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Dienstag, 16.10., 11. Tag
Um acht Uhr haben wir schon den ersten Kaffee getrunken; heißes Wasser
zum Duschen steht in ausreichendem Maße zur Verfügung; jetzt sind wir
dabei, unsere Rucksäcke so zu packen, dass wir bei einem kurzen Umziehen
nicht alles auspacken müssen. Um zehn Uhr soll unser Bus nach Hora Sfakion
unten (am Minimarket) an der Haltestelle abgehen.
Wir bringen das Zimmer wieder in einen tadellosen Zustand; ein junger
Mann nimmt dann den Schlüssel in Empfang und wir bekommen von ihm sogar
eine Internetadresse, über die wir bei künftigen Fahrten dieses Appartement
wieder buchen können. Vielleicht wird es ja wirklich mal dazu kommen,
wer weiß? Wir verabschieden uns von ihm und machen noch zwei Fotos vom
Gebirge.
Dann machen uns gegen neun Uhr auf zum Minimarket. Dort unterhalten
wir uns noch lange mit Nicole (ihre Adresse lassen wir uns geben und
werden ihr auch tatsächlich zu Weihnachten ein Bild schicken!); kaufen
Brot und frühstücken vor dem Laden. In der Sonne sitzend warten wir
auf den Bus.
Der kommt auch pünktlich; es sind kaum Leute im Bus und die Fahrt kostet
nicht viel. Über die inzwischen gut vertrauten Gegenden geht es nun
zurück nach Hora Sfakion. Hier steht schon der Bus nach Vrisses bereit,
hat aber die Türen noch nicht geöffnet. So können wir noch schnell alle
notwendigen Dinge erledigen. Martin kauft die Tickets; die beiden Jungen
spurten zu Andreas und holen den dort immer noch deponierten Benzinbrenner
sowie die defekte Videocamera. Denn die ist leider seit unserem ersten
Aufenthalt in Anopolis hinüber! So haben wir nur eine einzige 45-Minuten-Cassette.
Dann bleibt doch noch Zeit für einen vernünftigen Abschied von Andreas;
auch von ihm lassen wir uns die Adresse geben und auch er wird pünktlich
zu Weihnachten (genau wie der Hirte in der Imbros-Schlucht) von uns
Post erhalten.
Das Einsteigen in den Bus gestaltet sich etwas schwierig, da sich inzwischen
jede Menge Leute vor der immer noch geschlossenen Bustür drängeln. Da
fast alle aber Rucksäcke dabei haben, nutzen wir die Gunst der Stunde
und teilen uns in zwei Gruppen auf, als der Fahrer zuerst einmal die
Gepäckklappen am Bus öffnet. Dorthin strömen nun natürlich fast alle
hin – nur Marianne und Martin steigen schon mal ohne Gepäck ein und
belegen vier schöne Plätze, während sich die beiden Jungen um das Verladen
der vier Rucksäcke kümmern.
Dann geht es mit dem bis auf den letzten Platz besetzten Bus ein letztes
Mal die Steigung aus Hora Sfakion hinauf; an der Abzweigung nach Komitades
führt unsere Strecke dann aber parallel zur Imbros-Schlucht in vielen
Serpentinen die schlecht geteerte Verbindungsstraße hinauf. Unterwegs
kommen uns viele Radfahrer entgegen. Auch sonst ist die unübersichtliche
Strecke für den Busfahrer nicht leicht zu fahren.
Es geht durch Imbros und die Askifou-Ebene hindurch; wir schauen mit
Wehmut aus dem Fenster und denken an die ersten Stunden unseres Kretaaufenthaltes
zurück. Schon bald senkt sich die Straße wieder und wir erreichen Vrisses.
Hier müssen wir mit vielen anderen umsteigen; unser Bus fährt weiter
nach Chania, während wir nun entlang der Nordküste nach Rethymnon weiterfahren
müssen. Dort wollen wir Zwischenstation machen, da uns dieses Städtchen
auf der Durchfahrt schon ganz gut gefallen hat. Kurze Zeit später kommt
der Anschlussbus, auch hier bekommen wir zum Glück noch Sitzplätze.
Entlang der Nordküste wird der Bus immer voller; viele Touristen aus
den abseits gelegenen großen Hotelanlagen nutzen ihn zur Fahrt in die
nächste Stadt – müssen allerdings leider stehen. Wir passieren unterwegs
den Hotelkomplex „Kreta-Star“, in dem damals Alois wohnte (der just
heute 56 Jahre alt geworden wäre). Dann rollen wir in den Busbahnhof
von Rethymnon ein. Als wir noch die Rucksäcke ausladen, werden wir schon
von einem Mann angesprochen, ob wir ein Zimmer suchen würden. Das geht
ja fix hier!
Wir schlagen 10.000 Drachmen vor – er will 12.000, allerdings mit „Full-Service“;
also mit Hinfahren. Okay, wir willigen ein und schon sind wir in einem
Alfa Romeo quer durch die Innenstadt unterwegs. Wir sind jetzt doch
froh, dass wir nicht auf eigene Faust hier herumlaufen müssen, um ein
Zimmer zu suchen. Wir landen schließlich direkt an der Strandpromenade
der Altstadt; das zugewiesene Zimmer ist allerdings äußerst bescheiden
im Komfort.... Diesmal müssen Martin und Flobö auf der Isomatte schlafen.
Allerdings haben wir Zugang zu einem kleinen Hinterhof, in dem wir später
Wäsche trocknen und auch Kaffee kochen können. Nach einer kurzen Einrichtungszeit
(keiner will länger als unbedingt notwendig in dem dunklen Zimmer bleiben)
geht es „auf in die Kneipen“. Und die liegen erfreulicherweise direkt
gegenüber der Herberge. Für einen Pauschalpreis von 2.200 gibt es als
Vorspeise einen griechischen Salat; dann wählen wir Moussaka (und das
stopft gewaltig!), dazu noch eine Karaffe Wein (der aber nicht besonders
schmeckt). Danach sind wir ziemlich durstig und machen uns auf einen
ersten Bummel durch die doch ziemlich große Altstadt auf der Suche nach
einem Supermarkt. Den zu finden ist in den engen, verwinkelten Gassen
gar nicht so leicht!
Wir versorgen uns mit ausreichenden Weinvorräten und wollen diese bei
der in Kürze zu erwartenden Dämmerung von einer schönen Aussichtsstelle
aus genießen. Anbieten würde sich dafür das Kastell; 1000 Drachmen pro
Person sind uns aber zu teuer. So lassen wir uns unten an der Promenade
am Fuß des Kastells nieder und genießen den Anblick über das silbern
glänzende Meer. Gleichzeitig sind wir aber auch froh, heute ein festes
Dach über dem Kopf zu wissen – im Westen der Insel brauen sich doch
recht starke Wolkenwände zusammen! Na, uns ist`s jetzt egal – unsere
Trekking-Tour ist abgeschlossen – was jetzt kommt, ist blanker „Normal-Tourismus“
bis zum Abflug.
Als wir auf dem Rückweg zu unserem Hotel sind, müssen wir uns dann auch
ziemlich sputen, um nicht von einem plötzlichen Platzregen überrascht
zu werden. Für solche Fälle haben wir ja nun aber immer noch die bislang
nicht benötigten Regensachen im Rucksack. Dermaßen umgezogen machen
wir uns bald darauf wieder auf den Weg, um noch ein wenig das nächtliche
Treiben in Rethymnons Altstadt zu genießen.
Und hier ist jetzt vielleicht was los! Die tagsüber eher unscheinbaren
Gassen sind durch unzählige Lämpchen malerisch beleuchtet; überall offene
Tavernen und Geschäfte – und auf Schritt und Tritt wird man angequatscht,
um hereinzukommen. Hier kann man wahrlich sein Geld loswerden! Erster
Stop ist gleich ein kleiner, griechischer Schnellimbiß, in dem die beiden
Jungen schnell ein Gyros vertilgen und Marianne und Martin aus Sympathie
einen Wein mitbestellen. Wenig später dann das Spielchen anders herum:
wir finden ein preiswertes Lokal mit griechischer Küche; Marianne und
Martin bekommen hier gefüllte Weinblätter und anschließend „stuffed
Tomatoas“, mit Reis gefüllte Tomaten; beides sehr lecker! Dazu gibt
es für 700 Drachmen jeweils Halbliter-Krüge roten Hauswein, der diesmal
gut schmeckt. Folgerichtig bleiben wir alle etwas länger sitzen. Wir
vergleichen das Städtchen mit dem Quartier Latin in Paris – hier ist
aber alles sehr viel weitläufiger, interessanter – und vor allem billiger!
Sogar Euro-Preise sind schon ausgeschildert!
Und so ganz nebenbei fällt uns auf, dass wir jetzt sogar einen Tag länger
haben, als ursprünglich eingeplant – da haben wir uns doch glatt verrechnet!
So beschließen wir, noch einen weiteren Tag hier in Rethymnon zu verbringen
– Heraklion ist ja weitaus größer und bestimmt nicht preiswerter. Wir
fragen noch bei einem anderen Zimmervermittler nach – dort soll es aber
noch teurer sein. Wir verhandeln also abends mit unserem Chef und drücken
die zweite Nacht auf 10.000 Drachmen – einschließlich Transfer am übernächsten
Vormittag zurück zum Busbahnhof. Alle sind damit zufrieden! Für den
heutigen Tag reicht es uns dann auch und wir ziehen uns in unser Domizil
zurück.
Mittwoch, 17.10., 12. Tag
Wir sind so gegen acht Uhr auf; draußen zischt bald schon unser Gasbrenner
(er hat sich wohl wieder gefangen) und wir trinken ausgiebig Kaffee
– dafür haben wir gestern extra noch Trinkwasser in 1,5-Liter-Flaschen
gekauft, weil wir nicht unbedingt das Wasser aus unserer Dusche nehmen
wollen. Unsere Dusche, na ja, man kann sie (samt dazugehöriger Toilette)
benutzen – das ist aber auch schon alles. Die Duschwanne ist winzig,
gemauert, wie eine Art Sitzbadewanne; ohne Vorhang. Blicke über die
Wände lässt man besser nicht streifen – zu viele Risse, Abbröckelungen
und andere Dinge, die man hier besser gar nicht erwähnt, würden einem
das letzte Quentchen Spaß am Duschen auch noch nehmen. Dazu nervt die
arg quietschende Tür (vor allem, wenn nachts einer auf`s Örtchen musste).
Frühstück holen wir uns in einer Bäckerei; es gibt gefüllte Quarktaschen
mit Schafskäse. Es ist zwar nicht das allerbeste Wetter; dennoch ziehen
wir nun zum Badestrand und Flobe und Martin lassen sich den Badespaß
dann doch nicht nehmen. Leider ist man hier nicht mehr so ganz auf Schwimmer
eingestellt; die Duschen funktionieren nicht mehr und alle Liegstühle
sind auch schon abgebaut. Dennoch, das Plantschen und Hineinspringen
in die doch recht imposanten Wellen lohnen die Unannehmlichkeiten.
Zuvor sind wir noch an einer stark bewachten Notunterkunft für Asylbewerber
vorbeigekommen; es ist schon erschreckend, wie die Behörden hier die
Leute hinter Stacheldraht abschotten und noch zusätzlich bewachen.
Wir sitzen noch eine Weile auf der Promenade und beobachten das Treiben
um uns herum; danach machen wir uns zu einem weiteren Stadtbummel auf.
Wir ziehen unsere Kreise jetzt etwas größer und geraten so bald aus
dem rein touristischen Altstadtviertel in das normale Rethymnon hinein.
Aber auch hier gibt es an jeder Ecke was Neues zu entdecken – vor allem
das Angebot der Läden. Aber auch im Altstadtviertel entdecken wir hin
und wieder interessante Dinge: ein Minarett ragt zwischen den Gassen
auf; in einer Bar hat sich ein Künstler damit beschäftigt, noch volle
Bierflaschen aus aller Herren Länder extrem in die Länge zu ziehen –
oder man sieht auch andere lange Dinge.
So verbummeln wir mit angenehmen Beschäftigungen den Tag, ehe wir uns
abends wieder in Richtung unserer Kneipe aufmachen. Flobe bestellt sich
endlich seinen Schwertfisch; auch wir anderen versuchen noch möglichst
viele verschiedene Spezialitäten zu probieren. Die angenehm geringen
Preise in diesem etwas abseits der Haupttouristenpfade liegenden Lokal
machen uns das aber auch leicht.
Zwischendurch beobachten wir die anderen Gäste oder die vorbeikommenden
Leute; eine Teppichhändlerin versucht vergeblich, unserer Lokalinhaberin
neue Teppiche anzubieten. Nach einigen Schoppen Wein geht es dann mit
der richtigen Bettschwere zurück in unser „Hotel“.
Zugegeben – seit nunmehr 36 Stunden unterscheidet sich unser Leben radikal
von den vorausgegangenen Tagen. Und dies ist auch „not really“ unsere
Art, Urlaub zu machen. Aber – irgendwie genießen wir diesen Müßiggang
nun auch nach all den Strapazen der Trekking-(Tor)tour! Wir fühlen aber
auch, dass wir so eine Art von Tourismus auf Dauer nicht ertragen würden
– das Pendeln von einem Geschäft und einem Restaurantbesuch zum anderen
wäre auf Dauer für uns wohl zu langweilig. Und morgen kommt ja in Heraklion
noch so ein Tag! Wenigstens haben wir dort dann aber wieder einige neue
Sehenswürdigkeiten!
Donnerstag, 18.10., 13. Tag
Langsam rückt der Abschied von Kreta näher! Wieder der obligatorische
Kaffee im Hinterhof; das Wetter ist heute etwas freundlicher; ein letzten
Duschen (bezahlt ist bezahlt!), dann wird alles zusammengepackt und
wir lassen uns zum Busbahnhof fahren.
Hier müssen wir uns in einer Schlange einreihen, um die Tickets zu erwerben;
bald darauf sitzen wir im Fernbus nach Heraklion. Die Küstenlandschaft
kennen wir ja schon; jetzt erleben wir sie bei vollem Tageslicht. Dadurch
wird sie nicht viel interessanter – und auch nicht die vielen, isoliert
gelegenen „Ferienanlagen“. Von deren Buchung kann man wirklich nur abraten!
Abraten sollte man aber auch von der Jugendherberge in Heraklion!! Die
finden wir nach einiger Suche mit Hilfe unseres Stadtplanes – aber was
wir dort finden, na ja, das folgende Bild zeigt eigentlich alles! 3
äußerst schlichte Doppelbetten aus Stahlrohr in einem ansonsten völlig
kahlen Raum – selbst die Spartaner hätten hier wohl die Nase gerümpft!
Ein Fenster, das hinaus auf die belebte Straße geht, nackter Bretterfußboden.
Kein Schrank, kein Bild, keine Blume, kein Spiegel.
Dazu ein Preis, der höher liegt als bei allen anderen bisherigen Unterkünften.
Sanitäre Anlagen (das gestrige Hotel war dagegen noch echt prima!) passend
zur sonstigen Einrichtung! Zum Glück müssen wir das nur eine einzige
Nacht mitmachen – ein schwacher Trost. So sind wir bald wieder draußen
auf der Straße! Heraklions Straßen sind schöner als das Jugendherbergszimmer!!
Allerdings auch ziemlich laut, voller Verkehr und Abgase; dazwischen
Scharen von Touristen. Dementsprechend teuer sind auch die Aushänge
in den Restaurants. Wir müssen also in die Nebenstraßen!
Hier brauchen wir jetzt dringend erst einmal einen Bankomaten, um unsere
geschmolzenen Drachmenvorräte aufzufrischen. Ab jetzt müssen wir gut
kalkulieren, dass wir nicht zuviel an Bargeld übrig haben – auch hier
wird am Jahresende der Euro eingeführt; Drachmen bis zum nächsten Besuch
aufzubewahren geht also nicht.
Mit frischer Knete ausgestattet tauchen wir nun in die Nebenstraßen
der Stadt ab und geraten so stufenweise an preiswertere Restaurants.
In einem werden wir fündig: ruhig gelegen mit einer Auswahl an Speisen,
die wir bislang noch nicht kennen. So sitzen wir bald vor in Öl gebratenen
Zucchini-Scheiben als Vorspeise, Salaten und als Hauptspeise Schwein
(in Form eines leckeren Souflaki-Spießes) mit krossen Kartoffeln. Brot
mit Öl so wie so; roter Hauswein dazu als zusätzlicher Genuß!
Dieses Mittagsmahl versöhnt uns mit dem vorausgegangenen Schock in der
Jugendherberge. Wir überlegen, was wir mit der noch zur Verfügung stehenden
Zeit anfangen könnten. Klar, ein Besuch am Hafen mit seinem alten Kastell
sollte schon noch drin sein.
Dann müssen wir uns aber auch unbedingt erkundigen, wo und wann morgen
früh Busse hinaus zum Flugplatz fahren; unser Flieger geht schon früh
am Vormittag und wir wollen sicher sein, dass wir rechtzeitig zum Einchecken
da sind. Und abends müsste dann sicher noch genug Zeit für einen Bummel
durch`s nächtliche Heraklion bleiben. Damit steht das Programm für die
letzten Stunden fest; unerbittlich tickt nun der Countdown für den Abflug
nach Deutschland. Den notwendigen Anruf bei der Fluggesellschaft zum
Termincheck haben wir bereits erfolgreich erledigt.
Satt und gut gelaunt verlassen wir nach geraumer Zeit unser kleines
Restaurant und schlendern hinunter zum Hafen. Hier ist natürlich eine
Menge los. Im Vergleich zu Rethymnon ist hier wirklich alles großstädtischer!
„Für den ausländischen Besucher, der seinen Urlaub auf Kreta beginnt,
ist Heraklion meistens die erste Station auf der Insel. Mit rund 117
000 Einwohnern ist es die größte Stadt Kretas. Obwohl es bestimmt nicht
zu den schönsten Städten in Griechenland gehört, wird der Besucher erst
einmal von dem quirligen, fremdartigen Leben beeindruckt.
Am alten Fischerhafen bietet sich das beschauliche Bild von kleinen
bunten Booten im Hafenbecken, netzeflickenden Fischern und schwatzenden
Matrosen vor der imposanten, löwengezierten venezianischen Festung Koules.
Nach jahrelanger Restaurierung ist sie heute das Wahrzeichen Heraklions.
Beim Yachthafen am Zollamt trifft sich gerade die jüngere Generation
in der Cafeteria bei Kaffee, Kuchen oder Eis.“
Na ja, und diese Beschreibung trifft eigentlich auch ganz genau zu.
Schon von weitem haben wir einen Blick auf das alte Hafenbecken; rings
umher wird überall noch heftig gebaut bzw. renoviert. In einigen Jahren
wird das Ganze sicher ganz manierlich aussehen. Diesbezüglich sind die
Leute in Rethymnon allerdings schon um Etliches weiter mit ihrer Altstadt.
Aber auch hier gibt es überall interessante Dinge zu sehen – so zum
Beispiel ein uraltes Motorrad, das an der Kaimauer lehnt. Kurz darauf
haben wir das alte Kastell und den kleinen Fischerhafen vor uns. Das
soll jetzt unser erstes Ziel sein.
Wir sind inzwischen ohne Probleme in die Rolle von normalen Touristen
geschlüpft: hier mal stehen bleiben, da mal ein Foto machen, den Fischern
ein wenig bei ihrer Arbeit zuschauen. Na ja, warum auch nicht. Für viele
Kreta-Urlauber ist so etwas schon ein Höhepunkt! Wir waren `94 auch
nicht anders....
Das sonnige Wetter samt zugehöriger Temperatur macht uns diesen Bummel
aber auch nicht schwer! Instinktiv fühlen wir: morgen um diese Zeit
wird das in Deutschland mit Sicherheit schon wieder ganz anders, herbstlicher,
sein!
Am Kastell dann angekommen, haben wir zwei Wege zur Auswahl: entweder
links vorbei in Richtung Mole – was aber mit gewissen Risiken verbunden
ist, weil ab und zu gewaltige Gischtmengen den Weg an der Mauer entlang
naßsprühen; oder aber rechts entlang, auf einem kleinen Mauervorsprung,
knapp oberhalb der Wasserlinie.
Die Entscheidung für den leichteren Weg stellt sich kurz darauf als
falsch heraus: der Mauersims endet nach hundert Metern und wir müssen
wieder umkehren. Dafür können wir in den Gewölbeöffnungen des Kastells
einige schöne Fotos machen.
Leider ist es für eine Besichtigung des Kastells schon zu spät – so
suchen wir uns den richtigen Zeitpunkt aus und durchqueren schnell die
gischtbedrohte Stelle. Danach können wir im Windschatten der Molenmauer
gefahrlos bis zum Ende der Mole laufen. Hier sieht es eigentlich mehr
nach einem Schiffsfriedhof aus! Fast jedes Schiff, dass hier vertäut
ist, wartet wohl nur noch auf den Schneidbrenner. Eines hat sich schon
vorher auf die Seite gedreht und bietet nun den Fischen Unterkunft.
Am Ende der Mole lassen wir uns zu einer Rast nieder und beobachten
die startenden Maschinen vom Flugplatz gegenüber. Morgen früh werden
wir auch in einer dieser Maschinen hochziehen, Richtung Heimat. Wir
denken an die vielen Entbehrungen und Anstrengungen der letzten Tage
und sind doch ein wenig traurig, dass die Zeit nun schon wieder fast
vorbei ist.
Zurück geht es dann oben auf der Mole entlang – von rechts peitscht
ein starker Wind gehörige Wellen gegen die aufgetürmten Wellenbrechersteine.
Am Yachthafen überkommt uns der Durst – da es am Kiosk gegenüber ziemlich
teuer ist, schicken wir ein Einkaufskommando in die Stadt hinein – und
gelangen so um einiges preiswerter an kühle Getränke. Die genießen wir
dann in der untergehenden Sonne am Yachthafen. Danach laufen wir noch
zum Busbahnhof und fragen uns bis zum richtigen Abfahrtsort des Busses
zum Flughafen durch.
Wir beobachten einen Straßenhändler, der aus seinem Transit Socken verkauft
und sich jetzt mit seiner Familie im gleichen Wagen zur Übernachtung
fertig macht. An einer Befestigungsmauer haben sich Obdachlose eingerichtet;
im Vergleich dazu waren wir mit unseren Zelten wie in einem Palast untergebracht.
Abends machen wir uns dann noch einmal auf durch das nächtliche Heraklion
– und das zeigt sich nun völlig verwandelt: junge Leute und Unmengen
an Touristen bevölkern die Einkaufsstraßen; überall ist was los. Wir
erreichen einen großen Platz und suchen uns dort ein kleines Lokal in
einer Nebenstraße, um ein Glas Wein zu trinken. Vorsichtshalber fragen
wir nach dem Preis; verstehen die Bedienung aber anscheinend falsch:
für einen horrenden Preis serviert man uns ein einziges Glas – das überlassen
wir Marianne.
Die macht sich dann noch allein auf und entdeckt noch eine Menge weiterer,
belebter Viertel. Wir anderen dagegen lassen uns mit einigen Fläschchen
Mythos auf einer Bank an einer Kirche nieder und lassen so den Abend
ausklingen.
Freitag, 19.10., 14. Tag
Wir sind schon früh auf; ein letzter Kaffee, dann lassen wir das restliche
Gas auf der Fensterbank unseres Zimmers wegzischen – im Flieger können
wir die Kartusche nicht mitnehmen. Ohne große Wehmut verlassen wir dann
die Jugendherberge – unseren Ausweis haben wir gestern schon zurück
bekommen, da so früh noch niemand an der Rezeption ist.
Durch die morgendlich kühlen und auch noch ziemlich ruhigen Straßen
geht es dann bis zu unserer Bushaltestelle. Eine letzte Fahrt durch
das allmählich erwachende Heraklion; überall sind die Menschen auf dem
Weg zur Arbeit – wir sind auf dem Weg nach Hause!
Bald erreicht unser Bus sein Ziel: Heraklion International Airport –
jetzt macht er im gleißenden Morgenlicht einen ganz anderen Eindruck
auf uns. Trotz der frühen Stunde ist es schon brechend voll: Ferienende;
heute starten eine Unmenge an Charter-Maschinen zurück nach Deutschland.
Wir setzen unsere letzten Drachmen um in belegte Brötchen und Getränke;
danach müssen wir lange warten, bis unser Flug nach München aufgerufen
wird. Nach der Sicherheitskontrolle dann erneut eine lange Wartezeit;
dabei stellen wir mit Erstaunen fest, wie viele Maschinen zu allen möglichen
Flugplätzen nach Deutschland fliegen – nur wir mussten unbedingt München
zugeteilt bekommen! Nächstes mal buchen wir früher!
Interessant ist die Abfertigung einer israelischen Maschine: nach den
üblichen Sicherheitskontrollen fährt der Wagen mit den aufgegeben Koffern
bis auf`s Rollfeld. Dort werden alle Gepäckstücke in Reih und Glied
aufgestellt. Als nun die Passagiere zu Fuß auf das Flugzeug zugehen,
müssen sie alle ihre eigenen Gepäckstücke identifizieren. Die werden
dann auch direkt ins Flugzeug verladen. Drei Koffer sind am Schluß übrig
– aha, vielleicht mit einer Bombe? Nein, nach und nach treffen noch
drei Nachzügler ein – damit sind alle Koffer weg und die Maschine hebt
ab in Richtung Israel. Uns kommt das unlogisch vor – wenn sich jemand
mit der Maschine in die Luft jagen will, wird er einfach auf seinen
Koffer zeigen.
Darüber machen wir uns bei unserem Flug aber nun wirklich keine Sorgen.
Wir sind froh, als wir an Bord dürfen; diesmal haben wir Plätze im mittleren
Bereich; mit guter Sicht aus den Fenstern. Wir müssen noch fünf andere
Maschinen abwarten, die vor uns in Warteposition zum Start stehen, dann
dröhnen die Triebwerke auf und wir rasen über die Startbahn – und schon
sind wir hoch über unserem gestrigen Hafenbecken. Die Küste Kretas fällt
zurück – wir sind unterwegs!
Der Flug ist interessanter als der Hinflug – unter uns tauchen erst
immer wieder kleine Inseln (z.B. Santorin) in der azurblauen Ägäis auf;
später fliegen wir über`s griechische Festland – immer mit guter Sicht
hinunter auf`s Land. Erst kurz vor Deutschland geraten wir in Nebel;
München dagegen empfängt uns schon wieder mit Sonne.
Mit der S-Bahn geht es weiter zum Hauptbahnhof; hier erreichen wir pünktlich
unseren gebuchten ICE; es folgt die übliche Bahnfahrt über Kassel nach
Freienohl. Ereignisreiche Tage liegen hinter uns! Die ganzen Eindrücke
und Erinnerungen müssen wir nun erst einmal verarbeiten.
Adhio, Kriti – wir werden wiederkommen!
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