notfalls (zu teureren Preisen) unterwegs noch in den Bars bekommen; Brot und dergleichen aber mit Sicherheit nicht.

Und so planen wir noch vor dem Hotel genauestens, was wir jetzt noch dringend einkaufen müssen. Eine natürliche Grenze setzt dabei die Ladekapazität unserer Räder; einmal hinsichtlich des Gewichts, aber auch, was den Stauraum angeht. Flobe hat da die größten Probleme, weil er keinen Lowrider hat und somit auch keine Vorderradtaschen. Er muß sehen, wie er seinen Gepäckanteil in den beiden Hinterradtaschen und im Ortliebsack unterbringt; der Rest muß noch obenauf geschnallt werden.

Aber auch wir anderen haben nach dem Einkauf im nahegelegenen Supermarkt erhebliche Schwierigkeiten, alles einigermaßen gleichmäßig auf die Taschen zu verteilen. Auf Wein wollen wir natürlich auch nicht verzichten; also werden sämtliche Trinkflaschen aus zwei Fünf-Liter-Kruken befüllt. Im Supermarkt selbst herrscht dichtes Gedränge; auch die Sarden decken sich für die kommenden Tage ein. Renner dabei sind die großen Ostereier aus Schokolade „Grande Sorpresa“. Aber dafür ist auf unseren Rädern nun wahrlich kein Platz mehr.

Zumindest wollen wir es uns aber am heutigen Morgen zum Frühstück noch einmal richtig gut gehen lassen: jede Menge frische Paninis; dazu diverse Wurst- und Käsesorten, Oliven, Tomaten – was das Herz begehrt! Damit ziehen wir einige hundert Meter aus Giba hinaus und hoffen auf einen Park mit Bänken im Schatten.

Hier müssen wir für 3 Tage Verpflegung fassen Bizarre Kakteen überall neben der Strasse

Leider ist damit Fehlanzeige! So, wie es mit Schatten sowieso sehr schwierig ist! Wie schreibt Hans so schön über das Radfahren auf Sardinien:

„Fahrrad: eine Sache für die kühleren Monate. Touren durch dunkle Wälder und schattige Alleen gibt es nicht. Besonders ideal fürs Rad ist Sardinien nicht. Ich habe trotzdem viele Radler (fast immer Deutsche) gesehen. Mit vielen langen Steigungen rechnen. Auch die Küstenstraßen gehen viel mehr rauf und runter als es die Landkarte vermuten lässt.“

Hans spricht uns damit aus der Radlerseele – allerdings teilen wir die Meinung nicht, dass Sardinien kein ideales Land fürs Rad ist. Aber das mit den Küstenstraßen können wir aus leidvoller Erfahrung nur bestätigen. Andererseits – wer will schon durch schattige Allen in den Osterferien fahren? Da sind wir doch wirklich mehr an praller Sonne interessiert. Etwas Bräune sollte ja schließlich doch bei all der Anstrengung abfallen….

Nur, am heutigen Morgen ist es doch schon wieder extrem heiß; Fahrradfahren mit Fahrtwind ist ja noch ganz o.k., aber beim Frühstück braucht man schon etwas Schatten, damit einem nicht die Butter vom Panini läuft. Nur findet sich momentan in dieser Situation nichts Passendes. Und mitten im Ort; irgendwo an eine Hauswand gedrückt, wollten wir auch nicht frühstücken. Und so lassen wir uns nach einiger Zeit an der erstbesten Stelle nieder, an der man die Räder auf einem Randstreifen abstellen kann – und wo wir etwas Sonnenschutz unter zwei Bäumen und hinter einem Mäuerchen finden. Dort breiten wir die Frühstücksschätze auf dem Boden aus.

Marianne zieht während des Frühstücks los und kann sich an den vielen Kakteen kaum satt sehen. Wir anderen beschäftigen uns lieber mit den noch kühlen Getränkevorräten. Besser jetzt, ehe sie Tagestemperatur haben! Wir wollen jetzt das Zentralgebiet der Region „Sulcis“ durchqueren; die untere Küstenumfahrung an der Costa del Sud kennen wir schon – jetzt ist das Inland mal dran. Wir haben uns dafür die SP 293 ausgesucht (es gäbe zwar noch eine etwas weiter südlich verlaufende Nebenstrecke; aber da ist wohl für 50-60 Kilometer nur Einöde zu erwarten (und wir brauchen ja Trinkwasser usw. aus den Bars). Ein Abstecher soll aber gemacht werden: an der Kreuzung von Santadi werden wir nach links in Richtung Villaperruccio abschwenken und über eine Nebenstraße bis Narcao fahren, ehe wir von dort wieder bei Aquacadda auf die SP 293 stoßen. Kurz vor der Abfahrt haben wir in einer Fernsehsendung des Bayrischen Rundfunks einen interessanten Bericht über die Ausgrabungsstätte „Montessu“ gesehen: und sie soll sich in der Nähe von Narcao befinden. Bleibt zu hoffen, dass das nicht wieder so eine Pleite gibt wie gestern mit der Kirche….

Der Abzweig ist schnell erreicht; noch verläuft die Straße fast eben (am Horizont türmen sich aber schon die Bergketten vor uns auf) und es sind nur etwa 7 Kilometer bis dorthin. Nach kurzer Zeit fahren wir in die kleine Ortschaft Villaperruccio ein; es ist bereits Karsamstagmittag; die Geschäfte haben geschlossen und alles sieht dementsprechend verlassen aus. Nirgendwo ein Hinweis auf Montessu. Laut Karte müssten wir nach Norden abschwenken – das tun wir auch, und nach etwa vier Kilometern taucht tatsächlich auf der linken Seite ein beschilderter Abzweig auf. Wir sind am Ziel. Nein, nicht so ganz, denn jetzt beginnt eine extreme Steigung, die man wirklich nur noch schiebend bewältigen kann. Ziemlich verschwitzt erreichen wir dann ein recht neu aussehendes Gebäude samt Parkplatz davor. Und das große Hinweisschild zeigt, dass wir nun endlich am Ziel sind.

In unserem Reiseführer haben wir über dieses Gelände nichts gefunden; die gesamte Anlage sieht auch noch ganz neu aus. Und das ist von Vorteil, wie wir kurz darauf bemerken: es gibt zwar schon Prospekte, darin stehen auch bereits Eintrittspreise; eine Kasse ist aber noch nicht installiert! Und so können wir nach Herzenslust kostenlos im weitläufigen Gelände herumstreifen. Und zum Glück stoßen wir auf eine andere Gruppe, die mit einem Führer unterwegs ist. Und dadurch erfahren wir dann doch noch eine Menge an Einzelheiten, hier in Kurzfassung zusammengestellt:

Übersichtskarte Monte Ssu Nach längerem Aufstieg sind die Höhlen erreicht

Es handelt sich um eine „Nekropole“, also eine Begräbnisstätte, die zurückgeht bis in die Zeit um 5000 v.Chr. Und damals wurden hier die Menschen nach ihrem Tod erst einmal für zwei Wochen auf einen hohen Berg gesetzt; die wilden Tiere nagten die Knochen ab; die wurden dann noch einige Zeit gebleicht und danach in den nun vor uns liegenden Höhlen endgültig bestattet. Klingt erst abstoßend, besser aber als von Würmern usw.….
Vor den Erfolg haben die Götter aber bekanntlich den Schweiß gesetzt, und so müssen wir zunächst einmal die vielen Festtreppen hinauf zum eigentlichen Nekropole-Gelände. Auch die Treppe ist sichtbar neu; wir sind wohl unter den ersten Touristen, die diese Anlage besuchen. Das ist der Sonne allerdings egal, die inzwischen unbarmherzig auf uns herab brennt. Gut, wer daran gedacht hat und sich einen Hut aufgesetzt hat!!

Oben angekommen dann endlich mal richtige Höhlen! Und die laden natürlich erst einmal zur genauen Erkundung ein. Außer uns ist im ganzen Gelände nur die andere Kleingruppe unterwegs, die unsere Höhleneingänge aber noch nicht erreicht hat. Und so machen wir uns schnell mal ein eigenes Bild von der unterirdischen Anlage. Und die ist wirklich sehenswert; viele Höhlen, die immer tiefer in den Berg hinein führen. Genau der richtige Ort für ein paar Gruppenfotos!

Drinnen ist es auch angenehm kühl; hier kann man es eine Weile aushalten und von der Tageshitze verschnaufen. Aber das wird uns nach einiger Zeit zu langweilig und so kommt es zunächst zum schon erwähnten Gruppenfoto, bei dem sich jeder eine Höhle seiner Wahl sucht. Von da ist dann die Idee nicht mehr weit, diese Umgebung schnell mal zur Kulisse eines nachgespielten Menschenopfers zu machen. Vermutlich tun wir den Leuten vor über 7000 Jahren damit wohl unrecht; hier wird es wohl nie Menschenopfer gegeben haben; wir schreiben halt die Geschichte ein wenig um. Danach wagen wir uns wieder hinaus ins Sonnenlicht und schließen uns der anderen Gruppe an. So erfahren wir die bereits oben geschilderten Einzelheiten über den Zweck der Begräbnisstätte hier auf diesem Berg. Zwischendurch ziehen wir uns auch schon mal in den kargen Schatten eines Baumes zurück. Die andere Gruppe macht dann freundlicherweise noch Fotos von uns (mal alle sechs).

So lebten also die Nuragher Gruppenfoto mit allen Teilnehmern

Als wir zur Rezeption zurückkommen (dort hatten wir in Sichtweise der Leute unsere Räder sozusagen bewacht zurück gelassen) bedanken wir uns und versprechen, ihnen demnächst eine Kopie des Videobandes zuzuschicken.

Dann geht es den steilen Weg wieder hinunter zur Hauptstraße; diesmal ungleich schneller! Narcao ist nun unser nächstes Ziel; hier machen wir noch einmal Rast an einer Bar und versorgen uns mit Trinkwasser für den Abend. Und dann beginnt die allabendliche Suche nach einem geschützten, unauffälligen Lagerplatz für unsere beiden Zelte.

Das ist hier im Inland natürlich wesentlich leichter als an der Küste. Hier findet man nirgendwo Verbotsschilder; allerdings ist die Gegend um Narcao mit vielen einsam liegenden Gehöften gesegnet. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass hinter Terrubia ein kleiner Fluß unsere Straße kreuzt – an solchen Stellen haben wir bislang meist Glück gehabt und etwas gefunden. Und so ist es auch heute: kurz vor dem Flüsschen zweigt ein Feldweg rechts ab. Wir folgen ihm, zunächst an einem großen Farmgebäude (sieht aus wie ein Stall) vorbei. Danach kommt neben dem Weg ein schönes Wiesenstück. Da es noch zu hell ist, beschließen wir, die Zelte noch nicht aufzubauen, sondern zunächst mal nur Pause zu machen. Dies ist ein weiser Entschluß, wie sich bald darauf herausstellt! Ein PKW nähert sich und ein Sarde steigt aus. Na, hoffentlich gibt das keinen Ärger! Wir gehen auf ihn zu und fragen, ob wir hier für eine Nacht die Zelte aufbauen können.

Freundlicher Empfang durch Luciano und dessen deutscher Frau Lagerplatz bei Luciano in der Nähe von Narcao

Er gibt uns zu verstehen: besser nicht; böser Besitzer….. ! Aber wir sollen hinter ihm herfahren, zu seinem Grundstück. Dort könnten wir ungestört zelten. Gut, dass wir noch nicht alles abgepackt hatten! Also nochmals kurz in den Sattel und dem vorausfahrenden Wagen einige hundert Meter gefolgt. Die Wiese – wir bleiben auf dem Feldweg, weil dort weniger Disteln sind, ist zwar nicht besonders eben; dafür haben wir aber die Sicherheit, mit der Erlaubnis des Besitzers zu zelten. Also ist eine ruhige Nacht garantiert. Unser „Padrone“ stellt sich vor als Luciano Massenti. Und der hat doch tatsächlich eine deutsche Frau aus Stuttgart, die jetzt schon seit 25 Jahren hier lebt! Zufälle gibt es! Als wir beim Kochen sind, kommt er, jetzt zusammen mit seiner Frau, nochmals zurück und wir erfahren einiges über das doch sehr entbehrungsreiche Leben hier in der sardischen Provinz.

Dann sind wir allein und bereiten uns auf die Osternacht vor. Auf bunte Eier werden wir in diesem Jahr wohl verzichten – auch an Süßigkeiten herrscht kein Überfluß – dann müssen wir Ostern wohl etwas alternativer feiern. Bleibt nur zu hoffen, dass unsere Pfadfinder in Deutschland heute einen guten Umsatz bei der Ostereieraktion geschafft haben.

Tagesstrecke: 18,8 Km; Schnitt: 12,48 Km/h; Max: 39,6; Gesamthöhenmeter bergauf: 3363m, bergab: 3244m Gesamtstrecke: 232 Km Wetter: vom Morgen bis zum Abend wolkenlos, sehr heiß! Nachts mehr Bewölkung


Ostersonntag, 23.4.2000, 9. Tag

Beim Aufwachen müssen wir leider feststellen, dass sich das gute Wetter etwas zurückgezogen hat: aus blauem ist eher grauer Himmel geworden; auch die Temperaturen sind etwas zurückgegangen. Aber für T-Shirt und kurze Hose reicht es allemal. Weil hier auf dem Feld nicht viel los ist, packen wir zügig zusammen und steuern die nächste Ortschaft an: Riomurtes. Und hier finden wir neben der Straße den gestern vermissten Park. Wir lassen uns auf den Rundbänken nieder und genießen unser Frühstück (das Brot ist natürlich schon etwas zäh).

Wir lassen es uns gerade schmecken, da nähert sich eine Osterprozession und wir packen hastig die Bierflaschen unter die Bänke. Etwas später dreht die Prozession und kommt nochmals an uns vorbei; klar, dass die Leute uns alle ausgiebig mustern. Hier in Riomurtes werden sich wohl nicht oft Touristen hinverirren.

Wir befinden uns momentan auf etwa 120 m Höhe; ein Blick auf die Karte zeigt, dass wir gleich ein Stück klettern müssen: vorbei an einem Stausee, dessen Staumauer mit 206 m angegeben ist, bis zu einer Cantoniera mit einer Höhenangabe von 290 m. Aber Anstiege dieser Art sind wir inzwischen gewohnt. Und wir wollen auf dieser Tour ja noch durch das Gennargentu-Massiv fahren – da werden noch ganz andere Steigungen auf uns zukommen! Bei Acquacadda sind wir dann wieder auf der SP 293 und folgen ihr nordwärts. Bald schon überqueren wir die Brücke unterhalb der Staumauer. Wir steigen stetig weiter bergan und haben nun einen Überblick über den Stausee. Das ist schon etwas Größeres! Und nach und nach nähern wir uns dann dem heutigen „Höhepunkt“ bei der Cantoniera. Mal links, mal rechts verläuft neben der Straße jetzt die alte Trasse einer stillgelegten Schmalspurbahn; auf der Karte ist sie nicht einmal mehr verzeichnet. Und dann öffnet sich das Tal und gibt den Blick frei auf die weit unter uns liegende Ebene um die Stadt Siliqua. Wir passieren einige Tunnel; dann wird das Tempo immer schneller und wir sausen Serpentine um Serpentine hinab. Schade um die mühsam erkämpften Höhenmeter! Vor uns taucht ein markanter Berg auf: völlig einzeln aus der Ebene aufragend und von einer verfallenen Festung namens „Castello di Acquafredda“ gekrönt. Wir überlegen kurz, ob wir uns den Weg hinauf antun sollen; beim Nachrechnen der Höhenmeter (erforderlich wäre ein erneuter Anstieg von 66 m bis auf 253 m) lassen wir dieses Vorhaben aber schnell wieder sein! So genießen wir die letzten Meter der Abfahrt aus den Sulcis heraus und kreuzen bald darauf die südliche Parallelstraße zur Hauptverkehrsader SS 130, die nördlich an Siliqua vorbei Iglesias mit Cagliari verbindet. Jetzt kommt auch erstmals ein immer deutlicher zu spürender Gegenwind auf. Das kennen wir in der sardischen Tiefebene ebenfalls schon aus unguter Erfahrung! Wir machen jetzt zunächst einen Abstecher in den Ort Siliqua hinein und hoffen auf eine über die Mittagszeit geöffnete Bar. Natürlich Fehlanzeige! Stattdessen landen wir nach einer abenteuerlichen Fahrt durch die verwinkelten Gassen von Siliqua auf dem Kirchplatz der Ortskirche San Giorgio. Und beim 12 Uhr-Geläute der Glocken fällt Martin ein, dass heute ja „Georgstag“ der Pfadfinder ist, und er nun seit 37 Jahren bei den Pfadfindern ist. Einen drauf heben geht leider nicht – zumindest nicht hier in Siliqua. Pech – über Mittag scheinen nun auch noch die Bars zu schließen.

Der nächste Ort heißt Vallermosa und liegt nur 6 Km entfernt. Wir sind dort schon 1996 vorbeigekommen. Als wir kurz vor Vallermosa am Abzweig nach Südwesten vorbeikommen, werden Erinnerungen an Mariannes damaligen Sturz vom Rad an eben dieser Stelle wach. Zum Glück lief er glimpflich ab. Heute fahren wir in umgekehrter Richtung. Und auch das Wetter ist heute anders: inzwischen hat sich der Himmel weiter zugezogen; es ist zwar nicht richtig bedeckt, eher diesig; dennoch drückt das natürlich die Temperatur (und auch ein wenig unsere Stimmung, sind wir doch bislang besseres Wetter gewohnt). Trotzdem machen wir auf der Piazza von Vallermosa die „gewohnte Pause“ und erstehen an einem fahrbaren Verkaufsstand etwas österliches Gebäck. Das schmeckt zwar gut, ist aber auch sündhaft teuer! Aber – es ist ja schließlich Ostern!!! Ein netter Herr mit einem Fahrrad kommt vorbei und bietet sich auf unsere Frage nach einer offenen Bar an, uns dorthin zu führen. Flobö übernimmt die Rolle des Pfadfinders und fährt mit; wir anderen sind nicht so schnell mit dem Zusammenpacken unserer Habseligkeiten fertig. Flobö führt uns dann zielsicher durch die Nebenstraßen des Örtchens; uns kommen wieder viele Erinnerungen, wie wir hier vier Jahre zuvor auch nach einem Alimentari gesucht haben.

Ostergebäck in Vallermosa Diesmal ist ein Bremszug gerissen

Nun, damit ist heute nicht zu rechnen – aber auf eine gemütliche Ruhepause in einer Bar sind wir inzwischen alle erpicht. Und siehe da – in einer winzigen Nebenstraße liegt sie! Schnell werden die Räder einzeln entlang der schmalen Straße an einer Mauer angelehnt; und auf geht`s. Innen ist nicht viel los – dafür läuft aber im Fernsehen gerade das Formel-I-Rennen von Silverstone. Schumi startet von Platz 8, wird dann aber noch Dritter (das erfahren wir aber erst später per Handy). Zu diesem Zeitpunkt dürfte Martins Interesse am Autorennen wohl geweckt worden sein – Flobö erklärt ihm jedenfalls geduldig wichtige Regeln. Ab und zu schauen wir nach unseren Rädern draußen (wir haben ja Ausweise, Geld usw. alles griffbereit in den Lenkertaschen liegen…). Der Wirt meint dann aber schließlich, wir bräuchten uns hier in Vallermosa darüber wirklich keine Gedanken zu machen. Darüber sind wir natürlich ein wenig beschämt. Recht hat er! So genießen wir die Pause. Bei starkem Gegenwind machen wir uns dann an den Weiterweg. 7 Km bis zur Kreuzung mit der SP 196; dann weiter In Richtung Samassi; schnurgerade verläuft die Straße, genau von vorn kommt der kalte Wind. Mist! Und wie immer in solchen Situationen setzt das Schicksal noch eins drauf: Svenja meldet sich plötzlich und kann nicht mehr mit der Hinterradbremse abbremsen. Kein Wunder, zeigt sich bei der ersten Begutachtung doch, dass der Bremszug abgerissen ist. Hier schlägt nun die große Stunde unserer beiden Florians: in wenigen Minuten haben sie den im Reparaturmaterial mitgeführten Bremszug ausgewechselt und sie funktioniert wieder!

Im nächsten Ort, Samassi, gibt`s zur Aufmunterung und gegen die inzwischen spürbare Kälte, einen Schluck Wein; dann weiter gegen den Wind. Wir passieren Villasanta und halten nun auf Furtei zu. Oh, diese Gegend kennen wir schon!! 1996 blieben wir hier abends hängen und übernachteten auf einem Feldweg. In der Nacht regnete es, und wir bekamen am nächsten Morgen beim Zurückschieben der Räder soviel an Schlamm mit, dass wir eine Stunde brauchten, um die Räder notdürftig fahrbereit zu machen. Hier wollen wir auf keinen Fall noch einmal übernachten. Und den Anstieg nach Furtei hoch will auch keiner machen. Also immer weiter; Villamar liegt noch knapp sechs Kilometer entfernt.

Und hier, am Ortseingang, mal wieder eine Bar, in der wir uns aufwärmen können. Die Frage nach einem Übernachtungsplatz stellt sich nun immer drängender! Der Barkeeper kennt auch keine Möglichkeit in der Nähe. Da werden wir plötzlich von einem älteren Herrn mit Baskenmütze angesprochen: wir können bei ihm übernachten; er hätte genug Platz. Erst sind wir skeptisch; dann folgen wir aber doch seinem Wagen durch die Straßen von Villamar. Wir haben Mühe, den Anschluß zu halten. Und dann stehen wir vor einer Art Villa; das Namensschild gibt und auch gleich die Antwort: es handelt sich um die (wohl stillgelegte) Praxis von Dottore Gianni Casale, unserem Gastgeber. Wir werden von ihm ins Haus hineingebeten und wundern uns erst einmal über den Zustand. Alles scheint im Umbau begriffen zu sein; dazwischen noch alle möglichen Praxisgeräte. Über allem liegt ein undefinierbarer Arzneigeruch. Beim Anblick der Instrumente und Bilder gruselt den Damen. Der Dottore zeigt uns unseren Schlafraum; hier räumen wir den Boden frei und suchen einen Schlafplatz.

Die folgenden Fotos lassen vielleicht ahnen, welche Gedanken uns zu diesem Zeitpunkt durch den Kopf gehen. Während der Dottore im Keller verschwindet um vom eigenen Faß Wein zu holen, schauen wir uns in der ehe-maligen Praxis um. Jetzt gruselt es allen! Einige wollen dann zuerst sogar den Wein nicht trinken…..

Angesichts des aber wirklich gut mundenden Getränks verfliegen unsere Ängste dann allmählich. Unseren Damen wird der Schlafplatz hinten an der Wand zugesichert. Zur Not gäbe es immer noch eine große Glas-Doppeltür. Wir richten uns auf dem Boden ein und gehen nach einer weiteren Inspektion der Räumlichkeiten an die Zubereitung des Abendessens: Rollini Bolognese aus der Tüte von Maggi. Der Dottore kommt dazu und bringt frische Eier, die wir direkt in den Nudeln mitkochen sollen. Etwas ungewöhnlich, aber was soll`s ? Dazu gibt es trockenes Brot und jede Menge Wein; die Konversation läuft auf italienisch und französisch. Später kommt noch ein junger Mann dazu; er stellt sich als Sohn des Dottore vor und erklärt uns, sein Vater wäre schon etwas senil. Er hat aber auch nichts dagegen, dass wir hier eine Nacht verbringen. Der Wein ist wirklich gut; der Dottore geht öfter unten was abzapfen (er hat ein eigenes 400-Liter-Faß im Keller!) und er will uns unbedingt überzeugen, mit seinem Wagen morgen einen Ausflug zur Costa Verde zu machen. Schwungvoll zeichnet er auf unserer Karte die Strecke ein. Wir müssen leider ablehnen, da wir inzwischen doch auf den Zeitplan achten müssen. Am 27.4. sind wir abends an der Nuraghe Lölle mit Andreanas Bruder verabredet. Und Svenjas Geburtstag am 28.4. wollen wir auf jeden Fall abends bei Pinuccio feiern.

Die weiteren Vorkommnisse dieser Nacht werden allen Beteiligten sicher noch lange in Erinnerung bleiben….

Tagesstrecke: 71,47 Km; Schnitt: 14,57 Km/h; Max: 36; Gesamthöhenmeter bergauf: 3976m, bergab: 3924m Gesamtstrecke: 304 Km Wetter: tagsüber immer trüber werdend; kühler, stark windig, nachts aufklarend

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